Sonntag, 27. September 2015

Bullhead

"Bullhead" - "Rundskop" ist ein Film von Michaël R. Roskam (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und das Langfilmdebüt des Belgiers.

Die Handlung beginnt als Krimi, die Polizei ist hinter der 'Hormonmafia' her, die florierende Geschäfte betreibt. Es geht um illegalen Fleischhandel und den verbotenen Einsatz von Hormonpräparaten in der Viehzucht. Daneben wird auch der Konflikt der Einwohner Belgiens untereinander angesprochen, nämlich zwischen den Bewohnern des Nordens, den Flamen, und den Bewohnern des Südens, den Wallonen. Nicht nur, dass man sich nicht mag, man versteht sich auch nicht, denn der Norden spricht niederländisch, der Süden aber französisch.

Das ist aber nur die Rahmenhandlung, die irgendwann auch nicht mehr so wichtig ist. Vielmehr geht es hier um den jungen Viehzüchter Jacky Vanmarsenille (Matthias Schoenaerts), der in der Provinz Limburg lebt. Er betreibt seinen Hof zusammen mit seinem Bruder Stieve (Kristof Renson), der dort mit seiner Familie lebt. Jacky ist ein Außenseiter, ein wortkarger Mensch, der sich aber durch seine imposante Statur Respekt verschafft. Schon früh wird der Zuschauer Zeuge, wie Jacky seinen Körper selbst mit Hormonen und Testosteron behandelt und diese Mittel nicht nur seinen Rindern spritzt.

Schon in seiner Kindheit hat Jacky von seinem Vater gelernt, das Vieh mit den entsprechenden Präparaten zu versorgen, um den Profit zu steigern. Ganz selbstverständlich hat er das übernommen und fortgeführt. Zusammen mit seinem Onkel Eddy (Jean-Marie LeSuisse) und dem befreundeten Veterinär Sam (Frank Lammers) führt er seine Geschäfte aus.

Sam will neue Kontakte knüpfen und in ein Geschäft mit Wallonen einsteigen, was Jacky jedoch missfällt. Gerade erst wurde ein Polizist ermordet, der gegen die Fleischmafia ermittelt hat. Zur gleichen Zeit taucht in Jackys Umfeld sein früherer Jugendfreund Diederik (Jeroen Perceval) auf, der als heimlicher Informant für die Polizei arbeitet. Die beiden ehemaligen Freunde haben sich seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen und Diederiks Auftauchen bedeutet für Jacky die Wiederkehr schmerzhafter Erinnerungen, die nun nicht mehr unterdrückt werden können.

Jacky fährt nach Lüttich, um Kontakt zu Lucia (Jeanne Dandoy) aufzunehmen, die dort eine Parfümerie betreibt. In Lucia hatte er sich zwanzig Jahre zuvor verliebt, diese aber nie angesprochen. Sein linkisches Auftreten verunsichert die junge Frau, die in dem bulligen Mann aber nicht den Jungen von früher erkennt. Währenddessen ermittelt die Polizei weiter und durch Zufall gerät Jacky ins Visier der Beamten. Diederik erkennt die Situation und will seinen Freund retten, aber dafür ist es längst schon zu spät. Jacky weiß, dass er nichts mehr zu verlieren hat und versucht erneut, sich Lucia anzunähern. Die Katastrophe lässt sich jedoch schon nicht mehr aufhalten.

Wow, was für ein Film. Wer ihn bereits gesehen hat, der weiß wovon ich rede. Ich habe hier auch ganz bewusst die tragische Geschichte in Jackys Kindheit unerwähnt gelassen, um die Spannung nicht zu verderben. Der Vorfall wird zwar schon im ersten Drittel des Films gezeigt, ist aber dennoch von enormer Sprengkraft und erklärt das tragische Leben und Leiden Jackys genauer und verdeutlicht gleichzeitig, wie er zu dem wurde, der er heute ist.

Die Darstellung von Matthias Schoenaerts lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen, er haut den Zuschauer glatt um. Immer wieder wird er halbnackt in seinem Badezimmer gezeigt, wo er seinen massigen Körper trainiert und sich mit Hormonpräparaten versorgt. Sein trauriges Gesicht nimmt einen dabei gefangen, weil man mit ihm mitleidet. Seine unerfüllte Suche nach Liebe und Zuneigung, nach einem normalen Leben, brennt sich ein. Ich habe selten etwas so Berührendes gesehen.

Kameramann Nicolas Karakatsanis hat großartige Bilder eingefangen und damit eine Atmosphäre geschaffen, die unter die Haut geht. Die Landschaft ist gleichzeitig schön und trist und passt ganz wunderbar zur Handlung. Insgesamt gesehen ist der Film natürlich schwere Kost und nicht für einen netten Filmabend geeignet, aber manchmal muss so etwas auch genau so sein: Ein Film, der nachwirkt und den man so schnell nicht wieder vergisst. Das ist dem Regisseur hier definitiv gelungen.

Von mir gibt es auf jeden Fall eine ganz große Empfehlung, es lohnt sich. Matthias Schoenaerts ist für mich persönlich die Entdeckung des Jahres und gerade in dieser Rolle absolut sehenswert.

      

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