Montag, 28. Juli 2014

Wer mich liebt, nimmt den Zug

"Wer mich liebt, nimmt den Zug" - "Ceux qui m'aiment prendront le train" ist ein Film von Patrice Chéreau aus dem Jahr 1998. Das Drehbuch schrieb Chéreau zusammen mit Danièle Thompson und Pierre Trividic. Für die wunderbaren Bilder sorgte Kameramann Éric Gautier.

Der Pariser Maler Jean-Baptiste Emmerich (Jean-Louis Trintignant) ist im Alter von 70 Jahren gestorben. Begraben werden möchte er in seiner ungeliebten Heimatstadt Limoges und alle seine Freunde, Bekannten und Verwandten machen sich deshalb mit dem Zug auf den Weg, so wie es der Verstorbene gewünscht hat. Der Sarg mit seinen sterblichen Überresten wird von seinem ehemaligen Pfleger Thierry (Roschdy Zem) mit dem Auto dorthin überführt.

Während der Zugfahrt brechen zwischen den Reisenden diverse Konflikte auf, die teilweise schon jahrelang unter der Oberfläche schwelten und nun in der Enge des Zuges verstärkt ans Licht kommen. Es gibt Eifersüchteleien, Neid, Missgunst, Liebe und Hass, alles ganz nah beieinander, denn hier kann keiner dem anderen wirklich entkommen. Jean-Baptiste selbst hat durch seine exzentrische Art schon zu Lebzeiten für Unruhe und Unfrieden gesorgt, das scheint sich über seinen Tod hinaus zu bewahren. Nach der Beerdigung auf dem Friedhof von Limoges, der mehr "Einwohner" haben soll, als die Stadt selbst, treffen sich alle im Haus von Lucien (Jean-Louis Trintignant), dem Zwillingsbruder des Verstorbenen wieder und die verbalen Kämpfe gehen unvermittelt weiter.

Das Aufeinandertreffen dieser Menschen bringt viele Probleme ans Tageslicht. Beleidigungen und Verleumdungen werden ausgesprochen, es geht aber auch um unausgesprochene Liebe, Lügen, Enttäuschungen und Hoffnungen.

Da gibt es unter anderem das frisch getrennte Paar Claire (Valeria Bruni Tedeschi) und Jean-Marie (Charles Berling), das noch nicht endgültig miteinander fertig ist, sowie Francois (Pascal Greggory), der mit seinem jüngeren Geliebten Louis (Bruno Todeschini) anreist, welcher sich noch im Zug in den jungen Bruno (Sylvain Jacques) verguckt, der allerdings auch ein Geheimnis in sich trägt, bis hin zur geheimnisvollen Viviane (Vincent Perez), die im Haus auftaucht und für eine Überraschung sorgt.

Der Film ist mit großartiger Musik unterlegt und lebt vor allen Dingen von den fabelhaften Schauspielern, die diese rund 120 Minuten Film mit Leben erfüllen und dem Zuschauer ein intimes Kammerspiel der besonderen Art präsentieren. Der erste Teil spielt im Zug, dann ein Zwischenspiel auf dem Friedhof, bis zum letzten großen Akt im Familiensitz der Familie Emmerich. Trotz dieser zwei Stunden Laufzeit treten keine wirklichen Längen auf, wenn man sich auf den Film einlassen kann. Das ist aber wie üblich die Grundvoraussetzung, sonst wird das nichts. Hier wird eben hauptsächlich geredet, Action gibt es nicht. Ich vermute allerdings, es gibt genug Zuschauer, die das verstehen und auch zu schätzen wissen.

Ein wirklich großartiger Film von Patrice Chéreau, der sowohl beim Film, wie auch am Theater zu Hause war und der leider am 7. Oktober 2013 verstorben ist. Seine Filme sind brillant, wenn auch oft speziell, aber immer faszinierend. Sein früher Tod ist ein großer Verlust. Es wäre schön, wenn seine Werke auch hier in Deutschland einfacher zu bekommen wären, als immer nur über Importe. Dieser Film verfügt nur über die deutsche Synchronisation und die französische Originalfassung. Ich hätte den so gerne mit deutschen Untertiteln...

Wie auch immer, ganz große Empfehlung für einen grandiosen Film mit hinreißenden Schauspielern.


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