"Laurence Anyways" ist ein Film von Xavier Dolan (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2012. Hier haben wir nun also den dritten Spielfilm des jungen Kanadiers Xavier Dolan, der bereits mit seinen ersten beiden Filmen begeistern konnte. Das gelingt ihm auch hier wieder mit leichter Hand und wer sich auf den Film einlässt und genug Ruhe und Zeit mitbringt, der wird mit einer Geschichte belohnt, die unter die Haut geht.
Laurence (Melvil Poupaud) ist Mitte Dreißig, beliebter Lehrer und angehender Schriftsteller. Seit längerer Zeit schon lebt er mit der unkonventionellen Fred (Suzanne Clément) zusammen und für beide ist es die große Liebe. Die Geschichte beginnt im Jahr 1989, als Laurence seiner Freundin überraschend mitteilt, zukünftig als Frau leben zu wollen. Schon als Kind habe er gespürt, im falschen Körper geboren zu sein und nun will er endlich auch in der Öffentlichkeit als Frau leben.
Fred ist zunächst geschockt, aber schließlich will sie Laurence nach Kräften unterstützen, weil sie ihn bedingungslos liebt. Doch die Reaktionen in ihrem Umfeld hinterlassen deutliche Spuren und während Laurence seinen Weg tapfer bestreitet, bricht Fred unter der Last zusammen. Er wird immer stärker in seinem Auftreten als Frau und Fred verliert sich gleichzeitig immer mehr. Sie driften auseinander.
Der Film schildert das Leben von Laurence und Fred über einen Zeitraum von zehn Jahren. Aufhänger ist ein Interview, das Laurence einer Journalistin gibt und das immer wieder eingestreut wird. Die Beziehung zu Fred ging in die Brüche, manchmal sind sie sich jahrelang nicht begegnet, aber die Anziehung zwischen ihnen ist stets geblieben. Fred hat geheiratet und einen Sohn bekommen und Laurence konnte sich als Schriftsteller etablieren.
Im Laufe der Jahre konnte Laurence auch das angespannte Verhältnis zu seiner Mutter (Nathalie Baye) klären, die sich selbst erst aus ihrer unglücklichen Ehe retten musste, um Laurence als "Tochter" akzeptieren zu können.
Für ein paar Tage kommen Laurence und Fred wieder zusammen, aber der Trip endet im Streit. Sie lieben sich zwar noch, aber die Zeit hat beide verändert. Einige Jahre später treffen sich beide in einer Bar, Fred hat ihren Mann verlassen und Laurence hat ein neues Buch veröffentlicht. Die oberflächliche Unterhaltung zwischen ihnen stößt allerdings bald an ihre Grenzen, weil beide merken, dass der frühere Zauber endgültig verflogen ist. Getrennt verlassen sie die Bar, es gibt keine Gemeinsamkeiten mehr.
Xavier Dolan erzählt diese Liebesgeschichte rund um das Thema Transsexualität in gut 160 Minuten und erweist sich erneut als großes und vielversprechendes Talent. Die Ausstattung ist perfekt, die Achtziger und Neunziger Jahre leben hier wieder auf und auch der Soundtrack ist sehr erlesen. Die Musik muss sowieso besonders erwähnt werden, denn Dolan unterlegt damit seine großartigen Bilder und sorgt dadurch mehrfach für Gänsehaut.
Suzanne Clément ist als Fred bestens besetzt und Melvil Poupaud, für den ich sowieso eine Schwäche habe, überzeugt in seiner Rolle zu jeder Zeit. Seine Veränderung zur Frau ist ein optisches Highlight. Nicht nur die Frisur, auch das Make-Up wird immer perfekter. Sehr gut gelungen.
Insgesamt gesehen ein absolut atemberaubendes Filmereignis, das viele Zuschauer verdient hat, auch wenn sich wahrscheinlich nicht viele darauf einlassen können. Ich freue mich jedenfalls auf weitere Filme von Xavier Dolan. Sehr empfehlenswert.
1 Kommentar:
Vielen Dank für die Filmkritik, mir hat "Laurence Anyways" auch sehr gut gefallen. Vor allem hat der Film eine atemberaubende Visualität, wenn es zum Beispiel plötzlich im Wohnzimmer regnet (mehr dazu hier: http://www.leselink.de/filme/liebesfilm/laurence-anyways.html ). Von mir auch eine absolute Empfehlung!
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