Sonntag, 26. Februar 2012

Dame, König, As, Spion

"Dame, König, As, Spion" - "Tinker Tailor Soldier Spy" ist ein Film von Tomas Alfredson aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Bridget O'Connor und Peter Straughan und basiert auf dem gleichnamigen Roman von John le Carré.

Die Handlung spielt Anfang der Siebziger Jahre in London. Control (John Hurt) ist der Chef des Secret Service, intern nur "Circus" genannt. Er ist davon überzeugt, dass es einen Maulwurf in seiner Nähe gibt, der Informationen an die Russen weitergibt, speziell an den geheimnisvollen "Karla", einen russischen Top-Spion, dessen wahre Identität niemand kennt. Einer seiner fünf engsten Mitarbeiter muss der Verräter sein. Da wären also Percy Alleline (Toby Jones), Toby Esterhase (David Dencik), Roy Bland (Ciarán Hinds), Bill Haydon (Colin Firth) und George Smiley (Gary Oldman).

Control vertraut sich dem Agenten Jim Prideaux (Mark Strong) an, den er nach Budapest schickt, weil dort ein General überlaufen will, der den Maulwurf enttarnen kann. Die Sache läuft jedoch schief, Prideaux wird anscheinend erschossen und Control muss den Secret Service zusammen mit George Smiley verlassen. Smiley versucht ein normales Leben zu führen, allerdings ohne jeden Sinn, da sein Leben bisher nur aus seiner Arbeit bestand und Control stirbt.

Ein paar Monate später taucht der junge Agent Ricki Tarr (Tom Hardy) plötzlich aus der Versenkung auf und bestätigt Controls Verdacht bezüglich des Maulwurfs. Der Regierungsmitarbeiter Oliver Lacon (Simon McBurney) reaktiviert daraufhin George Smiley, um intern Ermittlungen zu führen. An Smileys Seite arbeitet der junge Agent Peter Guillam (Benedict Cumberbatch), der einst für die Einsätze von Ricki Tarr zuständig war.

In mühevoller Kleinarbeit versuchen Smiley und Guillam Licht in die Sache zu bringen und kommen immer öfter mit der Operation "Witchcraft" in Berührung, die von hohen Mitarbeitern des Geheimdienstes geleitet wird und noch einige Bedeutung haben wird. Zugleich findet Smiley heraus, dass der Agent Jim Prideaux wieder in England ist und unter einer neuen Identität als Lehrer arbeitet.

Letztendlich wird Smiley klar, dass "Witchcraft" sein eigentliches Ziel ist. Er nutzt seine Kontakte, um dem Verräter eine Falle zu stellen und kann am Ende den Maulwurf entlarven.

Viel mehr kann und will ich hier nicht verraten, denn die Handlung ist so komplex, das muss man wirklich selbst gesehen haben. Ich kann allerdings kaum in Worte fassen, wie sehr mich dieser Film begeistert hat. Was viele Zuschauer für zu langweilig und uninteressant halten, ist in Wirklichkeit ein Film, der kaum besser sein könnte. Wir haben hier einen großartigen Old-School-Agentenfilm aus der Zeit, als es noch keine Handys und ähnlichen technischen Schnickschnack gegeben hat. Hier agieren noch Menschen und keine Technik.

Der Flair der Siebziger Jahre und des Kalten Krieges sind wunderbar eingefangen, es wird geraucht und getrunken wie verrückt und alles passt genau ins Bild. Die Schauspieler sind ein Traum, angefangen bei John Hurt, über den unglaublich guten Gary Oldman, bis hin zu Colin Firth, alle einsame Klasse. Von den jüngeren Darstellern bleiben besonders Tom Hardy und der hübsche Benedict Cumberbatch im Gedächtnis.

Und doch ist alles, was man über diesen Film sagen kann immer noch zu wenig, denn das ist ein wahres Meisterwerk, das man nicht verpassen sollte. Allein schon das sehr zurückgenommene Spiel von Gary Oldman, der hier nur mit seiner Mimik arbeitet und damit mehr ausdrückt, als andere Darsteller je erreichen können, macht diesen Film zu einem Ereignis, das seinesgleichen sucht.

Ganz, ganz große Empfehlung für einen Film, der mich total überzeugt hat. Eine wunderbare Arbeit von Tomas Alfredson ("So finster die Nacht") und seinem Kameramann Hoyte van Hoytema. Bravo! Auch hier möchte ich auch noch auf den Audiokommentar hinweisen, den Tomas Alfredson zusammen mit Gary Oldman spricht. Sehr empfehlenswert.



Yella

"Yella" ist ein Film von Christian Petzold (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2007. Der Film ist eine moderne Interpretation des Horror-Klassikers "Carnival of Souls" - "Tanz der toten Seelen", der im Jahr 1962 unter der Regie von Herk Harvey entstanden ist.

Jetzt wird es allerdings kompliziert, denn wer "Carnival of Souls" kennt, der weiß ab jetzt worum es geht, während alle anderen wahrscheinlich verständnislos den Kopf schütteln. Eine Inhaltsangabe ist deshalb schwierig, aber ich versuche es einfach mal. Christian Petzold bezieht sich hier sehr deutlich auf das sehr gute Original, nur die Rahmengeschichte ist natürlich auf die heutige Zeit bezogen. Der Sturz mit dem Auto von der Brücke und das Entkommen aus dem Wasser sind enthalten, ebenso der Twist zum Schluss.

Yella (Nina Hoss) ist eine junge Frau aus Wittenberge, die von ihrem Mann Ben (Hinnerk Schönemann) getrennt lebt. Bens Firma ist pleite, warum, wieso und weshalb spielt hier keine Rolle. Yella hat Ben verlassen, was von ihm einfach nicht akzeptiert wird, und sich einen neuen Job in Hannover gesucht. Ben überredet Yella, sie zum Bahnhof zu fahren. Zwischendurch wird er mal wieder gewalttätig und steuert das Auto absichtlich über ein Brückengeländer. Der Wagen versinkt im Fluss, doch Yella und schließlich auch Ben können sich an Land retten.

Yella erreicht noch ihren Zug nach Hannover, dort angekommen muss sie aber feststellen, dass ihr Job nicht mehr existiert. In ihrem Hotel lernt sie Philipp (Devid Striesow) kennen, der für eine Private-Equity-Firma arbeitet und sie spontan als Assistentin engagiert, da sie sich mit Bilanzen auskennt. Beide arbeiten erfolgreich zusammen und kommen sich auch privat näher, aber Yella fühlt sich von Ben verfolgt, der immer wieder unerwartet auftaucht.

Zunehmend leidet Yella unter Bewusstseinsstörungen, so verstummen plötzlich immer öfter sämtliche Geräusche um sie herum, während sie Raben krähen hört und das laute Rascheln der Blätter im Wind, ebenso wie das Rauschen von Wasser. Außer ihr scheint das niemand zu bemerken, was sie zusätzlich noch verstört. Yella träumt schon von einer Zukunft mit Philipp, der seine Kunden betrügt und Geld für ein eigenes Projekt zurücklegt. Um ihn dabei zu unterstützen, erpresst sie einen Kunden, der daraufhin Selbstmord begeht. Erst jetzt begreift Yella, was eigentlich mit ihr passiert ist und dass sie ihrem Schicksal nicht entgehen kann. Erneut sitzt sie neben Ben im Auto, während der Wagen in den Fluss stürzt...

Einfach großartig, wie Christian Petzold diesen Film inszeniert hat. Er bleibt der Grundidee von Herk Harveys Film treu und erfindet lediglich den Mittelteil neu. In vielen Filmkritiken wurde der Fokus für mich aber zu sehr auf den Ost-West-Blickpunkt, bzw. die Kapitalismuskritik gelegt. Diese Sicht der Dinge mag zwar nachvollziehbar sein, aber eigentlich spielt das hier nur eine untergeordnete Rolle. Das ist jedenfalls meine Meinung und kann selbstverständlich von jedem Zuschauer anders interpretiert werden.

Die Besetzung ist fantastisch, allein schon wegen Nina Hoss und Devid Striesow lohnt sich der Film. Beide spielen ganz wunderbar und auch die Nebenrollen sind mit Burghart Klaußner, Barbara Auer, Christian Redl und vielen anderen exzellent besetzt.

Insgesamt gesehen ein sehr gelungenes Projekt, das wohl nur leider viel zu unbekannt ist. Schade, denn gute deutsche Filme wie diesen sieht man nicht sehr oft. Unterlegt ist der Film übrigens mit einer schönen Beethoven-Sonate, die hervorragend zu den Bildern und Gefühlen passt. Ganz große Empfehlung für diesen Film und auch für das Original aus dem Jahr 1962. Es lohnt sich.

Samstag, 25. Februar 2012

Angèle und Tony

"Angèle und Tony" ist ein Film von Alix Delaporte (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2010.

Die junge Angèle (Clotilde Hesme) hat gerade zwei Jahre im Gefängnis verbracht und ist nun auf Bewährung raus. Ihr kleiner Sohn Yohan (Antoine Couleau) lebt inzwischen bei seinen Großeltern, die auch das Sorgerecht für ihn beantragen. Angèle zieht in ein kleines Dorf in der Normandie. Sie gibt eine Kontaktanzeige auf, weil sie einen Mann sucht. Einen Mann, den sie heiraten kann, um dann ihren Sohn zu sich holen zu können.

Sie trifft auf Tony (Grégory Gadebois), einen wortkargen und etwas übergewichtigen Fischer, der nach dem Tod seines Vaters wieder bei seiner Mutter Myriam (Evelyne Didi) wohnt. Tony macht sich keine Hoffnungen, bei Angèle landen zu können und auf ihre sexuellen Avancen geht er nicht ein. Gegen den Willen seiner Mutter stellt er sie aber als Verkäuferin ein und nach einigen Anlaufschwierigkeiten macht sich Angèle auch ganz gut. Sie zieht in das Haus ein, auch wenn Myriam noch skeptisch ist.

Nach und nach kommen Angèles Geheimnisse ans Licht, doch sie hat sich inzwischen einen festen Platz im Herzen der Anwesenden erarbeitet und kann mit deren Unterstützung rechnen. Die Beziehung zu Tony wird fester und er will Angèle auch heiraten. Obwohl beide auf den ersten Blick so völlig verschieden wirken, entwickelt sich zwischen ihnen eine starke Vertrautheit. Und auch Yohan kann wieder eine Beziehung zu seiner Mutter aufbauen.

Das ist ein schöner kleiner Film, der nicht vieles erklärt, aber trotzdem irgendwie überzeugen kann. Eigentlich ist das ein kleines Märchen, in dem wenig gesprochen wird, das aber über seine Bilder sehr gut funktioniert. Die raue und schöne Küstenlandschaft spricht hier für sich und nimmt den Zuschauer gefangen. Mir hat es gut gefallen und deshalb lasse ich hier auch jeden kritischen Gedanken beiseite. Manchmal muss man auch so etwas einfach genießen können.

Insgesamt gesehen ein herzerwärmender kleiner Film, der sehr gut gespielt ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Empfehlenswert.
   

All Beauty Must Die

"All Beauty Must Die" - "All Good Things" ist ein Film von Andrew Jarecki aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch stammt von Marcus Hinchey und Marc Smerling und beruht auf einer wahren Begebenheit.

New York City, Anfang der Siebziger Jahre. Sanford Marks (Frank Langella) gehören große Teile des Times Square, die er von seinem Vater geerbt hat. Er selbst ist inzwischen ein millionenschwerer Immobilienmogul, der nur für seine Arbeit lebt. Ganz selbstverständlich erwartet er von seinen beiden Söhnen, ebenfalls in die Firma einzusteigen. Doch David (Ryan Gosling), der ältere Sohn, hat andere Pläne und will mit dem Familienunternehmen nichts zu tun haben.

David lernt die junge und hübsche Katie (Kirsten Dunst) kennen, in die er sich verliebt. Katie stammt aus einer Familie aus der Mittelschicht, was für Sanford Marks unerträglich ist. Doch David und Katie leben ihre Liebe, sie heiraten und ziehen nach Vermont, um dort einen Bioladen zu eröffnen, ein Traum, den sich beide damit erfüllen. Davids Vater setzt seinen Sohn aber immer mehr unter Druck, bis der schließlich nachgibt und das junge Paar zurück nach New York zieht. David steigt gegen seinen eigentlichen Willen in die Firma seines Vaters ein und beginnt sich immer mehr zu verändern.

Zunächst läuft noch alles ganz gut, Katie richtet die Wohnung ein, es fehlt an nichts. Bald legen sich die Beiden ein Wochenendhaus auf dem Land zu, sie geben Partys und scheinen glücklich zu sein. Katie wird schwanger und sie wünscht sich das Kind, aber David lehnt Kinder ab, weil er nicht so werden will wie sein Vater. Er zwingt Katie zu einer Abtreibung, was zu einem ersten Bruch in ihrer Beziehung führt.

Katie flüchtet sich in Drogen, geht wieder zur Schule und will Medizin studieren. David wird immer verschlossener, vermeidet Kontakte mit anderen und neigt zur Gewalttätigkeit. Die Ehe wird zur Hölle. Eines Tages dann, im Jahr 1982, verschwand Katie plötzlich spurlos und wurde nie wieder gesehen...

Der Film geht noch weiter, aber um nicht zu viel zu verraten, höre ich hier lieber auf. Die Handlung konzentriert sich ganz auf das Leben und den Charakter von David, der als kleiner Junge den Selbstmord seiner Mutter mit ansehen musste, was ihn schwer traumatisiert hat. Von seinem Vater hatte er keine Liebe zu erwarten, im Gegenteil, dieser schrieb ihm sogar vor, wie er sein Leben zu führen hat. Derart seelisch verbogen wurde aus David ein Soziopath, den selbst Katies Liebe nicht retten konnte.

Die Besetzung lässt keine Wünsche offen, hier passt alles zusammen. Ryan Gosling ist überragend als David, der immer mehr dem Wahnsinn verfällt. Kirsten Dunst verleiht ihrer Rolle eine gewisse Zartheit und Verletzlichkeit und Frank Langella ist wie üblich der Teufel in Person, gleichzeitig großartig und widerlich. In einer Nebenrolle taucht später noch der wunderbare Philip Baker Hall auf, der den guten Cast vervollständigt.

Insgesamt gesehen ein Film, der sich nicht wirklich einordnen lässt und dessen Handlung sich über mehr als dreißig Jahre erstreckt. Angefangen als Liebesgeschichte, wird daraus ein Thriller und das Psychogramm eines verzweifelten Menschen. Kein einfacher und angenehmer Film, aber durchaus empfehlenswert.

Dienstag, 21. Februar 2012

So finster die Nacht

"So finster die Nacht" - "Lat den rätte komma in" ist ein Film von Tomas Alfredson aus dem Jahr 2008 und beruht auf dem gleichnamigen Roman von John Ajvide Lindqvist, der auch das Drehbuch schrieb.

Die Handlung spielt im Jahr 1982 im Stockholmer Vorort Blackeberg. Der zwölfjährige Oskar (Kare Hedebrant) lebt dort mit seiner Mutter. Oskar ist ein schmächtiger blonder Junge, der von seinen Klassenkameraden stets geärgert und gequält wird. Er traut sich nicht, sich zu wehren, aber er hat insgeheim Gewaltfantasien, in denen er seine Peiniger sehr wohl zur Rechenschaft zieht.

Eines Abends begegnet er auf dem kleinen Spielplatz vor der Siedlung der jungen Eli (Lina Leandersson), die gerade erst vor ein paar Tagen mit dem älteren Hakan (Per Ragnar) in die Nachbarwohnung eingezogen ist. Die beiden Kinder freunden sich zögerlich an, scheinen doch beide Außenseiter zu sein. Eli bestärkt Oskar darin, sich zur Wehr zu setzen und bietet ihm ihre Unterstützung dabei an. Ihre Freundschaft wächst, obwohl beide kaum etwas voneinander wissen.

Eli ist ein Vampir und Hakan sorgt für sie, in dem er Menschen überfällt und deren Blut abzapft, das er dann Eli bringt. Doch Hakan versagt immer öfter und Eli ist gezwungen, allein auf Nahrungssuche zu gehen. Nach Hakans Tod (eine äußerst fiese Angelegenheit) wird der Kontakt zwischen Oskar und Eli noch enger und Oskar muss bald feststellen, um wen es sich bei Eli wirklich handelt. Zugleich steigt die Anzahl der Todesfälle in der Siedlung.

Nachdem Oskar sich erstmals erfolgreich gegen seine Widersacher gewehrt hat, lässt deren Rache nicht lange auf sich warten. Doch dieses Mal kommt ihm Eli zu Hilfe und die Täter werden zu Opfern...

Oskar und Eli verlassen Blackeberg in eine ungewisse Zukunft, aber mit dem starken Gefühl einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Mehr kann man sich nicht wünschen.

Was für ein wunderschöner Film, ich bin absolut begeistert. Kare Hedebrant und Lina Leandersson spielen einfach wunderbar ihre Rollen, das winterliche Schweden ist kalt und unbarmherzig, die Ausstattung und die Wahl der Drehorte sind exzellent, hier passt alles zusammen. Die wenigen wirklich gruseligen und blutigen Szenen wechseln sich ab mit einem zarten und leisen Humor, der einen immer wieder ruhig durchatmen lässt und durchaus auch zum Schmunzeln bringt.

Besonders empfehlen möchte ich hier auch noch den Audiokommentar von Regisseur Tomas Alfredson und Autor John Ajvide Lindqvist, der sehr humorvoll gestaltet ist. Beide sprechen über den Film und seine Entstehung, über liebevolle Details und gegenseitige Kindheitserlebnisse und das mit so viel Liebe und Freude, dass man ihnen sehr gerne zuhört. Ich habe normalerweise nicht so viel mit Audiokommentaren am Hut, aber dieser hier ist wirklich gelungen.

Der deutsche Titel "So finster die Nacht" schießt mal wieder schön am Thema vorbei, denn eigentlich bedeutet der Originaltitel eher "Lass den Richtigen eintreten". Das bezieht sich auf Eli, die eben ein Vampir ist und ein Haus oder eine Wohnung nur betreten kann, wenn sie hereingebeten wird. Was mit ihr passiert, wenn diese Einladung ausbleibt, das ist im Film zu sehen.

Insgesamt gesehen ein wirklich großartiger Film, der sich nicht so sehr mit dem Thema Vampirismus, sondern eher mit einer Coming of Age-Geschichte befasst. Ob Eli jetzt wirklich ein Mädchen oder ein Junge ist, darüber darf spekuliert werden. Im Audiokommentar erfährt man dazu mehr, auch wenn ich das persönlich nicht wirklich wichtig finde. Ein toller Film jedenfalls, ohne Wenn und Aber.

Sonntag, 19. Februar 2012

Restless

"Restless" ist ein Film von Gus Van Sant aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Jason Lew.

Der junge Enoch (Henry Hopper) lebt in einer ruhigen Gegend in Portland und geht gern auf Trauerfeiern ihm unbekannter Personen. Bei einer dieser Feiern lernt er die junge Annabel (Mia Wasikowska) kennen, die er kurze Zeit später wieder trifft. Sie kommen ins Gespräch und sind sich sympathisch, auch weil sie viel verbindet, wie sich schnell herausstellen wird.

Enoch hat vor ein paar Jahren seine Eltern bei einem schweren Verkehrsunfall verloren, er selbst lag danach mehrere Monate im Koma. Nun lebt er bei seiner Tante, geht nicht mehr zur Schule und sein einziger Freund ist Hiroshi (Ryo Kase), ein japanischer Kamikaze-Pilot, der im zweiten Weltkrieg gestorben ist und der ständig in seiner Nähe ist.

Annabel lebt zusammen mit ihrer älteren Schwester und ihrer Mutter. Sie hat einen Gehirntumor und nur noch etwa drei Monate zu leben. Die beiden Außenseiter, die weit abseits aller Konventionen leben, verlieben sich ineinander und wollen die Zeit bis zu Annabels Tod miteinander verbringen, was sich aber als immer schwieriger erweist. Der Tod gehört zum Leben, das mussten beide schon früh erfahren, doch durch Annabel und ihre Liebe zum Leben im Angesicht ihres eigenen Todes, lernt auch Enoch wieder das Leben zu schätzen.

Ein Happy-End wird es hier natürlich nicht geben, das ist ganz klar, aber dafür eine zarte Liebesgeschichte, wie sie schöner nicht sein könnte. Dabei wird es niemals sentimental oder gar rührselig, auch Kitsch hat hier keinen Platz. Stattdessen wird die Geschichte auf ganz bezaubernde Weise gefühlvoll und wunderschön erzählt. Der Tod ist leicht, die Liebe ist schwer, so könnte man das zusammenfassen.

Mia Wasikowska ist absolut hinreißend als Annabel, ich könnte mir hier keine bessere und überzeugendere Schauspielerin vorstellen. Henry Hopper (der Sohn von Dennis Hopper) ist eine wahre Offenbarung als Enoch. Was für eine Entdeckung. Mit seinen wirren blonden Haaren und seinem bezaubernden Auftreten gewinnt er vermutlich sofort alle Herzen. Beide sind als Paar einfach unglaublich schön anzuschauen.

Unterlegt ist der Film mit sehr passender Musik von Danny Elfman und zum Schluss läuft noch der wundervolle Song von Nico "The Fairest of the Seasons", der Gänsehaut erzeugt. Die Kostüme von Danny Glicker sind ein weiteres Highlight, sie sind zum Teil ziemlich altmodisch, passen aber fabelhaft zu den beiden Hauptdarstellern und ihren Rollen.

Insgesamt gesehen ein sehr berührender und rundum gelungener Independentfilm, nicht für ein großes Publikum geeignet, aber ein Fest für Arthouse-Fans. Ganz große Empfehlung.

Easy Money

"Easy Money" - "Snabba Cash" ist ein Film von Daniél Espinosa aus dem Jahr 2010 und beruht auf dem gleichnamigen Roman von Jens Lapidus, der zusammen mit Fredrik Wikström auch das Drehbuch geschrieben hat.

Johan Westlund (Joel Kinnaman), genannt "JW", ist ein junger Student der Wirtschaftswissenschaften in Stockholm, stammt aus einfachen Verhältnissen, umgibt sich aber mit wohlhabenden Freunden, denen er vormacht, zu ihnen zu gehören. Tatsächlich aber finanziert er seinen Lebensstil und sein Studium mit illegalem Taxifahren. Als er sich in die schöne und reiche Sophie verliebt, beschließt er zusammen mit seinem Chef Abdulkarim (Mahmut Suvaki) ins Drogengeschäft einzusteigen, um schnell an Geld zu kommen.

Jorge (Matias Padin Varela) ist gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen. Auch er muss schnell zu Geld kommen, um das Land verlassen zu können. Seine Kontakte sind für Abdulkarim sehr nützlich, also soll sich Johan um Jorge kümmern. Der kann ihn gerade noch vor dem Killer Mrado (Dragomir Mrsic) retten, der ihn im Auftrag der serbischen Mafia fast totschlägt.

Johan, Jorge und Mrado sind die Hauptfiguren, deren Wege sich immer öfter kreuzen. Johan muss bald erkennen, worauf er sich eingelassen hat und in welcher Gefahr er schwebt. Der Traum vom schnellen Geld bleibt ein Traum, denn er ist nur ein Handlanger für seinen Boss und jederzeit ersetzbar. Jorge und Mrado werden mit privaten Problemen konfrontiert, denn Jorges Schwester erwartet ein Kind und wurde gerade von ihrem Freund verlassen und Mrado muss sich plötzlich um seine achtjährige Tochter Lovisa kümmern, deren Mutter sich in eine Drogentherapie begeben hat.

Sie alle hoffen auf den letzten großen Coup, der alles ändern soll und der dann erwartungsgemäß doch nicht so wie geplant über die Bühne geht. Wem kann man hier noch trauen? Wer ist Feind und wer ist Freund? Es wird jedenfalls noch sehr dramatisch.

Optisch ist dieser Film einfach überragend. Die Bilder sind hauptsächlich in kaltes, eisblaues Licht getaucht, was eine ganz spezielle Atmosphäre erzeugt und sehr gelungen ist. Die Handlung ist schon spannend, aber auch etwas vorhersehbar und der Film ist mit 124 Minuten insgesamt zu lang geworden. Empfehlenswert ist er aber trotzdem, weil er einfach gut gespielt ist. Die Darsteller sind durchgehend überzeugend, ohne Frage. Der hübsche blonde Schwedenhappen Joel Kinnaman überzeugt zwar insgesamt mehr durch sein gutes Aussehen, als durch seine Schauspielkunst, aber das ist durchaus in Ordnung so. Schön anzuschauen ist er jedenfalls.

Dieser Film soll der erste Teil einer Trilogie sein, weitere Teile sind in Planung. Geht heute eigentlich gar nichts mehr ohne Fortsetzung? Ich finde das jedenfalls ermüdend. Ach, und ein US-Remake ist auch schon in Planung, welche Überraschung.

Kein Mittel gegen Liebe

"Kein Mittel gegen Liebe" - "A Little Bit of Heaven" ist ein Film von Nicole Kassell aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Gren Wells.

Die hübsche Marley (Kate Hudson) ist eine lebensfrohe junge Frau, arbeitet erfolgreich in einer Werbeagentur, hat viele gute Freunde, ein schickes Apartment usw. Von festen Beziehungen hält sie nichts, da sie - wie sich später noch herausstellen wird - die Trennung ihrer Eltern nie verwunden hat. Also genießt sie ihr Leben als Single, ohne dabei etwas zu vermissen.

Als sie sich etwas schlapp fühlt und zu einer Untersuchung ins Krankenhaus geht, wird sie mit der Diagnose Krebs im Endstadium konfrontiert. Ihr behandelnder Arzt ist der junge Julian (Gael Garcia Bernal), ein schüchterner Mann, der sich gleich zu seiner neuen Patientin hingezogen fühlt. Beide verlieben sich ineinander und wollen den Kampf gegen den Krebs aufnehmen, auch wenn es kaum Hoffnung gibt. Doch wenn man erstmal die wahre Liebe getroffen hat, dann stirbt es sich doch auch gleich viel schöner, oder nicht?

Kurz zusammengefasst: Rette sich wer kann. Diese Schmonzette ist von Anfang bis Ende so verlogen, überflüssig und kitschig, dass man schon vom Zusehen Magenkrämpfe bekommt. Gael Garcia Bernal sollte in Zukunft besser aufpassen, welche Rollen er annimmt, denn für diesen Quark hier ist er viel zu gut. Was für eine Verschwendung von Talent. Das kann man von Kate Hudson allerdings nicht behaupten, denn die ist lediglich hübsch, sehr blond und wird (ebenso wie ihre Mutter) in ihrem ganzen Leben höchstens zwei oder drei anspruchsvolle Rollen spielen können und den Rest in so oberflächlichen Filmen wie diesem hier verbringen. Außerdem ist ihre ständige "Gute-Laune-Masche" nach spätestens fünf Minuten nicht mehr zu ertragen.

Mal abgesehen von den beiden Hauptdarstellern, zwischen denen es übrigens kein bisschen knistert, können zumindest die Nebendarsteller zum Teil überzeugen. Zu sehen sind unter anderem Lucy Punch, Kathy Bates, Whoopi Goldberg, Treat Williams und Steven Weber.

Insgesamt gesehen natürlich keine Empfehlung von mir für diesen Mist, sondern der gutgemeinte Rat, einen großen Bogen um diesen Film zu machen.

Sonntag, 12. Februar 2012

Djinns

"Djinns" ist ein Film von Sandra und Hugues Martin (beide Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2010.

Die Handlung spielt 1960, zur Zeit des Algerienkrieges. In der algerischen Wüste ist ein Militärflugzeug abgestürzt. Eine kleine Gruppe von französischen Soldaten wird ausgesandt, das Flugzeug, eventuelle Überlebende und einen wertvollen Koffer mit vertraulichem Inhalt zu finden. Unter den Soldaten befindet sich der junge Michel (Grégoire Leprince-Ringuet) als Kriegsberichterstatter.

Das Flugzeug wird bald ausfindig gemacht, die Passagiere sind alle tot, aber der Koffer ist unversehrt. Kurz darauf werden die Soldaten von ein paar algerischen Kämpfern angegriffen, müssen einen Sandsturm überstehen und finden Schutz in einem abgelegenen Dorf. Der wahre Horror steht ihnen allerdings erst noch bevor, denn die "Djinns" sind ihnen auf den Fersen, ein längst vergessenes Volk, deren Ruhe sie gestört haben und das nun Rache nimmt.

Die "Djinns" sind geisterhafte Gestalten, die für die meisten Menschen unsichtbar bleiben und die den Soldaten nach und nach den Verstand rauben. Immer mehr gehen sich die Männer gegenseitig an den Hals, nur Michel kann die Geister sehen und erfährt von der Wächterin des Dorfes ihre Geschichte. Michel ist dazu auserkoren, der neue Wächter zu werden, während die anderen fast alle ihr Leben lassen müssen.

Am Ende wird dann auch noch das Geheimnis des Koffers enthüllt, aber das erfahren nur diejenigen, die bis dahin nicht längst eingeschlafen sind...

Schade, eine eigentlich gute Geschichte wird hier total in den Sand gesetzt, im wahrsten Sinne des Wortes. Übrig bleibt nur ein leider ziemlich langweiliger Film, der nur durch den niedlichen Grégoire Leprince-Ringuet erträglich wird und eine wesentlich straffere Dramaturgie verdient hätte. Ich habe gefühlte zwanzig Pausen eingelegt, um das überhaupt durchzustehen. Die gut 100 Minuten Film ziehen sich unglaublich in die Länge.

Empfehlenswert ist das leider nicht, auch wenn die Optik stimmt und die Darsteller gar nicht so schlecht sind. Der Ansatz ist gut, das Ergebnis aber eher nicht.

Montag, 6. Februar 2012

Lieb mich! Gay Shorts Volume 3

"Lieb mich! Gay Shorts Volume 3" ist eine Sammlung von acht schwulen Kurzfilmen und ist bei Pro-Fun Media erschienen.

Die acht Filme sind durchgehend sehenswert und decken eine große Bandbreite an Gefühlen und Stimmungen ab. Vielfach geht es auch um traurige Themen, wie Tod, Verlust oder Trennungen. Ebenso kommen unerfüllte Leidenschaften ins Spiel oder auch einfache Gespräche, wie die jungen Männer mit ihrem Schwulsein umgehen, wie die Familien auf ihr Coming Out reagieren und wie sie selbst ihre Liebe und ihr Leben empfinden. Was denken sie über Beziehungen, wie sind ihre sexuellen Erfahrungen und noch vieles mehr.

Sehr schön fand ich den einzigen deutschen Beitrag "Hinterbliebene" von Alexander Pfeuffer (Regie und Drehbuch) mit Maximilian Giertler und Peter Prager in den Hauptrollen. Eine traurige kleine Geschichte, die wirklich gut gespielt ist.

Marco Berger, Regisseur und Autor von "Plan B" und "Ausente" geht hier mit "El Reloj" an den Start, ein unaufdringlicher Beitrag, der von der zarten Annäherung zweier junger Männer erzählt, die sich zueinander hingezogen fühlen, aber doch nicht zusammenkommen, weil die Umstände es nicht zulassen. Das mag aber vielleicht nicht das Ende der Geschichte sein.

Die letzte und vielleicht beste Geschichte auf dieser DVD stammt von Regisseur Michael J. Saul, dessen Kurzfilmsammlung "Crush" ich persönlich ganz furchtbar und dilettantisch fand. Hier aber überzeugt er mit "Go Go Reject", einem wunderbaren kleinen Film über einen jungen Mann (Heath Daniels), der unbedingt Tänzer werden will, weil "Flashdance" sein Lieblingsfilm ist und er so tanzen will wie Jennifer Beals. Ein Traum für den er alles gibt und ein Film, der wie ein zauberhaftes Märchen wirkt. Ganz große Klasse.

Nach den anderen sieben Filmen, die teilweise etwas bedrückend sind, entlässt "Go Go Reject" den Zuschauer mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Voller Schwung und Humor, mit einem entzückenden Hauptdarsteller und toller Musik, die einem direkt in die Beine geht.

Insgesamt gesehen eine sehr sehenswerte Sammlung, die ich nur empfehlen kann. Es lohnt sich. Kleine Schwächen hier und da gibt es natürlich auch, aber die positiven Eindrücke überwiegen auf jeden Fall.

Sonntag, 5. Februar 2012

Fright Night (Remake)

"Fright Night" ist ein Film von Craig Gillespie aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Marti Noxon und Tom Holland, dem Regisseur und Autor der Vorlage "Fright Night" aus dem Jahr 1985.

Mal wieder ein Remake, gähn. Okay, so schlimm ist es auch wieder nicht, die Geschichte ist ganz nett erzählt, aber hat mit der ursprünglichen Story nicht mehr viel gemeinsam.

In einem Vorort von Las Vegas lebt der junge Charley (Anton Yelchin) zusammen mit seiner Mutter Jane (Toni Collette). Seine Freundin ist die hübsche Amy (Imogen Poots) und sein bester Freund ist der eher langweilige Ed (Christopher Mintz-Plasse). Ed macht Charley darauf aufmerksam, dass immer mehr Schüler in der Schule fehlen und dass Charleys neuer Nachbar Jerry (Colin Farrell) ein Vampir ist und Menschen tötet. Charley glaubt Ed natürlich kein Wort, bis er selbst, nachdem auch Ed verschwunden ist, dem geheimnisvollen Vampir auf die Schliche kommt.

Dummerweise hat Charleys Mutter ein Auge auf Jerry geworfen und hört nicht auf ihren Sohn, bis es fast zu spät ist und Jerry Jagd auf sie macht. Einen Angriff können sie gerade noch abwehren, doch Jane landet im Krankenhaus und Charley muss sich Hilfe besorgen. Der Magier Peter Vincent (David Tennant) gilt als Vampir-Experte, entpuppt sich aber leider als Säufer und Großmaul, der Charley zunächst nicht weiterhelfen kann und will. Erst später entschließt sich Peter, den Kampf gegen Jerry aufzunehmen, der einst seine Eltern getötet hat.

Es kommt zu einem gewaltigen und blutigem Showdown, in dem jeder versucht, seine Haut zu retten. Charley gelingt es letztendlich, sich selbst und Amy zu retten, während Jerry zur Hölle fährt.

Insgesamt gesehen ist der Film gar nicht schlecht, nur leider hat er nicht den Charme des Originals. Was einst eine hübsche Horrorkomödie war, ist hier nur ein durchschnittlicher Horrorfilm geworden. Es gibt wesentlich mehr Blut und Gruselszenen zu sehen, aber dafür weniger Humor. Colin Farrell ist sehr sehenswert als Vampir, aber ich liebe doch das Original immer noch mehr. Chris Sarandon, der einst den Vampir so verdammt sexy verkörpert hat, ist hier noch in einer kleinen Rolle zu bewundern, aber ansonsten ist die Besetzung eher mau geraten. Toni Collette hat kaum etwas zu tun und Anton Yelchin als Charley bleibt sogar so blass, dass ich ihn sofort wieder vergessen habe.

Also insgesamt gesehen "Fright Night" für eine jüngere Generation, denen das bessere Original zu langweilig ist. Jedem das Seine, aber für Fans bitte doch die alte Fassung "Fright Night" (Original), die wesentlich mehr Atmosphäre und Ausstrahlung hat.

Cairo Time

"Cairo Time" ist ein Film von Ruba Nadda (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2009.

Die Amerikanerin Juliette (Patricia Clarkson), eine Frau um die Fünfzig, kommt nach Kairo, um dort Urlaub zu machen und ihren Mann Mark (Tom McCamus) zu treffen, der für die UN tätig ist. Mark wird jedoch aufgehalten und schickt seinen früheren Kollegen Tareq (Alexander Siddig) zum Flughafen, um Juliette abzuholen.

Tareq, ein äußerst attraktiver Ägypter, ist bereits im Ruhestand und betreibt ein Café in Kairo. Juliette fühlt sich gleich wohl in seiner Nähe und wird ihn auch bald schon wiedersehen, da Mark in Gaza aufgehalten wird und sich seine Ankunft dadurch verzögert. Zunächst versucht Juliette die Stadt allein zu erkunden, was nicht ohne Probleme verläuft, da die zwar nicht mehr junge, aber schöne blonde Frau überall auffällt und die Männer anlockt. Ihr offenes Haar und ihre Kleidung stehen in krassem Widerspruch zu den ägyptischen Frauen und ihrem öffentlichen Auftreten.

Schließlich wendet sich Juliette an Tareq und er wird ihr Begleiter. Beide sind sich sehr sympathisch und verbringen gerne ihre Zeit zusammen. Es entwickelt sich beinahe eine zarte Liebesgeschichte, ohne dass je etwas zwischen ihnen geschieht. Gemeinsam fahren sie zu einer Hochzeitsfeier nach Alexandria und als sie wieder nach Kairo kommen, ist Mark endlich angekommen. Tareq zieht sich zurück und Juliette und Mark feiern ihr Wiedersehen.

Was sich hier noch so ganz nett anhört, ist in Wirklichkeit eine platte Aneinanderreihung von Kitsch und Klischees. Es wird nichts ausgelassen, Postkartenansichten von Ägypten in jeder Form, Pyramiden, Sonnenuntergänge, Nilfahrten, Kaffeehäuser, alles ganz wundervoll in Szene gesetzt. Das wahre Leben findet hier keinen Platz, dafür ist alles viel zu nett und schön. Das ist zwar insgesamt schon etwas befremdlich, weil hier ein ganz falsches Bild vermittelt wird, aber damit könnte man noch leben.

Richtig ärgerlich ist allerdings die Darstellung der Juliette, die sich hier als Dummchen zeigen muss und anscheinend keine Ahnung zu haben scheint, wie man sich in einem fremden Land verhält. Als reife Frau, die Chefredakteurin einer Zeitschrift ist und deren Mann bei der UN tätig ist, sollte man ihr schon eine gewisse Intelligenz unterstellen. Aber allein schon ihr Versuch, allein mit dem Bus nach Gaza zu fahren, lässt einem die Haare zu Berge stehen. Von ihren Auftritten in kurzen Sommerkleidchen in der Stadt will ich hier gar nicht erst reden.

Ihre Begegnungen mit einheimischen Frauen und Kindern, die sie alle "so beautiful" findet, haben mir den Rest gegeben. Den ganzen Film über fiel ich nur von einer Ohnmacht in die nächste. Wie weltfremd kann man überhaupt sein? Für wen ist dieser Schrott eigentlich gedacht? Wahrscheinlich für Frauen der Generation 50+, denen man wohl alles verkaufen kann, solange eine sülzige Liebesgeschichte dabei ist. Mir ist jedenfalls nur übel geworden, obwohl auch ich langsam aber sicher auf diese Zielgruppe zugehe. Gottseidank ist mein Geschmack ein anderer und Filme wie diesen vergesse ich ganz schnell wieder.

An den Darstellern gibt es indes nichts auszusetzen, Patricia Clarkson ist wunderbar anzuschauen und übersteht diesen Schrott mit Würde und Alexander Siddig ist ebenfalls ein Gewinn. Beiden wäre aber ein besserer Film zu wünschen, für diesen hier sind sie um Klassen zu gut. Insgesamt gesehen natürlich keine Empfehlung von mir, sondern der gutgemeinte Rat, einen weiten Bogen um dieses "Kunstwerk" zu machen.

Prick Up Your Ears

"Prick Up Your Ears" - "Das stürmische Leben des Joe Orton" ist ein Film von Stephen Frears aus dem Jahr 1987. Das Drehbuch stammt von Alan Bennett und basiert auf der Biografie von John Lahr.

Der Film handelt von Joe Orton (Gary Oldman), einem erfolgreichen britischen Dramatiker, der von seinem Liebhaber Kenneth Halliwell (Alfred Molina) am 9. August 1967 erschlagen wurde. Halliwell nahm sich anschließend mit Tabletten das Leben. Das war das Ende einer zunehmend schwierigen, sechzehn Jahre andauernden Beziehung zwischen Orton und dem acht Jahre älteren Halliwell.

Kennengelernt haben sich die beiden auf der Schauspielschule. Da beiden wenig Talent zugesprochen wurde, verlegten sie sich auf das Schreiben von Stücken. Halliwell war dabei der Lehrer von Orton, der aus eher einfachen Familienverhältnissen stammte. Trotz allem wurden die Stücke ein großer Erfolg für Joe Orton, während Kenneth Halliwell immer nur die zweite Geige spielte und übersehen wurde.

Eifersüchtig verfolgte Halliwell den Erfolg seines Partners und musste immer öfter mit ansehen, als sein "Assistent" in den Hintergrund gedrängt zu werden. Da ihm seiner Meinung nach der gleiche Ruhm zustand, aber nicht gegeben wurde, entwickelte sich bei Halliwell eine schwere psychische Störung, die letztendlich zur Tragödie führte. Nach einem gemeinsamen Urlaub in Marokko war die Beziehung erneut angespannt und Halliwell hat seinen Freund Joe Orton schließlich im Schlaf erschlagen.

Als Agentin von Joe Orton ist hier noch die wunderbare Vanessa Redgrave zu sehen. Insgesamt sind die Schauspieler hier alle wirklich großartig, Gary Oldman, Alfred Molina und eben auch Vanessa Redgrave. Ein sehr toller Film, leider nicht in deutscher Fassung zu haben, sondern nur als UK-Version. Trotzdem sehr empfehlenswert und fabelhaft inszeniert. Alfred Molina ist übrigens wie immer herausragend als Halliwell und sehr beeindruckend. Beide überzeugen als exzentrisches Liebespaar, wobei der exzentrischere Part hier definitiv Alfred Molina gehört, der als Kenneth Halliwell voller Selbstzweifel und Unsicherheiten steckt.

Der junge Gary Oldman kann hier in einer seiner ersten Rollen sehr überzeugen, wie auch später noch in vielen anderen Rollen. Inzwischen ist er in seinen reiferen Jahren immer noch sehr sehenswert, verirrt sich zwar auch mal in merkwürdige Filme, bleibt aber stets immer noch er selbst. So modelt er im Januar 2012 mal eben sehr bemerkenswert bei der Mailänder Fashion Week für PRADA und wurde erstmals Oscarnominiert für seine Rolle als George Smiley in "Tinker, Tailor, Soldier, Spy" - "Dame, König, As, Spion". Dazu demnächst mehr.