Montag, 30. April 2012

Jitters

"Jitters" - "Órói" ist ein Film von Balvin Zophoniasson aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch schrieb Zophoniasson zusammen mit Ingibjörg Reynisdóttier.

Bei einem Schulaustausch in Manchester lernen sich die beiden sechzehnjährigen Jungen Gabriel und Markus kennen, die beide aus Island stammen und sich für drei Wochen ein Zimmer teilen. Eines Abends kommen sie betrunken aus einem Pub und küssen sich. Danach geht es wieder zurück nach Rejkjavik und sie verlieren sich erst einmal aus den Augen.

Ab jetzt wird Gabriels Freundeskreis eingeführt. Sein Freund Teddi hat ständig Ärger mit seiner Freundin, Greta will nicht länger mit ihrer unzuverlässigen Mutter zusammenleben und ist auf der Suche nach einer Bleibe und nach ihrem leiblichen Vater, den sie nicht kennt. Stella lebt seit dem Tod ihrer Mutter bei ihrer Großmutter, die kontrollsüchtig ist und Stella das Leben zur Hölle macht.

Gabriels Mutter ruft regelmäßig eine Familienkonferenz ein, um über die Befindlichkeiten ihres Sohnes zu diskutieren. Ihr geschiedener Mann, Gabriels Vater, wird dazu immer eingeladen. Gabriel gibt sich verstockt, er kann nicht über seine Gefühle reden, wie sollte er auch. Erst als er Markus wieder trifft, wird ihm einiges klar, aber leichter macht das die Sache auch nicht.

Erst als Stella durch die Fürsorge ihrer Großmutter fast erstickt und ein Unglück passiert, werden einige Verhältnisse zurechtgerüttelt.

Das ist ein unglaublich schöner und sehr authentischer Film, der wahnsinnig zu Herzen geht. Wunderbar erzählt und großartig gespielt. Gleichzeitig komisch und tragisch zeigt er das Leben der Jugendlichen zwischen Partys, Alkohol und zwanghafter elterlicher Sorge. Die Pubertät ist niemals einfach, egal wo und egal wie. Ganz tolle Coming of Age- und Coming Out-Geschichte.

Ganz große Empfehlung von mir für einen besonders schönen Film, den man nicht verpassen sollte. Gibt es nur in der isländischen Originalfassung mit deutschen Untertiteln, das stellt aber wirklich kein Problem dar.

Sonntag, 29. April 2012

The Deep Blue Sea

"The Deep Blue Sea" ist ein Film von Terence Davies (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und basiert auf dem gleichnamigen Stück von Terence Rattigan.

London, in den 1950er Jahren. Die schöne Hester Collyer (Rachel Weisz) ist mit dem älteren Richter Sir William Collyer (Simon Russell Beale) verheiratet. Die Ehe ist liebevoll, aber leidenschaftslos. Leidenschaft erfährt Hester dagegen in ihrer Affäre mit dem jungen Royal Air Force-Piloten Freddie Page (Tom Hiddleston), für den sie ihren Mann verlässt.

Doch Leidenschaft ist alles, was sie bekommt, denn Liebe gibt es hier nicht. Freddie kommt in der Welt nach dem Krieg nicht zurecht und scheint nicht erwachsen zu werden. In ihrer Verzweiflung unternimmt Hester einen Selbstmordversuch, der allerdings scheitert. Freddie beschimpft sie, William sorgt sich um sie, aber Hester muss ihren eigenen Weg finden.

Zu William will sie nicht zurückkehren und Freddie verlässt sie schließlich, er geht seinen eigenen Weg, ohne Hester. Ihr bleibt nur der Blick nach vorn und der starke Wille, ihr eigenes Leben zu leben.

Der Film ist manchmal ein bisschen deprimierend, kommt ohne viele Worte aus, überzeugt aber durch seine sehr guten Darsteller. Rachel Weisz ist wunderschön und leidet den ganzen Film über so sehr, dass einem das Herz fast bricht. Simon Russell Beale hat sämtliche Sympathien auf seiner Seite, so liebenswert ist sein Charakter gezeichnet. Tom Hiddleston ist perfekt besetzt in seiner Rolle, er ist ausgesprochen attraktiv, ohne zu schön zu sein, und man kann sich schwer entscheiden, ob man ihn mag oder nicht. Toll gespielt auf jeden Fall.

Die dramatische Musik übertreibt gelegentlich etwas zu sehr, aber insgesamt gesehen ist das eine hübsche, wenn auch traurige Geschichte, die sich anzuschauen lohnt, wenn man die Stille aushalten kann. Den Film gibt es bisher nur in der englischen Originalversion auf DVD.

Freitag, 27. April 2012

Cracks

"Cracks" ist ein Film von Jordan Scott aus dem Jahr 2009. Das Drehbuch schrieb Scott zusammen mit Ben Court und Caroline Ip. Jordan Scott ist die Tochter von Ridley Scott, der hier einer der ausführenden Produzenten war.

Die Handlung spielt 1934 in einem Mädchen-Internat, das sich abgelegen auf einer englischen Insel befindet. Die junge und beliebte Lehrerin Miss G. (Eva Green) ist so ganz anders, als die anderen Lehrerinnen. Sie ist unkonventionell, raucht und trägt ganz selbstverständlich Hosen. Sie genießt die Bewunderung ihrer jungen Schülerinnen, denen sie mit Erzählungen aus ihrem Leben und ihren aufregenden Reisen durch die ganze Welt gewaltig imponiert.

Sie ermuntert die Mädchen dazu, eigene Ziele zu verfolgen und ihren Platz im Leben zu erkämpfen. Die Mädchen lieben und verehren sie dafür und hängen an ihren Lippen. Eines Tages erscheint eine neue Schülerin, die junge Spanierin Fiamma (Maria Valverde), die von den anderen Mädchen nur zögerlich aufgenommen wird. Miss G. interessiert sich sehr für Fiamma und bevorzugt sie, was zu einigen Eifersüchteleien führt.

Fiamma bleibt meistens für sich und beobachtet nur. Auch gegenüber Miss G. bleibt sie zurückhaltend, da sie sehr schnell merkt, dass Miss G. vielleicht nicht das ist, was sie vorgibt zu sein. Miss G. allerdings fühlt sich stark zu Fiamma hingezogen und deren Ablehnung ihr gegenüber hat Folgen, denn eine verschmähte Liebende ist zu vielen Dingen fähig.

Also, was haben wir hier? Irgendwie eine andere Variante von "Club der toten Dichter", nur mit Mädchen. Generell ist der Film wohl eher für ein jüngeres Publikum interessant, ich jedenfalls fühle mich für diese Art von Internatsgeschichten inzwischen zu alt. Trotzdem habe ich bis zum Ende durchgehalten, auch wenn es ein paar Längen gab. Die Darstellerinnen sind allerdings sehenswert und werten den Film durchaus auf. Neben Juno Temple, Maria Valverde und Imogen Poots überzeugt vor allen Dingen die atemberaubend schöne Eva Green, die sehr sinnlich und einfach hinreißend ist.

Insgesamt gesehen also schon ein sehenswerter Film, der in wunderbaren Bildern eingefangen wurde. Gedreht wurde er übrigens in Irland.


Am Ende des Tages

"Am Ende des Tages" ist ein Film von Peter Payer aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch schrieb Payer zusammen mit Kai Hensel.

Der junge und aufstrebende Politiker Robert (Simon Schwarz) will mit seiner schwangeren Frau Katharina (Anna Unterberger) in ein ruhiges Wochenende fahren. Unterwegs von Wien in das Ferienhaus nach Tirol werden sie von einem Auto verfolgt. Der Fahrer entpuppt sich als alter Jugendfreund von Robert. Wolfgang (Nicholas Ofczarek) ist ein Proll wie aus dem Bilderbuch und lässt sich nicht abschütteln. Es entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, das alle Beteiligten an ihre Grenzen führen wird.

Während Robert ständig am Handy hängt und seinen Wahlkampf im Auge hat, kommt Wolfgang den Beiden immer näher und spricht Katharina auf eine alte Schuld Roberts an. "Wer ist Manuela?" wird Katharina bald darauf Robert fragen und nur ausweichende Antworten bekommen. Als Politiker lebt Robert nach der Devise: Ehrlichkeit, nur mit Ehrlichkeit kommst Du weiter. Privat hält er sich scheinbar nicht so sehr daran und beteuert Katharina gegenüber immer wieder nur "alles im Griff zu haben". Doch da irrt er sich gewaltig, denn Wolfgang hat noch eine Rechnung mit ihm offen und dreht so langsam aber sicher durch.

Schuld und Sühne, das könnte man hier als Überschrift setzen. Ein lange gehütetes Geheimnis kommt schließlich doch noch ans Licht. Sehr bezeichnend übrigens, dass die Straßensänger in Salzburg das Lied "Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist" aus der Johann Strauß-Operette "Die Fledermaus" singen. Zwischen Robert und Wolfgang entwickelt sich ein Psycho-Duell, das teilweise Gänsehaut erzeugt, während Katharina so langsam die Augen über ihren Mann aufgehen.

Das letzte Drittel des Films zieht sich allerdings ein wenig, denn die Geschichte selbst und das große Geheimnis aus der Vergangenheit ermüden mit der Zeit, was aber nicht an den Darstellern liegt, denn die sind tadellos. Simon Schwarz und Anna Unterberger sind hervorragend in ihren Rollen, gar keine Frage. Der fabelhafte Nicholas Ofczarek aber ist das absolute Highlight hier. Mit viel Mut zur Hässlichkeit und einer irren und sehr bedrohlichen Präsenz zieht er den Zuschauer in seinen Bann. Was für ein großartiger Schauspieler und immer wieder sehenswert.

Insgesamt gesehen ein fieser kleiner Thriller, den ich nur sehr empfehlen kann. Tolle Schauspieler in einem beklemmenden Film, der unter die Haut geht.

Mittwoch, 25. April 2012

Der Todesengel

"Der Todesengel" - "La vittima designata" ist ein Film von Maurizio Lucidi aus dem Jahr 1971. Das Drehbuch schrieb Lucidi unter anderem zusammen mit Fulvio Gicca Palli.

Stefano Augenti (Tomas Milian) führt in Mailand eine erfolgreiche Werbeagentur, die aber auf dem Papier seiner vermögenden Frau Luisa (Marisa Bartoli) gehört. Seit einiger Zeit schon hat Stefano eine Affäre mit der schönen Fabiàne (Katia Christine), einem seiner Models. Da er Luisa nicht mehr liebt und außerdem noch ein verlockendes Angebot für den Verkauf seiner Anteile an der Agentur erhält, plant Stefano schon eine gemeinsame Zukunft mit Fabiàne in Venezuela.

Für den Verkauf seiner Anteile benötigt Stefano aber die Unterschrift seiner Frau, die nicht bereit ist, ihn und die Agentur zu verlieren. Stefano reist mit Fabiàne nach Venedig, um ein paar Tage abzuschalten. Dort trifft er mehrfach auf den jungen Grafen Matteo Tiepolo (Pierre Clémenti), der ihn in seinen Bann zieht. Matteo bietet Stefano seine Freundschaft an und macht ihm schon bald ein unmoralisches Angebot.

Matteo will Stefanos Ehefrau ermorden, wenn Stefano dafür im Gegenzug Matteos ungeliebten und sadistischen Bruder tötet. Stefano nimmt diesen Vorschlag nicht ernst und vergisst die ganze Angelegenheit. Wieder zurück in Mailand, fälscht Stefano die Unterschrift seiner Frau, um den geplanten Verkauf der Agentur abwickeln zu können. Da erscheint plötzlich Matteo, offenbar körperlich misshandelt von seinem Bruder und erinnert Stefano an den vermeintlichen Handel.

Stefano blockt ab, aber die Ereignisse lassen sich nicht mehr aufhalten. Nach einem heftigen Streit mit Luisa verbringt Stefano die Nacht mit einer Unbekannten in seinem Haus am Comer See. Am nächsten Morgen ist Luisa tot und Stefano gerät unter Mordverdacht, weil alle Beweise gegen ihn sprechen. Da taucht Matteo wieder auf, gesteht den Mord an Luisa und zwingt Stefano dazu, nun seinen Teil der Abmachung einzuhalten.

Stefano sitzt in der Falle, weil er kein Alibi für die Mordnacht hat. Sämtliche Beweise seiner Unschuld hat Matteo in der Hand, der ihm nun genaue Instruktionen gibt, wie und wann er seinen Bruder zu töten hat. Es ist ein Spiel auf Leben und Tod und es gibt kein Entrinnen...

Zur Handlung nur noch so viel, es gibt ein wirklich atemberaubendes Finale, das noch lange nachwirkt. Dieses Schlussbild gehört definitiv zu den Besten, die ich je gesehen habe.

Der Film ist einfach wunderbar anzuschauen, grandios gespielt von den beiden Hauptdarstellern Tomas Milian und Pierre Clémenti und mit großartiger Filmmusik unterlegt. Besonders der Song "My Shadow in the Dark", gesungen von Tomas Milian, bleibt im Ohr und ist sensationell.

Die Figuren sind sehr gut entwickelt, der nüchtern ermittelnde Commissario Finzi (Luigi Casellato), die eher unwichtigen Frauen in diesem Spiel und die beiden herausragenden männlichen Hauptdarsteller, zwischen denen eine ganz besondere und beinahe schon prickelnde Beziehung entsteht. Da kann man viel zwischen den Zeilen lesen. Stefano erscheint zwar als das unschuldige Opfer, das er aber eigentlich gar nicht ist. Immerhin betrügt er seine Frau und will auch noch an ihr Geld. Trotzdem bleibt man ganz bei ihm. Matteo dagegen ist von Anfang an eher surreal. Seine Auftritte sind hochdramatisch und verfehlen ihre Wirkung nicht.

Wie gesagt, das Schlussbild ist überaus gelungen und faszinierend, mehr geht nicht. Der Film erinnert natürlich an den Hitchcock-Klassiker "Der Fremde im Zug". Beide beruhen auf dem Roman von Patricia Highsmith, aber dieser Film ist in meinen Augen doch wesentlich spannender und vielfältiger als der von Hitchcock. Er ist dramatisch, intensiv und sehr gut gespielt, mit anderen Worten: sehr sehenswert. Ein schöner kleiner Thriller, den man nicht verpassen sollte.

Sonntag, 15. April 2012

The Artist

"The Artist" ist ein Film von Michel Hazanavicius (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011, der zahlreiche internationale Filmpreise gewonnen hat und für noch mehr nominiert war.

Eigentlich ist über diesen Film schon alles gesagt worden und sämtliche positiven Kritiken kann ich nur bestätigen. Worin genau liegt also der Erfolg dieses Werkes? Ein Stummfilm in Schwarzweiß, der von dem Übergang vom Stumm- zum Tonfilm erzählt und das in der heutigen Zeit, in der das Kino bevölkert ist von 3D-Unsinn, dämlichen Remakes und Sequels, die nicht zum Aushalten sind. Kann das gut gehen? Ja, und wie!

Regisseur Michel Hazanavicius hatte eine kühne Idee, viel Mut und damit einen unglaublichen Erfolg gelandet. Sein Film erzählt die Geschichte des großen Stummfilmstars George Valentin (Jean Dujardin), der im Jahr 1927 auf der Höhe seines Erfolges ist. Er lernt die junge und aufstrebende Schauspielerin Peppy Miller (Bérénice Bejo) kennen, die durch ihn ein Engagement erhält.

Peppy verliebt sich in George, aber der ist mit seiner Frau Doris (Penelope Ann Miller) in einer freudlosen Ehe gefangen. Ab 1929 hält der Tonfilm Einzug im Filmgeschäft, aber George will davon nichts wissen. Sein Produzent Al Zimmer (John Goodman) hat keine Verwendung mehr für George, während Peppy erfolgreich im Tonfilm Fuß fasst. George produziert auf eigene Kosten einen weiteren Stummfilm, den aber niemand mehr sehen will. Seine Frau trennt sich von ihm und George bleibt nur noch sein Hund, sein Vermögen ist bald schon aufgebraucht.

Mit seinem treuen Diener und Chauffeur Clifton (James Cromwell) lebt George in einer kleinen Wohnung, bis er auch diesen vor die Tür setzen muss. Bei einem Wohnungsbrand, den er selbst verschuldet hat, verliert George alle seine alten Filmrollen, aber er selbst wird gerettet und kommt bei Peppy unter, die bei einer Auktion seinen früheren Besitz erworben hat. George ist gekränkt und will seinem Leben ein Ende setzen, aber Peppy rettet ihn und sorgt dafür, dass er eine neue Filmrolle angeboten bekommt.

Was für ein Wagnis und was für ein Erfolg, denn hier funktioniert einfach alles. Der Film ist wunderbar, die Geschichte ist ein bisschen märchenhaft, aber trotzdem unglaublich schön und die Ausstattung ist exzellent. Doch ohne die großartigen Schauspieler wäre das alles nichts, denn sowohl Jean Dujardin als auch Bérénice Bejo machen hier alles im Alleingang. Beide sind wunderbar anzuschauen und machen diesen Film zu einem Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Atemberaubend, ohne jede Diskussion. Die sehr sehenswerten Nebendarsteller runden das Bild ab, hier ist wirklich jeder perfekt besetzt.

Also ein rundum gelungener Film, der jeden Filmliebhaber glücklich macht und das ganz ohne jeden Firlefanz. So kann es eben auch gehen. Unbedingt anschauen.

My Week with Marilyn

"My Week with Marilyn" ist ein Film von Simon Curtis aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Adrian Hodges und basiert auf dem Buch von Colin Clark.

London, 1956. Der 23-jährige Colin Clark (Eddie Redmayne) stammt aus einer wohlhabenden Familie und will unbedingt beim Film arbeiten. Durch seine Hartnäckigkeit und seine familiären Kontakte ergattert er schließlich einen Job als dritter Regieassistent bei Laurence Olivier (Kenneth Branagh), der gerade den Film "The Prince and the Showgirl" dreht. Olivier führt hier Regie und spielt auch noch einer der Hauptrollen, während Marilyn Monroe (Michelle Williams) die zweite Hauptrolle spielen soll.

Marilyn Monroe, die gerade erst kurz zuvor ihren dritten Ehemann Arthur Miller (Dougray Scott) geheiratet hat, arbeitet erstmals in England. Der Film soll eine leichte Komödie werden, aber die Dreharbeiten werden für alle Beteiligten eine Tortur. Marilyn ist unzuverlässig, unpünktlich, unsicher bis zum Umfallen und strapaziert damit die Nerven der Anderen, besonders die von Olivier. In ihrem Schlepptau hat sie ständig ihren Manager Milton Greene (Dominic Cooper) und ihre Schauspiellehrerin Paula Strasberg (Zoe Wanamaker), die niemanden sonst in ihre Nähe lassen und ihr immer wieder eintrichtern, sie sei doch schließlich die größte Schauspielerin aller Zeiten. Das kann die Monroe aber doch unmöglich selbst geglaubt haben, oder?

Ständiger Tablettenkonsum und erhebliche Selbstzweifel machen aus Marilyn ein Wrack, während Olivier die Wände hochgeht. Einzig der junge Colin kommt an Marilyn heran und wird zu ihrem Vertrauten. Trotz aller Widerstände freunden sich die Beiden an und verbringen viel Zeit miteinander. Colin verliebt sich in den berühmten Star und möchte sie retten, aber am Ende wird auch er nur einer derjenigen sein, die Marilyn für ihre Zwecke benutzt hat.

Colin Clarks Tagebuchaufzeichnungen sind die Grundlage für sein Buch und für diesen Film. Simon Curtis hat daraus einen netten kleinen Film gemacht, der sich zwischen Dokumentation, Drama und Komödie bewegt. Man erfährt nichts wirklich Neues, sondern sieht einfach eine kurze Episode im Leben von Marilyn Monroe aus der Sicht ihres Verehrers.

Eddie Redmayne ist ein bisschen blass und konturlos, er schmachtet die Monroe hingebungsvoll an, mehr ist nicht. Michelle Williams ist allerdings großartig in ihrer Darstellung, eine sehr sehenswerte Leistung. Kenneth Branagh als Laurence Olivier ist aber für mich das Highlight des Films. Was für ein Mann und was für ein Schauspieler, allein seinetwegen muss man diesen Film sehen. Er verkörpert Olivier einfach anbetungswürdig und mit viel Humor. In den Nebenrollen tauchen noch so bekannte Gesichter wie Julia Ormond, Judi Dench und Derek Jacobi auf, die ebenfalls sehr sehenswert sind.

Insgesamt gesehen ein hübscher kleiner Film, den man sich gerne anschauen kann, aber nicht muss. Wegen der Schauspieler ist er schon empfehlenswert, wegen der Handlung aber eher nicht.

The Awakening

"The Awakening" ist ein Film von Nick Murphy aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch schrieb Murphy zusammen mit Stephen Volk.

England, 1921. Die Menschen haben noch mit den Nachwirkungen des ersten Weltkrieges zu kämpfen und viele Tote zu betrauern. In dieser Zeit gibt es zahlreiche Scharlatane, die die Trauer der Leute ausnutzen und Geisterbeschwörungen arrangieren, bei denen die Verstorbenen erscheinen sollen. Die junge und engagierte Florence Cathcart (Rebecca Hall) deckt solche Schwindeleien auf und hat auch schon ein Buch zu diesem Thema veröffentlicht.

Eines Tages wendet sich Robert Mallory (Dominic West) an Florence. Er ist stellvertretender Leiter eines auf dem Land gelegenen Internats, in dem es angeblich spukt. Viele Jahre zuvor, bevor das Haus zu einer Schule wurde, soll dort ein Junge ermordet worden sein. Die Sache wurde nie geklärt. Nun gibt es aber nicht nur den Geist, sondern auch ein erstes Opfer zu beklagen, denn einer der Jungen ist gestorben.

Nach kurzer Bedenkzeit macht sich Florence zusammen mit Robert auf den Weg, um den Schwindel auffliegen zu lassen, da sie nicht an Geister glaubt. Die Hauswirtschafterin Maud Hill (Imelda Staunton), die gute Seele des Hauses, nimmt Florence in Empfang und kümmert sich um sie. Bald schon kommt Florence der Sache auf die Spur und sie kann klären, was eigentlich passiert ist. Der Fall scheint gelöst, einer Abreise nach London steht eigentlich nichts mehr im Weg. Doch dann sieht auch Florence den Geist des toten Jungen und sie muss ihre eigenen Theorien über Bord werfen.

Als die Schule für eine Woche geschlossen wird, bleibt Florence zusammen mit Robert und Maud im Gebäude. Der junge Tom (Isaac Hempstead Wright) ist der einzige Schüler, der bei ihnen bleibt. Ab jetzt muss sich Florence nicht nur mit einem Geist beschäftigen, sondern vor allen Dingen mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzen, was noch für einige Überraschungen sorgt.

Das ist ein sehr schöner klassischer Gruselfilm, der mehrfach für Gänsehaut sorgt. Die Geschichte ist spannend, gut erzählt und sehr gut gespielt. Die Atmosphäre in dem riesigen alten Gebäude ist perfekt eingefangen und die Ausstattung ist exzellent. Die drei Hauptdarsteller Rebecca Hall, Imelda Staunton und Dominic West sind großartig besetzt und verkörpern ihre Rollen wunderbar. Gerade Rebecca Hall ist eine schöne und starke Heldin, die auch verletzliche Seiten hat. Zudem knistert es herrlich zwischen ihr und Dominic West.

Ganz große Empfehlung von mir für diesen Film, der mich sehr überzeugt hat. Es ist übrigens sehr interessant, den Film auch ein zweites Mal anzuschauen und auf die Details zu achten, denn vieles erscheint dann ganz anders als zuvor. Sehr empfehlenswert.

Samstag, 14. April 2012

Die geheimnisvolle Fremde

"Die geheimnisvolle Fremde" - "La femme du Vème" ist ein Film von Pawel Pawlikowski (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und beruht auf einem Roman von Douglas Kennedy.

Der amerikanische Literaturprofessor Tom Ricks (Ethan Hawke) kommt nach Paris um seine von ihm getrennt lebende Frau und seine kleine Tochter Chloe zu besuchen. Seine Frau lehnt aber jeden Kontakt ab und ruft die Polizei. Tom flüchtet, landet dabei in einem Bus und schläft ein. An der Endhaltestelle in einem Vorort wird er vom Busfahrer geweckt und muss feststellen, dass ihm sein Koffer und sein Geld gestohlen wurden.

In einem schäbigen Café fragt er nach einer Unterkunft und der zwielichtige Inhaber Sezer (Samir Guesmi) gibt ihm ein kleines verdrecktes Zimmer. Ebenso bietet er ihm einen Job als Nachtwächter an. Tom muss jede Nacht sechs Stunden lang in einem bunkerartigen Gebäude sitzen und am Bildschirm den Eingangsbereich überwachen. Hin und wieder erscheinen dunkle Gestalten, denen er die Tür öffnen soll, wenn sie den entsprechenden Code kennen. Was sich in dem Gebäude abspielt, das erfährt Tom nicht.

Tagsüber beobachtet Tom seine Tochter aus der Ferne und schreibt ihr lange Briefe, die er aber nicht abschickt. Durch Zufall lernt Tom die schöne Margit (Kristin Scott Thomas) kennen, eine geheimnisvolle Frau, die er bald darauf in ihrer Wohnung im fünften Arrondissement besucht. Die dominante Margit macht Tom zu ihrem Liebhaber und wird von nun an seine Muse sein, denn sie drängt ihn, wieder mit dem Schreiben anzufangen.

Gleichzeitig fängt Tom auch ein Verhältnis mit der jungen Polin Ania (Joanna Kulig) an, die in Sezers Café arbeitet und auch dessen Geliebte ist. Als Tom in Verdacht gerät, seinen Zimmernachbarn ermordet zu haben, gibt er an zur Tatzeit bei Margit gewesen zu sein. Der ermittelnde Kommissar klärt ihn darüber auf, dass besagte Margit Selbstmord begangen hätte und das bereits 1991. Tom wird der Boden unter den Füßen weggezogen und als auch noch seine Tochter Chloe verschwindet, eskaliert die Situation...

Kein Zweifel, die Geschichte scheint mysteriös und undurchschaubar, entpuppt sich aber leider als ziemlich langweilig und uninteressant. Ich habe (un-)geduldig bis zum Ende ausgeharrt, in der Hoffnung auf eine Erklärung, die der Regisseur aber konsequent verweigert. Man sollte nicht zu viel über diesen Film nachdenken, so das Credo von Pawlikowski. Na vielen Dank auch, da fühle ich mich als Zuschauer aber schon ein bisschen verschaukelt. Immerhin ist der Film vollgepackt mit diversen Symbolen, die immer wieder ins Bild gerückt werden und das soll dann alles nichts bedeuten?

Es ergeben sich Fragen über Fragen, aber nicht die Spur einer Antwort. Was kann man aus diesem Film mitnehmen? Nichts. Der Regisseur hat keine Lust, etwas zu erklären und ich habe letztendlich auch die Lust verloren, mir darüber Gedanken zu machen.

Schade um die betörend schöne Kristin Scott Thomas, die wie üblich wunderbar ist, hier aber auch nichts retten kann. Ethan Hawke spielt seine Figur Tom mit der Emotionalität einer Schlaftablette, der noch dazu wie ein kompletter Versager wirkt, aber die schönsten Frauen in seinem Bett hat, die sich nach ihm verzehren und ihn ganz toll finden. Da ist die Fantasie des Autors wohl doch ein bisschen mit ihm durchgegangen.

Insgesamt gesehen nur eine sehr eingeschränkte Empfehlung für dieses verschwurbelte Werk, das man auch gerne verpassen darf.

Sonntag, 8. April 2012

The Night of the Following Day


"The Night of the Following Day" ist ein Film von Hubert Cornfield aus dem Jahr 1968. Das Drehbuch schrieb Cornfield zusammen mit Robert Phippeny.

Eine junge Frau (Pamela Franklin) wird am Flughafen Paris-Orly von einem Chauffeur (Marlon Brando) in Empfang genommen. Das ist bereits Teil ihrer Entführung, wie sie bald darauf feststellen muss. Der Chauffeur Bud und seine Kollegen Leer (Richard Boone), Wally (Jess Hahn) und Vi (Rita Moreno) fahren mit dem Mädchen in ein abgelegenes Haus an der Küste der Bretagne. Ihr reicher Vater Dupont (Hugues Wanner) soll ein üppiges Lösegeld für sie zahlen.

Der Plan ist gut durchdacht, aber die vier Entführer haben Probleme, sich gegenseitig zu vertrauen. Leer entpuppt sich als gewalttätiger Psychopath, während Vi nicht von den Drogen loskommt. Also entweder läuft alles ruhig ab oder es endet in einer Tragödie. Noch ist alles offen. Bud erkennt die Schwachstellen innerhalb der Gruppe und bemüht sich, alle bei Laune zu halten, was nicht ganz einfach ist.

Der neugierige Gendarme (Gérard Buhr) ist scheinbar immer präsent, ob nun privat oder dienstlich, ihm entgeht anscheinend nichts. Vi fühlt sich dadurch zunehmend unsicherer und flüchtet sich in ihre Drogen, während sie Bud zu Unrecht beschuldigt, das Mädchen zu belästigen und sich daraufhin in Eifersuchtsfantasien hineinsteigert.

Bald darauf steht die Geldübergabe an und die Nerven liegen blank. Als es endlich soweit ist, kommt es zu einer Verkettung unglücklicher Umstände und es gibt Tote. Am Ende stehen sich Leer und Bud am nächtlichen Strand gegenüber und es kommt zum Showdown. Bud geht zurück ins Haus, um das Mädchen zu retten, aber da lässt Hubert Cornfield seinen Film erneut zum Beginn am Flughafen Paris-Orly springen.

Die Dreharbeiten sollen ziemlich abenteuerlich gewesen sein und der Film, mit dem niemand so richtig zufrieden war, wurde auch fast durchgehend verrissen und ist wohl auch recht unbekannt. Und doch, so schlecht ist er gar nicht. Es ist eine kleine Low-Budget-Produktion, das lässt sich nicht leugnen, aber es gibt auch diverse Momente, die im Gedächtnis bleiben. Der Film ist in wunderbaren Bildern eingefangen, die wirklich überzeugen können.

Die Besetzung ist ebenfalls bemerkenswert, denn allein Marlon Brando ist hier umwerfend, auch wenn er eine ganz schlimme blonde Perücke trägt. Rita Moreno, ebenfalls mit furchtbarer Frisur, ist ebenso überzeugend wie der Rest des Casts. Die junge Pamela Franklin hat übrigens als Elfjährige in dem Grusel-Klassiker "Schloss des Schreckens" die Rolle der kleinen Flora gespielt.

Insgesamt gesehen ein kleiner und unterschätzter Film, der gar nicht so schlecht ist, wie überall behauptet wird. Durchaus sehenswert, aber hierzulande nur als UK-Version zu haben.

Kleiner Nachtrag: Im Juni 2014 erschien der Film in einer limitierten Edition, Sprache wahlweise Englisch oder Deutsch, mit deutschen Untertiteln.

Coming Out mit Hindernissen

"Coming Out mit Hindernissen" - "Le Ciel sur la tête" ist eine französische TV-Produktion von Régis Musset aus dem Jahr 2006. Das Drehbuch stammt von Nicolas Mercier.

Jérémy (Arnaud Binard) ist ein junger und erfolgreicher Banker und lebt in Paris. Seine Eltern Rosine (Charlotte de Turckheim) und Guy (Bernard Le Coq), sowie seinen jüngeren Bruder Robin (Olivier Guéritée), die außerhalb von Paris leben, sieht er nicht sehr oft. Bei seinem nächsten Besuch zu Hause will er sich endlich outen, aber die passende Gelegenheit findet sich gar nicht so einfach. So wird zunächst seine Beförderung gefeiert und zudem erklärt Jérémy, eine neue und größere Wohnung bezogen zu haben.

Beim Abschied platzt es dann doch aus ihm heraus, er ist mit seinem Freund Marc (Pierre Deny) zusammengezogen, dem Mann den er liebt. Robin wusste schon von Jérémys Geheimnis, aber Rosine und Guy sind fassungslos. Nach seiner Abreise bricht das blanke Chaos aus, denn Guy fragt sich, was er falsch gemacht haben könnte, während Rosine ihren unfreundlichen Kollegen Yvan (Franck de la Personne), der selbst schwul ist, mit Fragen löchert.

Das Familienleben steht Kopf, Guy zweifelt an seiner Männlichkeit und sucht nur noch Streit. Ein Besuch bei Jérémy und Marc, der auch noch wesentlich älter als Jérémy ist, in Paris bringt keine Besserung, im Gegenteil. Zudem erklärt Robin seinem Vater, auf sein Studium verzichten zu wollen und lieber eine Arbeit beim Film anzunehmen. Das bringt das Fass zum Überlaufen, denn ab jetzt hackt jeder auf dem anderen herum und alle geben Jérémy die Schuld daran.

Nacheinander verschwinden Rosine und Robin von zu Hause. Rosine sucht Trost bei Yvan, der sich als sehr umgänglich und verständnisvoll entpuppt und Rosine neues Selbstvertrauen schenkt. Robin flüchtet zu Jérémy nach Paris, der zunehmend von seiner Familie genervt ist und keine Lust mehr hat, den Sündenbock zu spielen.

Es kommt, wie es eben in so einer TV-Produktion kommen muss, denn ein glückliches Ende muss schon sein, man will ja den Zuschauer nicht überfordern. Es folgen ausführliche Gespräche zwischen allen Beteiligten, bis endlich wieder jeder seinen Platz gefunden hat und auch von allen so akzeptiert wird, wie er eben ist.

Ja, es ist eine hübsche kleine Geschichte, die sehr humorvoll und auch ein bisschen dramatisch erzählt wird. Die Darsteller sind durchweg sympathisch und retten die ganze Kiste davor, unerträglich zu werden. Denn mal ganz ehrlich, die Probleme dieser Familie hatten mit dem Schwulsein des Sohnes überhaupt nichts zu tun. Die Eltern waren dabei, sich auseinanderzuleben und insgesamt viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um irgendetwas um sich herum noch mitzukriegen. Das Outing von Jérémy war ein Ventil, das ihre verdrängten Probleme endlich an die Oberfläche kommen ließ.

Insgesamt gesehen recht nette Unterhaltung ohne großen Anspruch, mehr kann ich dazu nicht sagen. Die Reaktionen des Vaters sind schon sehr befremdlich, gerade auch wenn er meint, er fühle sich, als sei sein Sohn gestorben. Warum um alles in der Welt müssen Eltern solche Geschütze auffahren, wenn der Sohn sich als schwul outet? Darüber sollten einige Leute mal nachdenken. Ob Filme wie dieser dabei helfen, ich weiß es nicht, aber schön wäre es schon.

Un Barrage contre le Pacifique

"Un Barrage contre le Pacifique" ist ein Film von Rithy Panh aus dem Jahr 2008. Das Drehbuch schrieb Panh zusammen mit Michel Fessler und beruht auf dem gleichnamigen Roman von Marguerite Duras.

Indochina, 1931. Eine Französin (Isabelle Huppert) lebt zusammen mit ihrem zwanzigjährigen Sohn Joseph (Gaspard Ulliel) und ihrer sechzehnjährigen Tochter Suzanne (Astrid Bergès-Frisbey) auf einer Farm. Ständige Geldsorgen und die Krankheit der Mutter plagen die kleine Familie. Außerdem werden die Reisfelder immer wieder vom Salzwasser überschwemmt, das die Ernte vernichtet.

Die Mutter will zusammen mit den Bauern einen Wall errichten, der das Meerwasser abhalten soll. Gleichzeitig kämpft sie verzweifelt darum, ihr Land behalten zu können. Diese Kämpfe und ihre angeschlagene Gesundheit machen sie oft mürrisch und gereizt. Joseph und Suzanne wollen die Farm am liebsten verlassen, aber eine Gelegenheit hat sich noch nicht ergeben.

Ein reicher Chinese verliebt sich in die hübsche junge Suzanne, macht ihr den Hof und schenkt ihr einen Diamantring, den Joseph sofort zu Geld macht. Während die Mutter und auch Joseph hoffen, Suzanne würde den Chinesen heiraten, zieht diese sich zurück. Das Leben geht wie gewohnt weiter, aber die Mutter wird immer schwächer und Joseph will schließlich in die Stadt ziehen.

Hm, dieser Film ist ziemlich schwer zu beschreiben, denn alle Beteiligten sind permanent immer nur unglücklich und gereizt, was eine Annäherung an sie schwierig macht. Die Klischeekiste wird auch ordentlich geplündert und einzelne Figuren, wie z. B. der reiche Chinese sind ziemlich übertrieben gezeichnet. Der wunderbare Stéphane Rideau wird hier übrigens in einer klitzekleinen Nebenrolle völlig verschenkt, was für ein Jammer. Er hat insgesamt drei ganz kurze Szenen, die aber total unwichtig sind. Sehr schade.

Der Film hat aber auch seine Vorzüge, so ist das ja nicht. Da wären natürlich in erster Linie die fabelhafte Isabelle Huppert, deren Schauspiel immer ein Genuss ist und außerdem gibt es sehr schöne Landschaftsaufnahmen zu sehen, die wirklich gut gelungen sind. Wem das nicht reicht, der kann sich an der Schönheit von Gaspard Ulliel erfreuen, der große Teile des Films mit nacktem Oberkörper absolviert, zum Verlieben aussieht, wahnsinnig sexy ist und ein ausreichender Grund dafür, den Film bis zum Schluss anzuschauen. Wenn das nichts ist...

Trotz allem ist der Film mit knapp zwei Stunden viel zu lang geraten, weil eigentlich kaum etwas passiert. Also von mir nur eine eingeschränkte Empfehlung für den Film an sich, aber für Fans von Isabelle Huppert und Gaspard Ulliel ohnehin Pflichtprogramm. Die DVD ist als UK-Version in französischer Sprache mit zuschaltbaren englischen Untertiteln erhältlich.

Freitag, 6. April 2012

I Shot My Love

"I Shot My Love" ist ein Film von Tomer Heymann (Regie, Buch und Kamera) aus dem Jahr 2009. Der israelische Dokumentarfilmer folgt dabei mit seiner Kamera den beiden Menschen, die ihm am meisten bedeuten, seiner Mutter Noa und seinem Freund Andreas.

Im Jahr 2006 ist Tomer Heymann zusammen mit seiner Mutter erstmals in Berlin, wo er im Rahmen der Berlinale einen Preis für seinen Film Paper Dolls erhält. Noa Heymanns Eltern hatten siebzig Jahre zuvor Berlin verlassen, um sich vor den Nazis in Sicherheit zu bringen und flohen damals nach Israel.

Den Abend nach der Preisverleihung verbringt Tomer in der Panorama-Bar des "Berghain", wo er den jungen Tänzer Andreas kennenlernt. Ab jetzt läuft die Kamera und zeichnet immer wieder die Gespräche zwischen den beiden Männern auf, zeigt ihr Leben und ihre Familien. Die ersten Aufnahmen sind scheinbar nach der gemeinsam verbrachten Nacht entstanden. Es gibt zaghafte Fragen nach einem eventuellen Wiedersehen und eine deutlich spürbare aufkommende Verliebtheit auf beiden Seiten der Kamera.

Auch wenn Tomer und Andreas vorerst getrennte Wege gehen müssen, werden sie sich schon bald wiedersehen. Andreas zieht zu Tomer nach Tel Aviv und lernt dessen Familie kennen, die ihn herzlich aufnimmt. Tomer filmt weiter die Gespräche mit seiner Mutter und mit Andreas, fragt sie nach ihrem Leben, ihrer Haltung zu den Juden und den Deutschen usw. Tomers Mutter betont, keine Probleme damit zu haben, dass ihr Sohn einen deutschen Partner hat, aber in einem anderen Gespräch fragt sie ihn dann doch, ob er wohl der Richtige ist und ob ihre Leben nicht doch zu verschieden sind.

Noa Heymann wird krank, kommt ins Krankenhaus und muss operiert werden. Auch hier ist Tomer mit seiner Kamera immer dabei. Er und Andreas kümmern sich liebevoll um sie und bringen sie schließlich auch wieder nach Hause, wo sie weiter gepflegt wird.

Tomer und Andreas verbringen ein Weihnachtsfest bei Andreas' Eltern in Süddeutschland. Da wird es furchtbar verkrampft, auch wegen der Tatsache, dass Andreas als Kind von einem Priester sexuell missbraucht wurde, einem Freund der Familie. Der Herzlichkeit von Tomers Familie in Israel steht ein sehr sprödes Fest in Deutschland gegenüber, bei dem sich selbst der Zuschauer unwohl fühlt. Dieser Missbrauch ist auch ein weiteres Thema zwischen Andreas und Tomer, weil Andreas laut eigener Aussage immer wieder erstaunt ist, wie sehr ihn das alles immer noch beschäftigt und aufwühlt.

Am Ende der siebzig Minuten, die diese Dokumentation dauert, hat man viel über Tomer und Andreas erfahren, denn die Aufnahmen sind sehr persönlich, fast schon zu intim. Beide haben zusammen eine Wohnung in Tel Aviv bezogen und man wünscht ihnen, dass sie noch sehr lange sehr glücklich miteinander sein mögen. Ganz große Empfehlung für dieses schöne Projekt.

Mittwoch, 4. April 2012

Ausente

"Ausente" ist ein Film von Marco Berger (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011. Der Film hat im Rahmen der Berlinale 2011 den Teddy-Award als bester Spielfilm gewonnen.

Erzählt wird die Geschichte von Martin (Javier De Pietro), einem sechzehnjährigen Schüler, und seinem Sportlehrer Sebastián (Carlos Echevarria), dem Objekt seiner Begierde. Martin ist ein sehr hübscher Junge, der sich offensichtlich vorgenommen hat, seinen Lehrer zu verführen. Beim Schwimmtraining täuscht er eine Verletzung vor, die Sebastián dazu bringt, Martin ins Krankenhaus zu fahren.

Natürlich fehlt ihm nichts, was er aber grandios überspielen kann und durch geschickte Manipulation gelingt es Martin sogar, dass Sebastián ihn bei sich übernachten lässt, auch wenn dieser sich der prekären Situation durchaus bewusst ist. Hier mutet der Film fast wie ein Thriller an, was durch die aufdringliche und unheilvolle Musik noch betont wird. Das hätte aber gar nicht sein müssen, denn hier geht der Sound einfach zu sehr über die Grenzen.

In der Wohnung von Sebastián kommt es dann zu sehr intimen Momenten, die zwar nicht gewollt sind, aber durch eine neugierige Nachbarin beobachtet werden. Sebastián fühlt sich immer unwohler, kann seine Gefühle aber nicht wirklich deuten. Als er schläft, kommt Martin in sein Zimmer und berührt ihn, aber auch das bemerkt er nicht. Am nächsten Morgen verlässt Sebastián seine Wohnung zusammen mit Martin und wieder schaut ein Nachbar zu.

Bald darauf fliegt die Lüge von Martin auf und Sebastián erkennt, reingelegt worden zu sein. Martin erklärt seinem Lehrer daraufhin ganz ohne Scheu, dass er sich gewünscht hätte, es wäre etwas zwischen ihnen gelaufen.

An dieser Stelle höre ich allerdings lieber auf, denn alles was jetzt kommt hat sich Marco Berger wirklich gut ausgedacht und unterläuft damit wahrscheinlich sämtliche Erwartungen. Die nun folgenden Entwicklungen sind nämlich überhaupt nicht vorhersehbar und dadurch nimmt die ganze Geschichte einen völlig anderen Verlauf als erwartet.

Der Lehrer Sebastián ist sich zunehmend seiner unterdrückten Gefühle bewusst und das erklärt auch seinen traurigen Gesichtsausdruck und die Melancholie, die ihn schon von Beginn an umgibt. Während "Plan B" noch von einem zarten Humor durchzogen war, ist "Ausente" von einer seltsamen Tragik geprägt, die letztendlich die Oberhand gewinnt.

Auf jeden Fall ist das ganz großartig und sehr berührend von den beiden wunderbaren Hauptdarstellern gespielt, die beide in ihren Rollen Gefangene ihrer Gefühle sind und nicht wirklich damit umgehen können. Sehr sehenswert und eine klare Empfehlung von mir für diesen Film.

Montag, 2. April 2012

Sechs mal verliebt!

"Sechs mal verliebt!" ist eine Sammlung von schwulen Kurzfilmen, die bei Salzgeber neu erschienen ist. Sechs schöne Geschichten und sechs gute Gründe, sich mit diesen kleinen Filmen näher zu befassen. Also los!

Der erste Beitrag heißt "Blokes" und stammt aus Chile (2010). Regie führte hier Marialy Rivas. Es geht um den jungen Lucho, der sexuelle Fantasien von seinem knackigen Nachbarn von gegenüber hat, die tragisch enden.

Der zweite Beitrag "Cappuccino" entstand in der Schweiz (2010) unter der Regie von Tamer Ruggli. Der junge Jérémie lebt mit seiner Mutter zusammen und himmelt einen Mitschüler an, der zwar nur auf Mädchen steht, aber sich trotzdem von Jérémie sexuelle Handlungen gefallen lässt. Mehr kann ich dazu hier nicht schreiben...

"Spring" ist ein Beitrag aus UK (2010) von Hong Khaou und handelt von Joe, einem zwanzigjährigen Studenten, der sein erstes Mal mit einem älteren Mann erlebt, das in allerlei merkwürdige Spielchen mündet, die Joe bald überfordern, aber ihn auch reifen lassen.

"Franswa Sharl" ist ein Beitrag von Hannah Hillard aus dem Jahr 2009 aus Australien. Der junge Greg ist mit seinen Eltern im Urlaub auf den Fidschi-Inseln. Es ist das Jahr 1980 und Gregs Vater ist sehr intolerant. Trotzdem meldet sich Greg für die Wahl der "Miss Fidschi" an und gewinnt prompt alle Herzen.

"L'Ami" stammt aus der Schweiz (2010) von Adrien Kuenzy und handelt von Maurice, der einen Freund hat und ein sehr ungeklärtes Verhältnis zu einem älteren Mitarbeiter seines Vaters. Hier flammen viele Probleme auf.

Den Schluss bildet "Bedfellows" (USA 2010) von Pierre Stefanos. Hier geht es um Bobby, der in New York lebt und dessen Herz gebrochen wurde. Er lernt in einer Schwulen-Bar einen Mann kennen, mit dem er die Nacht verbringt. In seinen Träumen sieht er sein weiteres Leben, aber kann das auch die Realität sein? Überraschungen sind hier garantiert.

Im letzten Film wurde der Satz erwähnt "Wahre Liebe ist noch nie reibungslos verlaufen". Das könnte glatt das Motto für diese sehr sehenswerte Kurzfilmsammlung sein, denn genau das ist hier das Thema. Ich kann diese sechs Filme nur sehr empfehlen, denn hier ist für jeden etwas dabei. Tolle kleine Storys mit großartigen Darstellern. So soll es sein. Unbedingt anschauen.