Montag, 29. Juli 2013

Quartett d'Amour

"Quartett d'Amour - Liebe, wen Du willst" - "Happy Few" ist ein Film von Antony Cordier aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch schrieb Cordier zusammen mit Julie Peyr.

Es geht um zwei Ehepaare in den Dreißigern, die sich zufällig kennenlernen. Rachel (Marina Fois) und Franck (Roschdy Zem) und Teri (Élodie Bouchez) und Vincent (Nicolas Duvauchelle). Beide Paare sind glücklich verheiratet, haben Kinder, sind irgendwie künstlerisch tätig und haben eigentlich schon alles im Leben erreicht. Sie haben mit ihren jeweiligen Partnern erfüllenden Sex, was also kann diesen Menschen noch fehlen? Abwechslung, denn in allen lauert irgendwo die Angst, dass ihr Leben zum Stillstand kommen könnte.

Die beiden Paare freunden sich an und schon am ersten gemeinsamen Abend stellt sich heraus, dass Franck und Teri sich zueinander hingezogen fühlen, ebenso wie Rachel und Vincent. Alle sehen das ganz locker, der Film spielt schließlich in Frankreich, und so werden die Partner eben mal einfach untereinander ausgeliehen. Regeln gibt es dabei - vorerst - nicht, weil alles so schön funktioniert und der Reiz des Neuen einfach alle überwältigt. Die Kinder erfahren von den Machenschaften ihrer Eltern dabei nichts, jedenfalls glauben die Erwachsenen das.

Aber, man ahnt es schon, auf Dauer kann so etwas nicht wirklich gut funktionieren, weil nach und nach echte Emotionen ins Spiel kommen und auch kleine Eifersüchteleien, die rasch größer werden. Fragen tauchen auf: Was hat er/sie, was ich nicht habe? Was kann er/sie ihr/ihm geben, was sie/er nicht von mir bekommt? Keine dieser Fragen kann beantwortet werden, aber sie existieren in den Köpfen der Beteiligten und verschärfen die Situation. Keiner von ihnen möchte das Ende ihrer Vierer-Beziehung einläuten, aber sie alle wissen, dass es sein muss. Die kurzzeitige Utopie einer umfassenden Liebe zwischen ihnen ist am Ende.

Hm, das ist mal wieder ein schwieriger Fall. Der Film ist ja ganz hübsch erdacht, auf jeden Fall sehr sympathisch besetzt, krankt aber an zu vielen Stellen. Man erfährt nichts über die handelnden Personen, die einem seltsam fremd bleiben und den Zuschauer nicht wirklich berühren, so sehr sich die Story auch anstrengt. Erotisch ist das Ganze irgendwie auch nicht, denn selbst die zahlreichen Bettszenen wirken eher zu bemüht, als dass sie überzeugen könnten.

Ganz fehl am Platz ist aber der Voice-over-Kommentar, den wirklich niemand braucht und der gerade gegen Ende des Films ganz furchtbar sülzig wird. Nee, so etwas funktioniert eigentlich nie.

Schade, die wirklich fabelhaften und sehr sehenswerten Darsteller hätten einen besseren Film verdient, denn an ihnen liegt es nicht, wenn dieser Versuch hier gescheitert ist. Kann man sich ansehen, muss man aber nicht. Von mir gibt es deshalb nur eine eingeschränkte Empfehlung.

Sonntag, 28. Juli 2013

I wie Ikarus

"I wie Ikarus" - "I... comme Icare" ist ein Film von Henri Verneuil aus dem Jahr 1979. Das Drehbuch schrieb Verneuil zusammen mit Didier Decoin. Die Musik zum Film stammt von Ennio Morricone.

In einem fiktiven Staat wird der gerade erst wiedergewählte Präsident Jary kurz vor seiner erneuten Amtseinführung auf offener Straße erschossen. Als Täter wird Karl Eric Daslow (Didier Sauvegrain) ausgemacht, der von einem Hochhaus aus auf den Präsidenten geschossen haben soll und sich kurz darauf selbst mit einer Pistole erschossen hat. Der Zuschauer erfährt hier aber gleich, dass das nicht die Wahrheit ist.

Die darauf ins Leben gerufene Untersuchungskommission ermittelt über ein Jahr lang die Fakten in diesem Fall und kommt zu dem Schluss, dass Karl Eric Daslow ein verwirrter Einzeltäter war. Lediglich der Generalstaatsanwalt Henri Volney (Yves Montand) will dem Bericht nicht zustimmen und sorgt so dafür, dass der Fall neu aufgerollt wird und zwar unter seiner Leitung. Akribisch arbeiten Volney und seine Mitarbeiter die Umstände des Attentates auf und bringen dabei einiges ans Licht, was in dem umfangreichen Untersuchungsbericht nie erwähnt wurde.

Anhand der Fotos und weniger Filmaufnahmen kommt Volney schon bald darauf, dass es einen zweiten Schützen gab, aber sämtliche Zeugen, die diesen gesehen haben konnten, starben kurz darauf bei merkwürdigen Unfällen. Je weiter Volney ermittelt, desto klarer wird ihm, dass der Geheimdienst des Staates in die Sache verstrickt ist und unliebsame Personen gnadenlos ausschaltet. Und dann bekommt er Hinweise auf die anstehende Operation "I wie Ikarus"...

In der griechischen Mythologie kam Ikarus mit seinen Flügeln der Sonne zu nahe und stürzte zu Tode. In diesem Film steht die Sonne für die Wahrheit, der Henri Volney bei seinen Ermittlungen gefährlich nahe kommt. Ein schöner und passender Vergleich. Natürlich beruft sich die Geschichte auf das Kennedy-Attentat und auch auf Lee Harvey Oswald als angeblichem Täter, aber das ist nur die Rahmenhandlung. Hier geht es eher um die verdeckte Arbeit der Geheimdienste, die den Staat von innen lenken und mafiose Strukturen aufweisen. Wer da unbequem wird, der muss um sein Leben fürchten.

Alle Action-Liebhaber können hier gleich draußen bleiben, denn "I wie Ikarus" ist bedächtig und leise erzählt, dabei aber stets faszinierend und sehr spannend. So herrlich unaufgeregt kann ein fesselnder Polit-Thriller sein, da vergehen die zwei Stunden Laufzeit wie im Flug. Unterlegt ist das mit einem fantastischen Score von Ennio Morricone, der unter die Haut geht.

In der Hauptrolle glänzt ein wahrlich brillanter Yves Montand, dem die Rolle auf den Leib geschrieben scheint. Eine erstklassige Darstellung, so etwas sieht man nicht jeden Tag. Der Rest des Casts muss sich aber ebenfalls nicht verstecken, hier ist jeder am richtigen Platz.

Insgesamt gesehen ein wirklich großartiger Film, der mich sehr begeistert und beeindruckt hat. Sollte man nicht verpassen, aktuell ist der auch heute noch.

Samstag, 27. Juli 2013

Hustle

"Hustle" ist ein Film von Robert Aldrich aus dem Jahr 1975. Das Drehbuch stammt von Steve Shagan und beruht auf seinem Roman "City of Angels". Der deutsche Titel des Films lautet "Straßen der Nacht" und ist mindestens ebenso fragwürdig wie die FSK 18.

Die junge Gloria Hollinger (Colleen Brennan) wird am Strand von Los Angeles tot aufgefunden. Eine Überdosis an Medikamenten wird als Todesursache diagnostiziert und damit ist dieser Fall eigentlich schon erledigt. Zumindest für Lt. Phil Gaines (Burt Reynolds) und seinen Chef Santuro (Ernest Borgnine). Sgt. Louis Belgrave (Paul Winfield), der Partner von Gaines, glaubt nicht so ganz an die Selbstmord-Theorie und möchte weiter in diesem Fall ermitteln.

Phil Gaines lebt mit der schönen Nicole Britton (Catherine Deneuve) zusammen, die als Luxus-Callgirl arbeitet. Beide lieben sich sehr, aber Phil kommt nicht damit klar, dass Nicole eine Prostituierte ist. Immer wieder wird das zu einem Streitthema zwischen ihnen, doch beide träumen davon, alles hinter sich zu lassen, gemeinsam nach Rom zu reisen und ihr Leben zu genießen.

Gloria Hollinger hat als Stripperin gearbeitet und auch Pornos gedreht, wodurch sie den zwielichtigen Anwalt Leo Sellers (Eddie Albert) kennengelernt hat, der auch ein Kunde von Nicole ist. Glorias Vater Marty (Ben Johnson) will den Tod seiner Tochter auf eigene Faust aufklären und lässt sich dabei auch von seiner Frau Paula (Eileen Brennan) nicht aufhalten. Er macht den Strip-Club ausfindig, in dem Gloria gearbeitet hat und muss dort auf schmerzhafte Weise erfahren, dass seine Schnüffelei nicht erwünscht ist. Doch seine Hartnäckigkeit führt in schließlich auch zu Leo Sellers, dem Mann, dem er die Schuld am Tod seiner Tochter gibt und an dem er sich nun rächen will.

Phil Gaines und Louis Belgrave können nur noch für Schadensbegrenzung sorgen, indem sie wissentlich Spuren verwischen. Phil will daraufhin mit Nicole nach San Francisco reisen, doch am vereinbarten Treffpunkt kommt er nicht an. Das Schicksal hatte offensichtlich andere Pläne...

"Hustle" erzählt in zwei Stunden Laufzeit die Geschichte von Menschen, die versuchen mit ihrem Leben klarzukommen, was ihnen nicht immer gelingt. Das ist deprimierend, aber auch sehr konsequent dargestellt. Im Grunde stehen sich die handelnden Personen die meiste Zeit selbst im Weg, statt über ihren Schatten zu springen und das Leben einfach so zu nehmen, wie es ist. Sie sind in ihrem jeweiligen Lebensentwurf gefangen und können sich nicht daraus befreien. Diese Tragik zieht sich durch den ganzen Film.

Die Hauptrollen in diesem modernen Film Noir spielen Burt Reynolds und Catherine Deneuve und gerade diese Besetzung bereitet mir ein wenig Bauchschmerzen. Als Paar funktionieren diese beiden Schauspieler einfach zu keiner Zeit, auch wenn man über ihre Darstellung an sich nicht meckern kann. Besser kommen da schon die anderen Darsteller weg, besonders Paul Winfield, der hier perfekte Arbeit abliefert und einen der besten Parts bekommen hat.

Insgesamt gesehen ein trauriger und auch tragischer Film, den man aber trotzdem nicht verpassen sollte. Sehr sehenswert.

Extreme Justice

"Extreme Justice" ist ein Film von Mark L. Lester aus dem Jahr 1993. Das Drehbuch stammt von Frank Sacks und Robert Boris.

Jeff Powers (Lou Diamond Phillips) ist ein junger und engagierter Cop bei der Polizei von Los Angeles. Er hat seinen eigenen Kopf und geht bei der Verfolgung und Überführung von Kriminellen gerne mal über seine Befugnisse hinaus. Das hat ihm schon mehrfach Ärger mit der Abteilung für Inneres beschert. Bei seinem aktuellen Fehlverhalten bekommt er jedoch Unterstützung von einem alten Freund, mit der er nicht gerechnet hatte.

Dan Vaughn (Scott Glenn) war Jeffs erster Partner nach seiner Ausbildung und immer ein echter Freund. Nun überredet er Jeff, in seiner Einheit mitzuarbeiten. Die S.I.S. (Special Investigation Section) ist eine geheime Eliteeinheit, von deren Existenz kaum jemand etwas weiß. Unter der Leitung von Captain Shafer (Ed Lauter) wird hier Jagd auf Schwerverbrecher gemacht, ohne Rücksicht auf Verluste.

Jeff ist anfangs noch begeistert von seinem neuen Job, doch bald schon kommen ihm Zweifel an der Art und Durchführung der Einsätze. Die Verbrecher werden beschattet und bis zu ihrem tatsächlichen Verbrechen überwacht, doch die Einheit handelt erst dann, wenn die Tat bereits begangen wurde, um die Täter direkt zu belangen. Meistens gehen die Kriminellen dabei im gewaltigen Kugelhagel der Einheit unter, doch oft genug sterben dabei auch unschuldige Zivilisten, die lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Jeffs Freundin Kelly (Chelsea Field) ist Journalistin und bekommt Hinweise auf die Tätigkeit der verdeckten Einheit, aber Jeff will nichts über seine Arbeit erzählen, worauf sich das Paar trennt. Kelly ermittelt aber weiter und Jeffs Verhältnis zu seinem Freund Dan verschärft sich. Nach einem weiteren Einsatz, bei dem Dan einen minderjährigen Kleinkriminellen tötet, geht Jeff mit seinen Informationen an die Öffentlichkeit.

Die Geschichte soll auf einer wahren Begebenheit beruhen, was immer das auch bedeuten soll. So etwas steht ja heute unter jedem zweiten Film. Egal, denn hier haben wir einen sehr packenden Cop-Thriller, der mit einer guten Story und einer exzellenten Besetzung überzeugen kann. Tolle Bilder, passender Soundtrack, was will man mehr?

Lou Diamond Phillips ist perfekt besetzt als zweifelnder Cop, wird aber von Scott Glenn, der hier alles an sich reißt und auch gelegentlich etwas "Over the Top" geht, ziemlich an die Wand gespielt. Die zahlreichen Nebendarsteller sind ebenfalls alle sehr gut.

Einziger und wirklich kleiner Kritikpunkt von mir ist die finale Prügelei zwischen Jeff und Dan. Die erscheint mir persönlich zu sehr choreographiert und passt nicht zum eigentlichen Film, der viel cooler ist, was ihm auch wirklich gut steht. Eine einfache Klopperei wäre da viel besser gewesen.

Schönen Gruß auch noch an die Übersetzung: Welcher Legastheniker hat denn die deutschen Untertitel verbrochen? Gibt es da keine Kontrollen?

Insgesamt gesehen aber ein toller Film, den wahrscheinlich wieder kaum einer kennt, der aber absolut sehenswert ist. Sehr empfehlenswert.

Montag, 22. Juli 2013

Der Mann meines Lebens

"Der Mann meines Lebens" - "L'homme de sa vie" ist ein Film von Zabou Breitman aus dem Jahr 2006. Das Drehbuch schrieb sie zusammen mit Agnès de Sacy.

Frédéric (Bernard Campan) genießt zusammen mit seiner Frau Frédérique (Léa Drucker) und dem kleinen Sohn den gemeinsamen Sommerurlaub in ihrem Ferienhaus in Südfrankreich. Zu einem Fest mit Familie und Freunden lädt er auch den neuen Nachbarn Hugo (Charles Berling) ein, der im Laufe des Abends erwähnt, schwul zu sein und alleine zu leben. Der Abend verläuft überaus harmonisch, irgendwann sind die Gäste gegangen, die Familie schläft, nur Frédéric und Hugo reden noch bis zum Morgengrauen über das Leben und die Liebe an sich. Frédéric bezeichnet sein Leben als perfekt, doch Hugo macht ihm daraus einen Vorwurf. "Perfektion heißt Stillstand, genauso gut könntest Du tot sein." Worte, die noch lange in Frédéric nachhallen und ihn zum Nachdenken bringen.

Frédéric ist zunehmend fasziniert von Hugo und seiner Einstellung zum Leben. Immer öfter sucht er von nun an den Kontakt zu ihm. Sie gehen gemeinsam Joggen, verbringen viel Zeit zusammen und allmählich bemerkt Frédérics Frau eine Veränderung am Verhalten ihres Mannes. Die Gespräche dieser Nacht tauchen immer wieder in Rückblenden auf. Frédéric ist zunehmend verwirrt von seinen Gefühlen. Mit Hugo tritt etwas völlig Neues in sein Leben, etwas dass vielleicht schon immer da gewesen ist und sich erst jetzt seinen Platz sucht. Eine andere Sicht auf das Leben und die Liebe. Für Frédéric ist es Zeit, das eigene festgefahrene Leben zu überdenken, aber auch Hugo ist nicht so frei, wie er immer vorgibt. Sein Drang nach Freiheit ist auch begründet in einer Angst vor Zurückweisung.

Hugos Vater hatte seinen Sohn vor über zwanzig Jahren aus dem Haus geworfen, nachdem dieser sich vor seinen Eltern geoutet hatte. Nun liegt der Vater im Sterben und es ist Hugos letzte Chance, sich mit seinem Vater zu versöhnen. Doch noch ist der alte Schmerz zu stark in ihm verwurzelt, noch kann er seinem Vater nicht vergeben. Wird er seine Meinung noch ändern?

Und was ist mit Frédéric und seiner Familie? Seine Frau ahnt, dass etwas vor sich geht, das alles ändern könnte. Wird Frédéric aus seinem bisherigen Leben ausbrechen?

Das alles zeigt Zabou Breitman in wundervollen Bildern voller Poesie und Magie, auch wenn sie es bisweilen mit der Symbolik ein wenig übertreibt. Hier gibt es sehr viel Raum für Interpretationen. Beiläufige Berührungen, Stille, gefühlvolle Bilder und Gedanken. Zugegeben, ich gerate hier etwas ins Schwärmen, weil dieser Film mit einer Bilderkraft aufwartet, die buchstäblich unter die Haut geht. Unterlegt ist das alles mit wunderschöner und sehr zurückhaltender Musik. Wer sich diesen Film ansieht, muss die Stille ertragen können, aber insgesamt möchte ich eine große Empfehlung aussprechen für ein kleines und feines Filmhighlight.

Man muss sich schon darauf einlassen können, dann kann der Film seine volle Wirkung entfalten, auch wenn er mit knapp zwei Stunden Laufzeit schon recht lang geworden ist und keine abschließenden Antworten liefert. Muss er aber auch nicht, denn die Geschichte funktioniert auch so sehr gut.

Die Schauspieler sind durchweg grandios, besonders Bernard Campan und Charles Berling, die ihre Rollen wirklich mit Leben erfüllen und überaus sehenswert sind, wie der ganze Film. Sehr empfehlenswert.


Sonntag, 21. Juli 2013

Spielen oder Sterben

"Spielen oder Sterben" - "Spelen of sterven" ist ein Film von Frank Krom (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1990 und beruht auf einer Story von Anna Blaman.

Der junge und introvertierte Kees (Geert Hunaerts) ist ein stiller Junge, der von seinen Klassenkameraden ständig gemobbt wird. Damit nicht genug gestraft, verliebt sich Kees ausgerechnet in den großmäuligen Charel (Tjebbo Gerritsma), den Sportstar der Klasse und Anführer der meisten Streiche gegen Kees.

Kees nimmt die Erniedrigungen wortlos hin, deckt Charel sogar gegenüber den Lehrern und lässt diesen auch seine Hausarbeiten abschreiben. Insgeheim möchte er Charel für sich gewinnen und lädt ihn auch einen Tages zu sich nach Hause ein, als seine Eltern nicht da sind. Doch Charel ist ein echter Kotzbrocken, der Kees nur provoziert und demütigt. Der Besuch endet in einer gewalttätigen Auseinandersetzung, die Kees nachhaltig verstört und zu einer Tragödie führt.

Also das muss man erstmal verdauen. Selten habe ich einen so tragischen, traurigen und düsteren Film gesehen, der zwar nur 48 Minuten Laufzeit hat, aber dem Zuschauer so einiges abverlangt. Dieser kleine holländische Film von Frank Krom aus dem Jahr 1990 ist zwar etwas dunkel gehalten und die Bilder haben nicht die beste Qualität, aber der Film nimmt einen sofort gefangen.

Es sind schmerzhafte Bilder, die hier gezeigt werden, von den grausamen Mitschülern, die immer unbedingt ein wehrloses Opfer brauchen, um sich selbst stärker zu fühlen. Dass die blökende Meute nur in der Gruppe funktioniert, ist allerdings auch klar, jeder für sich ist nur ein kleines Würstchen. Lediglich Charel sticht aus der Masse heraus, er ist sich selbst genug und braucht keine Bestätigung. Dumm nur, dass sich der arme Kees gerade in ihn verguckt hat. Das kann nur böse enden.

Dieser bemerkenswerte Film ist nun auf der DVD "Coming of Age Vol. 5" erschienen, zusammen mit fünf weiteren Bonusfilmen, die aber sehr viel kürzer sind. Diese fünf Kurzfilme sind zwar von unterschiedlicher Qualität, aber doch auch sehr sehenswert. Irgendwo habe ich gelesen, dass diese teilweise auch schon auf anderen Kurzfilmsammlungen enthalten sind. Keine Ahnung, aber diese kleinen Filmchen kann man sich gut ansehen, da ist für jeden etwas dabei.

Insgesamt gesehen ein kleines DVD-Highlight, besonders der holländische Beitrag, der wirklich unter die Haut geht. Sehr empfehlenswert.

Trishna

"Trishna" ist ein Film von Michael Winterbottom (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011. Die Geschichte beruht auf dem 1891 erschienenen Roman "Tess of the d'Urbervilles" von Thomas Hardy, für den Film wurde die Handlung allerdings ins heutige Indien verlegt.

Die hübsche junge Trishna (Freida Pinto) ist die älteste Tochter einer armen Familie und lebt in Rajasthan. Bei einer flüchtigen Begegnung lernt sie den jungen Jay (Riz Ahmed) kennen, der aus einer wohlhabenden indischen Familie stammt und in England erzogen wurde. Jay hat sofort ein Auge auf die schöne Trishna geworfen und besorgt ihr eine Stelle in einem Luxushotel in Jaipur, das seinem Vater gehört.

Trishna gefällt ihre neue Arbeit, sie verdient gutes Geld, mit dem sie ihre Familie unterstützen kann. Jay begehrt Trishna und verführt sie, aber am nächsten Tag ist Trishna verschwunden. Aus Scham verlässt sie das Hotel und fährt zurück nach Hause. Ihr Vater macht ihr schwere Vorwürfe, ihre Arbeit so einfach aufgegeben zu haben, weil nun das Geld fehlen würde. Kurze Zeit später wird klar, dass Trishna schwanger ist und ihr Vater besteht auf einer Abtreibung.

Trishna wird in die Fabrik eines Onkels geschickt, um dort zu arbeiten und Geld zu verdienen. Jay kann sie hier ausfindig machen und bittet Trishna, mit ihm nach Mumbai zu gehen, um dort gemeinsam zu leben. Er hat sowieso keine Lust, in den Hotels seines Vaters zu arbeiten und möchte sein eigenes Leben führen. Die beiden ziehen nach Mumbai und leben dort ganz öffentlich als Paar zusammen, womit in der Großstadt niemand Probleme hat. Trishna liebt Jay und sorgt für ihn, während er sich treiben lässt.

Eines Tages muss Jay nach London fliegen, weil sein Vater schwer erkrankt ist. Er bleibt längere Zeit weg und meldet sich nicht bei Trishna, die währenddessen die Wohnung räumen muss, weil der Mietvertrag ausgelaufen ist. Als Jay schließlich wieder nach Mumbai kommt, hat er keine guten Neuigkeiten im Gepäck. Sein Vater ist zum Pflegefall geworden und Jay muss wieder zurück in das Hotel in Jaipur. Trishna soll ihn begleiten, aber sie muss wieder als Angestellte dort arbeiten und sie können öffentlich nicht als Paar auftreten. Trishna willigt ein, weil sie Jay liebt.

Das Leben in Jaipur wird für Trishna zunehmend zur Qual. Jay langweilt sich mit der Leitung des Hotels und liegt die meiste Zeit nur faul in seinem Zimmer, während er sich von Trishna bedienen lässt und diese mehr und mehr schikaniert. Er studiert das Kamasutra und macht Trishna zu seiner Mätresse, die ihm ständig sexuell zur Verfügung stehen muss. Er quält und erniedrigt sie, bis Trishna keinen Ausweg mehr weiß, als sich von ihrem Peiniger zu befreien.

Michael Winterbottom hat die Handlung also von England nach Indien verlegt, wo es auch heute noch gewaltige Klassenunterschiede gibt, jedenfalls außerhalb der Großstädte. Weiterhin hat er aus den Romanfiguren Angel und Alec in seinem Film die Figur Jay gemacht, die beide Charaktere in sich vereint. Die handelnden Personen sind alle in ihren jeweiligen Konventionen gefangen und nicht fähig, sich daraus zu befreien, darin besteht das eigentliche Übel für sie.

Freida Pinto und Riz Ahmed machen ihre Sache insgesamt nicht schlecht, aber der Film ist mit knapp zwei Stunden Laufzeit erheblich zu lang geraten. Mich persönlich hat die Geschichte nicht sehr berührt und eher ermüdet. Da empfehle ich doch die Verfilmung "Tess" von Roman Polanski aus dem Jahr 1979, die wesentlich interessanter ist und auch sehr viel sehenswerter.

Die Musik stammt hier unter anderem von Shigeru Umebayashi, der auch schon bei "In the Mood for Love" von Wong Kar-Wai mitgearbeitet hat, was nicht zu überhören ist. Dadurch wähnt man sich teilweise im falschen Film, wenn ein bestimmtes Musikthema erscheint. Keine allzu gute Idee.

Insgesamt gesehen nur eine eingeschränkte Empfehlung von mir. Den kann man sehen, muss man aber nicht.

Samstag, 20. Juli 2013

Walk on Water

"Walk on Water" ist ein Film von Eytan Fox aus dem Jahr 2004. Das Drehbuch stammt von Gal Uchovsky.

Eyal (Lior Ashkenazi) arbeitet als Agent für den israelischen Geheimdienst Mossad. Er erledigt seine Aufträge eiskalt und präzise, Gefühle zeigt er dabei nicht. Als er eines Tages nach Hause kommt, hat seine Frau Selbstmord begangen, sie konnte seine Kälte nicht mehr ertragen. Eyals Vorgesetzter und väterlicher Freund Menachem (Gideon Shemer) betreut ihn mit einer neuen Aufgabe, die ihn von seinem Schmerz ablenken soll.

Der Alt-Nazi Alfred Himmelman (Ernest Lenart), der jahrelang versteckt im Exil gelebt hat, ist nicht mehr auffindbar. Es ist zu vermuten, dass sich der alte und kranke Mann bei seiner Familie in Berlin aufhält, nur gibt es dafür keine Beweise. Himmelmans Enkelin Pia (Caroline Peters) lebt in einem Kibbuz in Israel und ihr jüngerer Bruder Axel (Knut Berger) wird sie in Kürze besuchen. Eyal soll sich als Fremdenführer ausgeben und sich mit den Geschwistern anfreunden, um so eventuell etwas über deren Großvater zu erfahren.

Nur widerwillig nimmt Eyal diesen Auftrag an, ist aber schon bald von der Herzlichkeit und offenen Art der beiden Deutschen gefangen. Während Pia im Kibbuz ihrer Arbeit nachgeht, verbringt Eyal viel Zeit mit Axel und zeigt ihm das Land. Der machohafte Eyal hat allerdings ein Problem, als er Axels offen ausgelebte Homosexualität bemerkt. Erst langsam kann Eyal sich an diesen Gedanken gewöhnen und Axel als Freund akzeptieren, bevor dieser wieder abreist.

Bei der Auswertung der Gespräche zwischen Pia und Axel, die von Eyal abgehört wurden, gibt es einen Hinweis auf deren Großvater. Pia wusste schon seit längerer Zeit, dass ihre Eltern (Hanns Zischler und Carola Regnier) Kontakt zu Alfred Himmelman hatten. Daraufhin hatte sie sich mit ihren Eltern überworfen und das Land verlassen. Axel war die Existenz seines Großvaters aber unbekannt.

Eyal reist nach Berlin und trifft dort auf Axel, der ihn spontan zum siebzigsten Geburtstag seines Vaters in die Familienvilla am Wannsee einlädt. Dort erscheint dann tatsächlich der schwerkranke Großvater als Geburtstagsüberraschung, was Axel in Rage bringt. Er macht seiner Mutter schwere Vorwürfe, die diese aber von sich weist. Eyal wendet sich in der Zwischenzeit an Menachem, der ihm den Auftrag gibt, Alfred Himmelman zu töten.

Axel erkennt schließlich, dass Eyal ein Mossad-Agent ist, als er dessen Sachen durchsucht. Wird Eyal seinen Auftrag ausführen oder kommt alles noch ganz anders? Lassen Sie sich überraschen.

Von Eytan Fox kenne ich bereits die Filme "Yossi & Jagger", "Yossi" und "The Bubble", die mir alle sehr gut gefallen haben. "Walk on Water" ist erneut ein packender und berührender Film, der mich sehr begeistert hat und den ich nur empfehlen kann. Gute Story, fabelhafte Darsteller und schöne Bilder, wie immer mit toller Musik unterlegt. Dafür hat Eytan Fox einfach ein gutes Händchen. Auch schafft er es erneut, ernste Themen nie zu deprimierend zu präsentieren und mit Herz und auch etwas Humor zu mischen, ohne ins Lächerliche abzudriften. Sehr gelungen.

Der Film wird dabei von der großartigen Darstellung Lior Ashkenazis getragen, einem ganz wunderbaren Schauspieler, der total in seiner Rolle aufgeht. Mir hat er damit schlicht den Atem geraubt und schon allein seinetwegen muss man diesen Film gesehen haben. Neben ihm können sich aber Caroline Peters und Knut Berger ebenso sehen lassen, wie auch Carola Regnier und Hanns Zischler, wenn auch in kleineren Rollen.

Insgesamt gesehen ein wunderbarer Film, der zu Herzen geht und zum Nachdenken anregt. Den darf man auf gar keinen Fall verpassen.

Dienstag, 16. Juli 2013

Das Gesetz der Begierde

"Das Gesetz der Begierde" - "La ley del deseo" ist ein Film von Pedro Almodóvar (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1987. Es ist zwar schon der sechste Spielfilm von Almodóvar, aber der erste der auch in Deutschland erschien, damals aber noch mit einer FSK 18 versehen. Seine früheren Werke wurden erst später gezeigt.

Ein Film von Pedro Almodóvar ist immer etwas Besonderes. Meistens geht es bei ihm um Liebe, Sex, Verlangen, Obsessionen, Mord und Totschlag. Hier kommt alles zusammen. Die Achtziger Jahre sind unübersehbar, grelle Farben, schrilles Make-Up und farbenfrohe Kostüme.

Die Geschichte handelt von dem schwulen Regisseur Pablo Quintero (Eusebio Poncela), der eigentlich Juan (Miquel Molina) liebt, der sich aber von Pablo eingeengt fühlt. Als Juan den Sommer über verreist, taucht der ziemlich wahnsinnige Fan Antonio (Antonio Banderas) auf, der eine Affäre mit Pablo beginnt, die von diesem aber nicht weiter ernst genommen wird. Antonio hingegen ist besessen von seiner Liebe zu Pablo und tötet Juan aus Eifersucht. Die Polizei verdächtigt Pablo der Tat und verfolgt ihn, doch Pablo hat einen Autounfall und verliert sein Gedächtnis. Seine Schwester Tina (Carmen Maura), die früher ein Mann war und Tino hieß, hatte sich einst aus Liebe zu ihrem Vater einer Geschlechtsumwandlung unterzogen. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird sie die Geliebte von Antonio und gerät dadurch in große Gefahr.

So, das ist alles ziemlich verwirrend. Es hat auch keinen Zweck, die Geschichte hier wiederzugeben, das muss man wirklich selbst gesehen haben. Im Vergleich zu anderen Almodóvar-Filmen ist dieser auch sehr viel düsterer, der Humor ist hier eher sparsam eingesetzt. Sehenswert ist er aber auf jeden Fall, gar keine Frage.

Die wundervolle Carmen Maura spielt hier die Schwester von Pablo und sie ist absolut hinreißend, wie eigentlich die komplette Besetzung. Das ist bei Almodóvar aber in jedem Film so, der Mann hat einfach ein ganz besonderes Händchen für seine DarstellerInnen.

Auch seine Liebe zum Melodram wird hier wieder deutlich und das gleich in mehreren Szenen. Die Figur der transsexuellen Tina, die ihr Geschlecht aus Liebe zu einem Mann wechselt und trotzdem von diesem verlassen wird, findet sich bereits bei Rainer Werner Fassbinder und später auch bei François Ozon, der ein entsprechendes Theaterstück Fassbinders verfilmt hat. Alle drei Regisseure haben bzw. hatten diese Vorliebe für das Melodram und besonders für die Arbeiten von Douglas Sirk. Das haben sie alle wunderbar umgesetzt.

Besonders positiv aufgefallen ist mir noch ein schönes Lied von Jacques Brel, hier allerdings von einer Frau gesungen, "Ne me quitte pas". Das passt wirklich toll hierher.

Niemand versteht es so gut wie Pedro Almodóvar, seine Figuren derart liebenswert darzustellen, egal wie verrückt ihre Charaktere auch sein mögen. Wer sich einen Film von Almodóvar anschaut, muss allerdings auch wissen, worauf er sich einlässt, denn hier wird alles gezeigt und alles ist möglich. Einen so unverkrampften Blick auf Sexualität in jeder Hinsicht wünscht man sich sonst von so manch anderem Film.

Dieser Film war 1987 der erste Preisträger des Teddy-Awards, dem Queer-Film-Award, der seit 1992 regelmäßig im Rahmen der Berlinale am Vorabend der Bären-Verleihung verliehen wird.

Montag, 15. Juli 2013

Draculas Tochter

"Draculas Tochter" - "Draculas Daughter" ist ein Film von Lambert Hillyer aus dem Jahr 1936. Das Drehbuch stammt von Garrett Fort.

Der Film beginnt mit der Verhaftung von Prof. von Helsing (Edward Van Sloan), der den beiden eintreffenden Polizisten gleich gesteht, dem Grafen Dracula einen Holzpflock durch das Herz gestoßen zu haben. Sein Einwand, Dracula sei ein Vampir gewesen, wird nicht weiter zur Kenntnis genommen. Der Professor wird Scotland Yard übergeben und die beiden Polizisten müssen nun in ihrem Revier auf die Särge von Graf Dracula und seinem ebenfalls toten Diener Renfield aufpassen, bis diese abgeholt werden.

Beiden ist die Situation unheimlich und als einer von ihnen kurz das Revier verlässt, erscheint eine mysteriöse junge Frau, die den anderen Polizisten in Hypnose versetzt und mit dem Leichnam von Dracula verschwindet. Die Frau ist die ungarische Gräfin Marya Zaleska (Gloria Holden) und sie ist Draculas Tochter. Sie leidet unter dem Fluch ihrer Herkunft und verbrennt die Leiche ihres Vaters in einem Ritual, um dadurch von diesem Fluch erlöst zu werden und ein normales Leben führen zu können. Leider umsonst.

Prof. von Helsing erhofft sich Hilfe von seinem früheren Schüler, dem Psychiater Dr. Jeffrey Garth (Otto Kruger), der dessen Vampirgeschichte aber erst nicht glauben will. Dr. Garth lernt auf einer Abendveranstaltung die Gräfin Zaleska kennen, die so von seiner Bekanntschaft mit Prof. von Helsing erfährt und inständig hofft, Dr. Garth könne sie von ihrer Veranlagung heilen. Jeffreys Sekretärin und Geliebte Janet (Marguerite Churchill) reagiert eifersüchtig auf die schöne und geheimnisvolle Gräfin.

Sandor (Irving Pichel) ist der treue Diener der Gräfin, der heimlich in sie verliebt ist und hofft, von ihr zu ihrem ewigen Gefährten gemacht zu werden, aber die Gräfin fühlt sich zu Dr. Garth hingezogen. Als Dr. Garth erkennen muss, was es wirklich mit Marya Zaleska auf sich hat, ist es bereits fast zu spät. Die Gräfin entführt Janet, hypnotisiert diese und flieht mit ihr auf das Schloss ihres Vaters nach Transsylvanien. Dr. Garth reist ihr nach und wird von der Gräfin vor die Wahl gestellt. Sein Leben gegen das von Janet. Er soll die Ewigkeit mit ihr verbringen, dafür würde Janet gerettet werden. Eine brenzlige Situation, die aber ganz anders ausgeht, als gedacht...

Das ist ein ganz großartiger kleiner Film, der gerade mal knapp 70 Minuten dauert und sehr unterhaltsam ist. Bedenkt man das Alter dieses Streifens, dann ist es schon toll zu sehen, wie liebevoll und spannend das hier alles inszeniert ist. Die Handlung ist interessant gestaltet, manchmal auch komisch und auch ein bisschen gruselig, wenn auch aus heutiger Sicht eher harmlos. Das mindert aber nicht das Vergnügen, das man beim Anschauen zweifellos hat.

Die Besetzung ist sehr gelungen, besonders Gloria Holden ist als mysteriöse und verzweifelte Gräfin eine wahre Pracht. Vito Russo hat in seinem erfolgreichen Buch "The Celluloid Closet", über die Darstellung von Homosexualität in Filmen, besonders auf die Szene aufmerksam gemacht, in der die Gräfin in ihrem Studio in Soho eine junge Frau von der Straße angeblich malen will, sie in ihren Bann zieht, um dann schließlich über sie herzufallen. Hier wird eine Art von Sexualität angedeutet, die für damalige Verhältnisse schon recht freizügig und mutig war, heute aber eher belächelt werden kann. Ausschnitte davon sind auch in diesem bemerkenswerten Film zu sehen: "The Celluloid Closet", der auf dem Buch von Vito Russo beruht. Immerhin für diese Szene ist der Film schon bekannt, auch wenn ihn wohl sonst nicht viele Zuschauer kennen. Eine deutsche DVD-Veröffentlichung gibt es nicht, aber die Originalversion ist durchaus erhältlich und sehr sehenswert.

Ich kann diesen Film nur sehr empfehlen, vielleicht entdeckt ja der eine oder andere Filmfreund diese kleine Perle für sich, es lohnt sich auf jeden Fall.

Sonntag, 14. Juli 2013

Der Leichenwagen

"Der Leichenwagen" - "The Hearse" ist ein Film von George Bowers aus dem Jahr 1980. Das Drehbuch stammt von William Bleich.

Die junge Lehrerin Jane Hardy (Trish Van Devere) hat eine schwere Zeit hinter sich. Nach ihrer Scheidung hatte sie einen Nervenzusammenbruch und nun ist auch noch ihre Mutter gestorben. Jane beschließt, den Sommer in Blackford zu verbringen, in dem Haus ihrer vor vielen Jahren verstorbenen Tante. Das Haus ist seit Jahren unbewohnt und der mürrische Anwalt Walter Pritchard (Joseph Cotten) hat die Schlüssel in seinem Besitz.

Auf der Fahrt dorthin wird Jane von einem mysteriösen schwarzen Leichenwagen attackiert, der sofort wieder verschwindet, sie von nun an aber immer wieder verfolgen wird. Walter Pritchard ist nicht sehr erfreut über Janes Auftauchen und auch die Leute im Ort begegnen ihr eher feindselig. Nur der junge Paul (Perry Lang) erklärt sich bereit, ihr bei den Arbeiten am Haus zu helfen, weil er sich eine Affäre mit der Frau aus der großen Stadt erhofft.

Sheriff Denton (Med Flory) erweist sich als ziemlich aufdringlich und Reverend Winston (Donald Hotton) weiß scheinbar mehr über Janes Tante, als er zugeben will. Erst als Jane die Tagebücher ihrer Tante liest, wird ihr einiges klar. Die Bewohner des Ortes meiden sie, weil sie ihrer Tante zum Verwechseln ähnlich sieht, die sich seinerzeit zusammen mit ihrem Geliebten Robert angeblich dem Teufel verschrieben hatte.

Nach einer erneuten Attacke des geheimnisvollen Leichenwagens lernt Jane den attraktiven Thomas Sullivan (David Gautreuax) kennen, der sich von nun an um sie bemüht. Der galante Mann erobert schnell das Herz und die Zuneigung Janes, die nun aber immer öfter von schlimmen Alpträumen gequält wird, die sehr real scheinen. Was geht in ihrem Haus tatsächlich vor und wer ist Thomas wirklich? Spielen ihre Nerven ihr einen Streich oder ist alles doch viel unheimlicher als sie glaubt? Ist hier der Teufel mit im Spiel? Die Antwort darauf ist wahrlich mörderisch...

Was haben wir denn hier? Einen wahrscheinlich recht unbekannten Gruselfilm, der aber mehrfach für Gänsehaut sorgt und den ich nur sehr empfehlen kann. Gut, die Musik übertreibt ziemlich und kündigt aufregende Szenen immer mit vollem Getöse an, was eigentlich gar nicht nötig wäre. Der Film funktioniert auch so sehr gut und hat einige tolle Momente.

Die Schauspieler sind gut besetzt, die Atmosphäre ist gelungen und insgesamt ist das hier ein echt guter Gruselfilm, der ohne große Effekte auskommt und durchaus überzeugen kann. Sollte man nicht verpassen, der macht nämlich auch Spaß, ebenso wie die FSK 18, die hier wirklich mal wieder selten dämlich ist. Wer vergibt solche absurden Beurteilungen?

Albert Nobbs

"Albert Nobbs" ist ein Film von Rodrigo Garcia aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Glenn Close, John Banville und Gabriella Prekop.

Irland, im 19. Jahrhundert. In einem kleinen Hotel in Dublin arbeitet Albert Nobbs (Glenn Close) bereits seit vielen Jahren. Er ist zuverlässig, sehr beliebt bei den Gästen und beim Personal und er hat ein Geheimnis, denn Albert Nobbs ist eigentlich eine Frau. Aus der Not, sich allein um sein Leben kümmern zu müssen, kam er einst an den Job eines Kellners und hat nie jemandem von seiner wahren Identität erzählt. Im Hotel von Mrs. Baker (Pauline Collins) ist er nun die gute Seele des Hauses.

Eines Tages quartiert Mrs. Baker den Handwerker Hubert Page (Janet McTeer) in Alberts Zimmer ein, weil sonst gerade kein Bett verfügbar ist. Albert gerät in Panik, dass so vielleicht sein Geheimnis gelüftet werden könnte, doch es kommt ganz anders als erwartet. Hubert ist selbst eine Frau, die vor Jahren vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflüchtet ist, dessen Identität angenommen hat und nun ihrerseits mit einer Frau verheiratet ist.

Albert ist schwer beeindruckt von Hubert und seinem Leben. Auch er möchte sein Leben verändern, spart seit Jahren sein Geld und träumt von einem kleinen Tabakladen. Ganz in der Nähe gibt es eine entsprechende Immobilie zu mieten, mit einer kleinen Wohnung über dem Geschäft. Die junge Helen Dawes (Mia Wasikowska), die ebenfalls im Hotel arbeitet, wäre eine gute Partnerin für Albert, der viel für das junge Mädchen empfindet. Dummerweise verliebt sich Helen aber in den jungen Joe (Aaron Taylor-Johnson), der als Aushilfsarbeiter im Hotel anfängt und eigentlich plant, nach Amerika zu gehen.

Joe überredet Helen, mit Albert auszugehen und möglichst viele Geschenke von ihm zu bekommen. Helen lässt sich nur zögerlich darauf ein und weiß nicht so genau, was der ältere Mann eigentlich von ihr will. Als sie von Joe schwanger wird, bietet ihr Albert an, sie zu heiraten und für sie und das Kind zu sorgen, weil Joe sie bestimmt nicht nach Amerika bringen wird.

Inzwischen muss das Hotel schließen, weil ein ansteckendes Fieber grassiert und die Dinge entwickeln sich ganz neu. Wird es für Albert und Helen eine gemeinsame Zukunft geben oder wird alles ganz anders als erwartet?

"Albert Nobbs" ist ein Erlebnis, das man nicht verpassen sollte. Der Film ist bisher leider nur in der englischen Originalfassung erhältlich, aber trotzdem eine klare Empfehlung. Glenn Close hat diese Rolle bereits im Jahr 1982 auf einer Theaterbühne gespielt und wollte unbedingt einen Film daraus machen, was ihr nun auch gelungen ist. Sie ist natürlich auch die perfekte Besetzung für die Titelrolle und von einer Schauspielerin wie Glenn Close kann man auch nicht weniger als eine Glanzleistung erwarten, die sie hier locker bewältigt. Dieses Gesicht ist einfach wunderbar und sie verkörpert Albert Nobbs grandios. Sehr toll und sehr sehenswert.

Die Nebenrollen sind ebenfalls sehr gut besetzt, denn allein schon Mia Wasikowska ist inzwischen ja schon ein Garant für einen guten Film. Eine wunderbare junge Schauspielerin, in der noch viel Potential steckt. Pauline Collins und Janet McTeer überzeugen auf ganzer Linie und in einer kleinen Rolle ist noch Jonathan Rhys-Meyers zu bewundern, um den es ja irgendwie etwas ruhig geworden ist. Lediglich Aaron Taylor-Johnson hat mich mal wieder nicht überzeugen können, dem kann ich halt so gar nichts abgewinnen. Macht aber nichts, der Rest funktioniert dafür umso besser.

Insgesamt gesehen ein schöner, wenn auch trauriger Film, der sehr berühren kann, wenn man sich darauf einlässt. Nichts für die große Masse, aber für Liebhaber kleiner Dramen ein echter Leckerbissen.

Montag, 8. Juli 2013

Stoker

"Stoker" ist ein Film von Park Chan-wook aus dem Jahr 2013 und beruht auf einem Drehbuch von Wentworth Miller.

Die junge India Stoker (Mia Wasikowska) lebt mit ihrem geliebten Vater Richard (Dermot Mulroney) und ihrer neurotischen Mutter Evelyn (Nicole Kidman) in einem schönen und etwas abgelegenen Landhaus. An ihrem achtzehnten Geburtstag verunglückt Richard Stoker tödlich. India bleibt unglücklich und allein mit ihrer Mutter zurück, denn beide können so gar nichts miteinander anfangen.

Doch dann erscheint plötzlich Richards jüngerer Bruder Charlie (Matthew Goode) auf der Trauerfeier, von dessen Existenz bisher niemand etwas wusste. Der schöne junge Mann erobert gleich das Herz der Witwe Evelyn, während India ihn noch etwas skeptisch beobachtet. Beide Frauen sind für seinen Charme anfällig und so entsteht schon bald eine starke sexuelle Spannung zwischen den Beteiligten.

India ist sehr scheu und still, von ihren männlichen Mitschülern wird sie deswegen gehänselt, aber im Laufe der Geschichte macht sie die stärkste Wendung durch. Sie steht an der Schwelle, eine erwachsene junge Frau zu werden, die weiß was sie will. Der Einfluss von Onkel Charlie ist dabei nicht zu übersehen.

Während Evelyn meist weggetreten ist, konzentriert sich die ganze Handlung auf India und Charlie, die beide ihre jeweils eigenen Geheimnisse haben. Welche das sind? Nein, das verrate ich hier ganz sicher nicht...

"Stoker" ist ein kleiner und feiner Psychothriller, den man kaum beschreiben kann. Ich bin mir sicher, dass dieser Film sein Publikum finden wird, auch wenn dies definitiv kein Mainstream-Werk ist. Park Chan-wook zaubert großartige Bilder auf die Leinwand, die absolut zeitlos und einfach nur wunderschön sind. Wer sich darauf einlassen kann und auch nicht für alles eine Erklärung braucht, der wird hier viel Freude haben. Mir ging es jedenfalls so und ich kann auch ein mehrfaches Anschauen nur empfehlen, um auch auf Kleinigkeiten achten zu können.

Über Nicole Kidman kann ich wenig Gutes schreiben, sie gibt zum gefühlten 100. Mal ihre übliche Püppchen-Nummer, mit albernem Getue und ansonsten wenig Mimik in der Plastik-Visage, was ja nicht weiter wundert. Allerdings wird sie hier von Matthew Goode und Mia Wasikowska so dermaßen an die Wand gespielt, dass man sie auch getrost vergessen kann.

Die junge Mia Wasikowska ist einfach atemberaubend in ihrer Rolle, ebenso wie der schöne und sehr undurchschaubare Matthew Goode. Die darstellerischen Leistungen dieser beiden Schauspieler überragen alles und machen den Film zu einem einzigartigen Genuss und zu einem Erlebnis, das man nicht verpassen sollte. Ganz große Empfehlung. Eine kleine Warnung aber noch an besonders empfindsame Gemüter, es wird auch ein bisschen fies.