"Bullhead" - "Rundskop" ist ein Film von Michaël R. Roskam (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und das Langfilmdebüt des Belgiers.
Die Handlung beginnt als Krimi, die Polizei ist hinter der 'Hormonmafia' her, die florierende Geschäfte betreibt. Es geht um illegalen Fleischhandel und den verbotenen Einsatz von Hormonpräparaten in der Viehzucht. Daneben wird auch der Konflikt der Einwohner Belgiens untereinander angesprochen, nämlich zwischen den Bewohnern des Nordens, den Flamen, und den Bewohnern des Südens, den Wallonen. Nicht nur, dass man sich nicht mag, man versteht sich auch nicht, denn der Norden spricht niederländisch, der Süden aber französisch.
Das ist aber nur die Rahmenhandlung, die irgendwann auch nicht mehr so wichtig ist. Vielmehr geht es hier um den jungen Viehzüchter Jacky Vanmarsenille (Matthias Schoenaerts), der in der Provinz Limburg lebt. Er betreibt seinen Hof zusammen mit seinem Bruder Stieve (Kristof Renson), der dort mit seiner Familie lebt. Jacky ist ein Außenseiter, ein wortkarger Mensch, der sich aber durch seine imposante Statur Respekt verschafft. Schon früh wird der Zuschauer Zeuge, wie Jacky seinen Körper selbst mit Hormonen und Testosteron behandelt und diese Mittel nicht nur seinen Rindern spritzt.
Schon in seiner Kindheit hat Jacky von seinem Vater gelernt, das Vieh mit den entsprechenden Präparaten zu versorgen, um den Profit zu steigern. Ganz selbstverständlich hat er das übernommen und fortgeführt. Zusammen mit seinem Onkel Eddy (Jean-Marie LeSuisse) und dem befreundeten Veterinär Sam (Frank Lammers) führt er seine Geschäfte aus.
Sam will neue Kontakte knüpfen und in ein Geschäft mit Wallonen einsteigen, was Jacky jedoch missfällt. Gerade erst wurde ein Polizist ermordet, der gegen die Fleischmafia ermittelt hat. Zur gleichen Zeit taucht in Jackys Umfeld sein früherer Jugendfreund Diederik (Jeroen Perceval) auf, der als heimlicher Informant für die Polizei arbeitet. Die beiden ehemaligen Freunde haben sich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen und Diederiks Auftauchen bedeutet für Jacky die Wiederkehr schmerzhafter Erinnerungen, die nun nicht mehr unterdrückt werden können.
Jacky fährt nach Lüttich, um Kontakt zu Lucia (Jeanne Dandoy) aufzunehmen, die dort eine Parfümerie betreibt. In Lucia hatte er sich zwanzig Jahre zuvor verliebt, diese aber nie angesprochen. Sein linkisches Auftreten verunsichert die junge Frau, die in dem bulligen Mann aber nicht den Jungen von früher erkennt. Währenddessen ermittelt die Polizei weiter und durch Zufall gerät Jacky ins Visier der Beamten. Diederik erkennt die Situation und will seinen Freund retten, aber dafür ist es längst schon zu spät. Jacky weiß, dass er nichts mehr zu verlieren hat und versucht erneut, sich Lucia anzunähern. Die Katastrophe lässt sich jedoch schon nicht mehr aufhalten.
Wow, was für ein Film. Wer ihn bereits gesehen hat, der weiß wovon ich rede. Ich habe hier auch ganz bewusst die tragische Geschichte in Jackys Kindheit unerwähnt gelassen, um die Spannung nicht zu verderben. Der Vorfall wird zwar schon im ersten Drittel des Films gezeigt, ist aber dennoch von enormer Sprengkraft und erklärt das tragische Leben und Leiden Jackys genauer und verdeutlicht gleichzeitig, wie er zu dem wurde, der er heute ist.
Die Darstellung von Matthias Schoenaerts lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen, er haut den Zuschauer glatt um. Immer wieder wird er halbnackt in seinem Badezimmer gezeigt, wo er seinen massigen Körper trainiert und sich mit Hormonpräparaten versorgt. Sein trauriges Gesicht nimmt einen dabei gefangen, weil man mit ihm mitleidet. Seine unerfüllte Suche nach Liebe und Zuneigung, nach einem normalen Leben, brennt sich ein. Ich habe selten etwas so Berührendes gesehen.
Kameramann Nicolas Karakatsanis hat großartige Bilder eingefangen und damit eine Atmosphäre geschaffen, die unter die Haut geht. Die Landschaft ist gleichzeitig schön und trist und passt ganz wunderbar zur Handlung. Insgesamt gesehen ist der Film natürlich schwere Kost und nicht für einen netten Filmabend geeignet, aber manchmal muss so etwas auch genau so sein: Ein Film, der nachwirkt und den man so schnell nicht wieder vergisst. Das ist dem Regisseur hier definitiv gelungen.
Von mir gibt es auf jeden Fall eine ganz große Empfehlung, es lohnt sich. Matthias Schoenaerts ist für mich persönlich die Entdeckung des Jahres und gerade in dieser Rolle absolut sehenswert.
Sonntag, 27. September 2015
Mittwoch, 23. September 2015
Eine neue Freundin
"Eine neue Freundin" - "Une nouvelle amie" ist ein Film von François Ozon (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2014 und beruht lose auf einer Kurzgeschichte von Ruth Rendell.
Claire (Anaïs Demoustier) und Laura (Isild De Besco) waren unzertrennliche Freundinnen seit Kindestagen und ihre Freundschaft sollte für "immer und ewig" halten. Sie teilten alles miteinander, die lebenslustige Laura und die eher schüchterne Claire und waren immer füreinander da. Selbst ihre Hochzeiten fanden am gleichen Tag statt. Laura heiratete David (Romain Duris) und Claire heiratete Gilles (Raphaël Personnaz). Als Laura und David ein Baby bekamen, ein Mädchen namens Lucie, wurde Claire selbstverständlich ihre Patentante. Da war Laura schon schwer erkrankt und starb kurze Zeit später. Bei ihrer Trauerfeier versprach Claire, sich immer um Lucie und David kümmern zu wollen.
Was bis hier schon recht umfangreich klingt, erzählt Ozon in nicht einmal acht Minuten, denn diese Vorgeschichte bereitet den Anfang der eigentlichen Handlung vor, die ab da losgeht. Claire ist in ihrer Trauer um Laura gefangen, sie schafft es nicht David und Lucie zu besuchen, weil sie dort alles nur an ihre tote Freundin erinnern würde. Als sie sich doch endlich zu einem Besuch aufrafft, trifft sie im Wohnzimmer des stattlichen Hauses auf eine blonde Frau, die dem Baby gerade sein Fläschchen gibt. Entsetzt erkennt sie David, der eine Perücke trägt und eines von Lauras Kleidern.
David ist bemüht, Claire seine Verkleidung zu erklären. Zuerst tat er es, um das Baby zu beruhigen, das in ihm die vertraute Mutter zu erkennen glaubte, aber eigentlich hatte er schon immer großes Vergnügen daran, sich Frauenkleider anzuziehen. Laura wusste davon, aber während ihrer gemeinsamen Zeit hat David ihre Weiblichkeit gereicht und das Verlangen ließ nach. Nun aber würde er gerne seine weibliche Seite ausleben wollen und mit Lust Kleider tragen, Perücken aufsetzen und sich schminken. Claires anfängliche Bedenken beginnen zu schwinden, sie freundet sich mehr und mehr mit dem Gedanken an und wird für David zur Verbündeten.
Aus David wird Virginia, erst nur im Geheimen, aber dann unternehmen die beiden auch gemeinsame Shoppingtouren im Einkaufszentrum und haben dabei viel Spaß. David/Virginia wird im Laufe der Zeit immer stilsicherer und auch Claire verändert sich. Sie entdeckt ihre eigene Weiblichkeit und ihre Sexualität neu und profitiert davon. Ihr Ehemann Gilles weiß derweil nichts von Davids Geheimnis. Nur durch Zufall erfährt er von einem gemeinsamen Ausflug der beiden ins Landhaus von Lauras Eltern.
Viel mehr will bzw. kann ich hier nicht erzählen, das muss man sich schon selbst anschauen. Es wird auch noch ein bisschen dramatisch, aber es wird auch noch wunderschön und es ergibt sich eine Liebesgeschichte, wie man sie so wohl noch nicht sehr oft in Filmen gesehen hat.
François Ozon liebt das Melodram, die üppigen Bilder, die großen Gefühle, einfach alles was nicht in den Mainstream passt und das ist auch gut so. Wir sehen Häuser und Grundstücke, die nicht der Norm entsprechen und in denen ohne jeden Zweifel auch ein Douglas Sirk-Film spielen könnte. Genau das ist das Anliegen von Ozon, der sich stets das märchenhafte bewahrt und auch auskostet. Sein Film soll nicht die Realität abbilden, sondern seine Sicht der Dinge, wie sie sein könnte. Und das gelingt ihm auch hier wieder grandios. Vergessen wir hier einfach mal alle überflüssigen Gender-Debatten und erfreuen wir uns an einer zauberhaften Liebesgeschichte, die einfach schön, aber nicht unmöglich ist.
Unterlegt ist das alles mit einer sehr gelungenen Musikauswahl und natürlich mit Bildern, die einfach wunderschön sind. Die Besetzung ist traumhaft gewählt, neben Romain Duris, der mich hier doch sehr positiv überrascht hat, ist es vor allem Anaïs Demoustier, die alle Blicke auf sich zieht. Sehr gelungen.
Was soll ich noch sagen? Ach ja, meine 900. Filmkritik auf diesem Blog und noch dazu ein Film von meinem Lieblings-Regisseur. Da kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen und da ist auch ein bisschen Schwärmerei (wie üblich) erlaubt. Bitte auch auf den kleinen Cameo-Auftritt von Ozon (im Kino) achten. Für den Film gibt es, wie könnte es anders sein, eine ganz große Empfehlung von mir. Unbedingt anschauen und verzaubern lassen. Es lohnt sich.
Claire (Anaïs Demoustier) und Laura (Isild De Besco) waren unzertrennliche Freundinnen seit Kindestagen und ihre Freundschaft sollte für "immer und ewig" halten. Sie teilten alles miteinander, die lebenslustige Laura und die eher schüchterne Claire und waren immer füreinander da. Selbst ihre Hochzeiten fanden am gleichen Tag statt. Laura heiratete David (Romain Duris) und Claire heiratete Gilles (Raphaël Personnaz). Als Laura und David ein Baby bekamen, ein Mädchen namens Lucie, wurde Claire selbstverständlich ihre Patentante. Da war Laura schon schwer erkrankt und starb kurze Zeit später. Bei ihrer Trauerfeier versprach Claire, sich immer um Lucie und David kümmern zu wollen.
Was bis hier schon recht umfangreich klingt, erzählt Ozon in nicht einmal acht Minuten, denn diese Vorgeschichte bereitet den Anfang der eigentlichen Handlung vor, die ab da losgeht. Claire ist in ihrer Trauer um Laura gefangen, sie schafft es nicht David und Lucie zu besuchen, weil sie dort alles nur an ihre tote Freundin erinnern würde. Als sie sich doch endlich zu einem Besuch aufrafft, trifft sie im Wohnzimmer des stattlichen Hauses auf eine blonde Frau, die dem Baby gerade sein Fläschchen gibt. Entsetzt erkennt sie David, der eine Perücke trägt und eines von Lauras Kleidern.
David ist bemüht, Claire seine Verkleidung zu erklären. Zuerst tat er es, um das Baby zu beruhigen, das in ihm die vertraute Mutter zu erkennen glaubte, aber eigentlich hatte er schon immer großes Vergnügen daran, sich Frauenkleider anzuziehen. Laura wusste davon, aber während ihrer gemeinsamen Zeit hat David ihre Weiblichkeit gereicht und das Verlangen ließ nach. Nun aber würde er gerne seine weibliche Seite ausleben wollen und mit Lust Kleider tragen, Perücken aufsetzen und sich schminken. Claires anfängliche Bedenken beginnen zu schwinden, sie freundet sich mehr und mehr mit dem Gedanken an und wird für David zur Verbündeten.
Aus David wird Virginia, erst nur im Geheimen, aber dann unternehmen die beiden auch gemeinsame Shoppingtouren im Einkaufszentrum und haben dabei viel Spaß. David/Virginia wird im Laufe der Zeit immer stilsicherer und auch Claire verändert sich. Sie entdeckt ihre eigene Weiblichkeit und ihre Sexualität neu und profitiert davon. Ihr Ehemann Gilles weiß derweil nichts von Davids Geheimnis. Nur durch Zufall erfährt er von einem gemeinsamen Ausflug der beiden ins Landhaus von Lauras Eltern.
Viel mehr will bzw. kann ich hier nicht erzählen, das muss man sich schon selbst anschauen. Es wird auch noch ein bisschen dramatisch, aber es wird auch noch wunderschön und es ergibt sich eine Liebesgeschichte, wie man sie so wohl noch nicht sehr oft in Filmen gesehen hat.
François Ozon liebt das Melodram, die üppigen Bilder, die großen Gefühle, einfach alles was nicht in den Mainstream passt und das ist auch gut so. Wir sehen Häuser und Grundstücke, die nicht der Norm entsprechen und in denen ohne jeden Zweifel auch ein Douglas Sirk-Film spielen könnte. Genau das ist das Anliegen von Ozon, der sich stets das märchenhafte bewahrt und auch auskostet. Sein Film soll nicht die Realität abbilden, sondern seine Sicht der Dinge, wie sie sein könnte. Und das gelingt ihm auch hier wieder grandios. Vergessen wir hier einfach mal alle überflüssigen Gender-Debatten und erfreuen wir uns an einer zauberhaften Liebesgeschichte, die einfach schön, aber nicht unmöglich ist.
Unterlegt ist das alles mit einer sehr gelungenen Musikauswahl und natürlich mit Bildern, die einfach wunderschön sind. Die Besetzung ist traumhaft gewählt, neben Romain Duris, der mich hier doch sehr positiv überrascht hat, ist es vor allem Anaïs Demoustier, die alle Blicke auf sich zieht. Sehr gelungen.
Was soll ich noch sagen? Ach ja, meine 900. Filmkritik auf diesem Blog und noch dazu ein Film von meinem Lieblings-Regisseur. Da kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen und da ist auch ein bisschen Schwärmerei (wie üblich) erlaubt. Bitte auch auf den kleinen Cameo-Auftritt von Ozon (im Kino) achten. Für den Film gibt es, wie könnte es anders sein, eine ganz große Empfehlung von mir. Unbedingt anschauen und verzaubern lassen. Es lohnt sich.
Montag, 21. September 2015
Die Verlobung des Monsieur Hire
"Die Verlobung des Monsieur Hire" - "Monsieur Hire" ist ein Film von Patrice Leconte aus dem Jahr 1989. Das Drehbuch stammt von Patrice Leconte und Patrick Dewolf und beruht auf dem gleichnamigen Roman von Georges Simenon, der 1933 erschienen ist. Die Musik stammt von Michael Nyman.
Monsieur Hire (Michel Blanc) ist ein Eigenbrötler und hat nur wenige soziale Kontakte. Der Schneider arbeitet allein in seinem kleinen Atelier, wo er sich ein paar weiße Mäuse hält, um die er sich liebevoll kümmert. Die Menschen in seiner Umgebung meiden den Außenseiter weitestgehend und die Kinder spielen ihm Streiche. Gelegentlich besucht Monsieur Hire ein Bordell, aber daran hat er nun auch kein Vergnügen mehr.
Seit einiger Zeit lebt die junge Alice (Sandrine Bonnaire) im Haus gegenüber und Monsieur Hire kann von seiner Wohnung aus das Leben der hübschen Frau, die ihn immer mehr fasziniert, beobachten. Da er nie das Licht einschaltet, dauert es lange, bis Alice ihn am Fenster bemerkt. Während eines Gewitters sieht sie das bleiche Gesicht des Mannes und erschrickt. Mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen versucht Alice nun, die Bekanntschaft von Monsieur Hire zu machen. Will sie ihn nur kennenlernen oder will sie wissen, was er in ihrer Wohnung gesehen hat?
Eine junge Frau aus der Nachbarschaft wurde ermordet aufgefunden, im gleichen Alter wie Alice. Es war ein Raubmord und das Opfer hat sich gewehrt, so dass der Täter sie im Affekt getötet hat. Der ermittelnde Inspektor (André Wilms) verdächtigt Monsieur Hire, genau wie die Nachbarn, denen der Sonderling schon immer suspekt war, mit dem musste ja etwas nicht stimmen. Wer so zurückgezogen und ohne Freunde lebt, dem ist schließlich alles zuzutrauen, so die Meinung der Leute. Monsieur Hire jedoch weiß, wer für den Mord verantwortlich ist. Emile (Luc Thullier), Alices Freund, ein junger Mann mit zweifelhaftem Charakter, hat die Handtasche der ermordeten jungen Frau in der Wohnung seiner Freundin versteckt.
Monsieur Hire bietet Alice an, mit ihm zusammen in die Schweiz zu ziehen. Dort hat er ein kleines Haus und sie wären in Sicherheit. Er schenkt ihr eine Fahrkarte und wartet am Bahnhof auf sie, leider vergeblich. Alice hat sich anders entschieden und setzt damit eine Kette von Reaktionen in Gang, die sich nicht mehr aufhalten lässt. Die einzige Liebe im Leben von Monsieur Hire stürzt ihn ins Verderben.
Was für ein wunderbarer kleiner und stiller Film, gerade mal gut 80 Minuten lang. Für mich wirkte das alles ein bisschen aus der Zeit gefallen, der Film hätte auch gut in den sechziger Jahren spielen können. Im Mittelpunkt stehen die sensationellen Darstellerleistungen von Michel Blanc und Sandrine Bonnaire, die absolut authentisch und berührend sind. Besonders Michel Blanc muss hier erwähnt werden, der seinen Part unglaublich gut spielt, fast immer undurchsichtig bleibt und seinen Monsieur Hire mit einer Strenge und Zärtlichkeit ausstattet, dass einem die Worte fehlen. Die wenigen Begegnungen mit Alice sind voll von unterdrückten Gefühlen, die in seinem Inneren brodeln und dabei fast greifbar werden. Fast meint man, auch Alice würde sich zu ihm hingezogen fühlen und vielleicht tut sie das insgeheim auch. Aber leider will die Geschichte ihren handelnden Personen einfach kein Glück gönnen.
Was bleibt, ist eine tragische Lebens- und Liebesgeschichte, die unter die Haut geht, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Ich kann nur eine ganz große Empfehlung aussprechen, es lohnt sich definitiv, diesem Film eine Chance zu geben.
Monsieur Hire (Michel Blanc) ist ein Eigenbrötler und hat nur wenige soziale Kontakte. Der Schneider arbeitet allein in seinem kleinen Atelier, wo er sich ein paar weiße Mäuse hält, um die er sich liebevoll kümmert. Die Menschen in seiner Umgebung meiden den Außenseiter weitestgehend und die Kinder spielen ihm Streiche. Gelegentlich besucht Monsieur Hire ein Bordell, aber daran hat er nun auch kein Vergnügen mehr.
Seit einiger Zeit lebt die junge Alice (Sandrine Bonnaire) im Haus gegenüber und Monsieur Hire kann von seiner Wohnung aus das Leben der hübschen Frau, die ihn immer mehr fasziniert, beobachten. Da er nie das Licht einschaltet, dauert es lange, bis Alice ihn am Fenster bemerkt. Während eines Gewitters sieht sie das bleiche Gesicht des Mannes und erschrickt. Mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen versucht Alice nun, die Bekanntschaft von Monsieur Hire zu machen. Will sie ihn nur kennenlernen oder will sie wissen, was er in ihrer Wohnung gesehen hat?
Eine junge Frau aus der Nachbarschaft wurde ermordet aufgefunden, im gleichen Alter wie Alice. Es war ein Raubmord und das Opfer hat sich gewehrt, so dass der Täter sie im Affekt getötet hat. Der ermittelnde Inspektor (André Wilms) verdächtigt Monsieur Hire, genau wie die Nachbarn, denen der Sonderling schon immer suspekt war, mit dem musste ja etwas nicht stimmen. Wer so zurückgezogen und ohne Freunde lebt, dem ist schließlich alles zuzutrauen, so die Meinung der Leute. Monsieur Hire jedoch weiß, wer für den Mord verantwortlich ist. Emile (Luc Thullier), Alices Freund, ein junger Mann mit zweifelhaftem Charakter, hat die Handtasche der ermordeten jungen Frau in der Wohnung seiner Freundin versteckt.
Monsieur Hire bietet Alice an, mit ihm zusammen in die Schweiz zu ziehen. Dort hat er ein kleines Haus und sie wären in Sicherheit. Er schenkt ihr eine Fahrkarte und wartet am Bahnhof auf sie, leider vergeblich. Alice hat sich anders entschieden und setzt damit eine Kette von Reaktionen in Gang, die sich nicht mehr aufhalten lässt. Die einzige Liebe im Leben von Monsieur Hire stürzt ihn ins Verderben.
Was für ein wunderbarer kleiner und stiller Film, gerade mal gut 80 Minuten lang. Für mich wirkte das alles ein bisschen aus der Zeit gefallen, der Film hätte auch gut in den sechziger Jahren spielen können. Im Mittelpunkt stehen die sensationellen Darstellerleistungen von Michel Blanc und Sandrine Bonnaire, die absolut authentisch und berührend sind. Besonders Michel Blanc muss hier erwähnt werden, der seinen Part unglaublich gut spielt, fast immer undurchsichtig bleibt und seinen Monsieur Hire mit einer Strenge und Zärtlichkeit ausstattet, dass einem die Worte fehlen. Die wenigen Begegnungen mit Alice sind voll von unterdrückten Gefühlen, die in seinem Inneren brodeln und dabei fast greifbar werden. Fast meint man, auch Alice würde sich zu ihm hingezogen fühlen und vielleicht tut sie das insgeheim auch. Aber leider will die Geschichte ihren handelnden Personen einfach kein Glück gönnen.
Was bleibt, ist eine tragische Lebens- und Liebesgeschichte, die unter die Haut geht, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Ich kann nur eine ganz große Empfehlung aussprechen, es lohnt sich definitiv, diesem Film eine Chance zu geben.
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