"L'Enfant" ist ein Film der belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2005 und wurde in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet.
Bruno (Jérémie Renier) und Sonia (Déborah Francois) sind ein junges Paar und leben in einer kleinen tristen Stadt in Belgien. Echte Zukunftsperspektiven gibt es hier nicht und so leben die beiden von Sozialhilfe und halten sich mit Brunos kleinen Gaunereien über Wasser. Aber dann ändert sich die Situation, denn Sonia bekommt ein Kind, den kleinen Jimmy. Als sie aus dem Krankenhaus kommt, hat Bruno kurzzeitig ihre Wohnung untervermietet, um an zusätzliches Geld zu kommen. Für seinen Sohn interessiert er sich nicht, will ihn nicht auf den Arm nehmen und ignoriert ihn größtenteils.
Aus einer Laune heraus verkauft Bruno den kleinen Jimmy an eine Kinderhändlerbande, weil er in ihm nur eine Ware sieht, die man zu Geld machen kann. Als er Sonia davon berichtet, bricht diese zusammen und muss ins Krankenhaus. Bruno kann das Kind zwar wieder zurückbekommen, aber dafür schuldet er der Bande jetzt eine Menge Geld und wird als Warnung erst einmal verprügelt. Der nächste Überfall, den Bruno zusammen mit dem jüngeren Steve (Jérémie Segard) begeht, gelingt nur zum Teil, denn die beiden können zwar eine Handtasche stehlen, werden aber verfolgt und Steve wird sogar von der Polizei gefasst. Zum ersten Mal in seinem Leben übernimmt Bruno nun Verantwortung und stellt sich der Polizei, um Steve zu entlasten. Als er im Gefängnis sitzt, bekommt er Besuch von Sonia und beide brechen in Tränen aus.
Der Film ist trotz allem nicht deprimierend, was ich sehr erstaunlich finde, er ist zwar eigentlich unendlich traurig und doch jederzeit fesselnd, eine ganz bemerkenswerte Leistung. Der Zuschauer wird sofort in die Handlung hineingeworfen und kann Bruno und Sonia erleben, wie sie miteinander herumtollen, das ergaunerte Geld gleich wieder mit vollen Händen ausgeben und sich um nichts wirklich Sorgen machen. Doch zumindest bei Sonia findet durch den kleinen Jimmy ein Umdenken statt, sie kümmert sich liebevoll um ihren Sohn, während Bruno keinen Zugang zu ihm findet.
Bruno ist ein fast unschuldig wirkender dummer Junge, ein kleiner Gauner, den man aber trotzdem lieber in den Arm nehmen möchte, als ihn verdientermaßen abzuwatschen. Hat er irgendwelche moralischen Bedenken, Skrupel oder Gewissensbisse als er seinen Sohn verkauft? Nein, hat er nicht, denn genau das ist sein Leben, alles ist eine Ware und alles hat seinen Preis. Erst spät scheint er zu begreifen, was er wirklich getan hat. Das ist bewegend, berührend und sehr ehrlich von den Dardenne-Brüdern umgesetzt worden.
Die beiden Hauptdarsteller sind absolut großartig in ihren Rollen, wobei besonders Jérémie Renier als Bruno sehr überzeugen kann und dafür sorgt, dass man seine Figur nicht sofort verurteilt. Warum aber diese jungen Menschen, die ja selbst noch fast Kinder sind und kaum für sich selbst sorgen können, unbedingt ein Kind in die Welt setzen müssen, das werde ich persönlich jedenfalls nie begreifen.
Insgesamt gesehen ein sehr empfehlenswerter Film, der unter die Haut geht und nachdenklich macht, aber ohne dabei zu bitter zu werden. Absolut gelungen.
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