Sonntag, 1. Februar 2015

Lilting

"Lilting" ist ein Film von Hong Khaou (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2014 und gleichzeitig sein Langfilmdebüt.

In einem Seniorenheim in London lebt die verwitwete Junn (Pei-pei Cheng), eine Chinesin mit kambodschanischen Wurzeln, die zwar seit fast dreißig Jahren in England lebt, aber die Sprache nie gelernt hat. Ihr Sohn Kai (Andrew Leung) hat sich immer um alles gekümmert und sie schließlich in dem Seniorenheim untergebracht, wollte sie aber zu sich holen, wenn er eine größere Wohnung gefunden hat.

Doch plötzlich ist Kai tot, gestorben bei einem Verkehrsunfall und Junn bleibt allein zurück, auch wenn sie in ihren Tagträumen immer und immer wieder die letzte Begegnung mit ihrem Sohn wiederholt. An diesem Tag wollte Kai endlich seinen ganzen Mut zusammennehmen und ihr erklären, dass sein Freund und Mitbewohner Richard (Ben Whishaw) auch sein Lebensgefährte ist und das schon seit vier Jahren.

Richard besucht Junn, die ihn nicht mag und das auch nicht versteckt. Weil er mit Kai zusammengelebt hat, konnte sie nicht bei ihrem Sohn leben, das verzeiht sie ihm nicht. Wie tief das Verhältnis der beiden jungen Männer war, das weiß sie nicht oder will es nicht wissen. Aus Liebe zu seinem verstorbenen Geliebten möchte sich Richard um Junn kümmern, doch beide können sich nicht verständigen und die alte Frau ist äußerst abweisend.

Junn hat im Seniorenheim eine kleine Liebelei mit Alan (Peter Bowles) angefangen, der ebenfalls dort lebt. Auch diese beiden sprechen nicht die gleiche Sprache, scheinen aber glücklich miteinander zu sein. Richard engagiert die junge Vann (Naomi Christie), die als Übersetzerin tätig wird und Junn und Alan zur Seite steht. Doch die gerade erst aufkeimende Liebe bekommt Risse, je mehr beide voneinander erfahren. Wortlos waren sie scheinbar glücklicher.

Auch Richard versucht durch Vann, näher zu Junn vorzudringen und ihr von seinen Gefühlen für Kai zu erzählen. Beide sind gefangen in ihrer Trauer um den geliebten Menschen und müssen erst langsam lernen, den Verlust zu akzeptieren und sich gegenseitig zu respektieren und zu verstehen, auch ohne Worte.

Nein, das ist kein Wohlfühlfilm und das will er auch gar nicht sein. Hong Khaou verzichtet bewusst auf jeden Kitsch und erzählt seinen wunderbaren Film ganz ehrlich. Tränen fließen dabei auch, nicht nur bei den Beteiligten, sondern auch beim Zuschauer. Das liegt in erster Linie an Ben Whishaw, der so in seiner Rolle aufgeht, dass es wirklich herzzerreißend ist. Mich hat er hier jedenfalls absolut gepackt, auch wenn ich ihm bisher nicht wirklich viel abgewinnen konnte. Respekt für diese Darstellung.

Auch die anderen Schauspieler muss man einfach loben, dieser kleine, fast schon kammerspielartige Film ist ein wahres Highlight, das man nicht verpassen sollte. Unterlegt mit sehr zurückhaltender Musik und ausgestattet mit schönen Bildern kann ich diesen Film nur sehr empfehlen. Kamerafrau war hier übrigens Urszula Pontikos, die schon in Andrew Haighs "Weekend" mit ihrer Arbeit überzeugen konnte.

Insgesamt gesehen ein wirklich schöner und sehr berührender Film. Auf weitere Werke von Hong Khaou darf man gespannt sein. Ganz große Empfehlung.
  

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