Samstag, 17. Mai 2014

Atmen

"Atmen" ist ein Film von Karl Markovics (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und gleichzeitig sein Regiedebüt. Kameramann war hier Martin Gschlacht.

Die Hauptfigur ist der neunzehnjährige Roman Kogler (Thomas Schubert), der eine fünfjährige Haftstrafe in einer Jugendstrafanstalt verbüßt. Der schweigsame und scheue junge Mann steht kurz vor einer Anhörung, durch die er aus der Haft entlassen werden könnte, doch will er das auch wirklich? Der Zuschauer erfährt nur langsam, was eigentlich mit Roman los ist, warum er im Alter von nur vierzehn Jahren verurteilt wurde und wie seine Vorgeschichte ist. Man muss sich hier auf eine sehr ruhig erzählte Geschichte einlassen, die aber immer dichter wird, je mehr man über Romans Leben erfährt.

Romans Mutter (Karin Lischka) übergab ihren Sohn noch als Baby dem Jugendamt und verschwand aus seinem Leben. In Kinder- und Jugendheimen aufgewachsen, ohne eine feste Bezugsperson, ist aus Roman ein Einzelgänger geworden, der sich nicht in der Gesellschaft auskennt. Die Aussicht auf ein Leben in Freiheit macht ihm Angst. Sein Bewährungshelfer Walter Fakler (Gerhard Liebmann) fordert ihn auf, sich eine Anstellung zu besorgen. Mit wenig Interesse bewirbt er sich bei der Bestattung Wien und wird angenommen. Was nach einem völligen Fehlschlag klingt, wird für Roman die Chance seines Lebens, denn im Umgang mit den Toten und den zuerst noch unfreundlichen Kollegen, wird aus dem schüchternen jungen Mann ein freier Mensch, der sich endlich seiner Vergangenheit stellen kann.

Roman begibt sich auf die Suche nach seiner Mutter. Er will von ihr wissen, warum sie ihn weggegeben hat. Ihre Antworten auf seine Fragen machen Roman klar, was in seinem Leben falsch gelaufen ist und erklären sein Handeln. Endlich kann er verstehen was passiert ist, warum er manchmal keine Luft bekommt und mit diesem Wissen seine Zukunft planen.

Ich will hier nicht weiter ins Detail gehen, dazu ist der Film viel zu gut, das muss sich jeder interessierte Zuschauer selbst ansehen. In ruhigen und unaufgeregten Bildern erzählt Karl Markovics hier die Geschichte eines jungen Mannes, die zu Herzen geht und fesselt. Kameramann Martin Gschlacht findet dafür wunderbare Bilder, die unter die Haut gehen.

Der junge Thomas Schubert ist grandios in seiner Rolle, er spricht zwar kaum, aber er kann allein durch Blicke seiner Figur eine enorme Tiefe verleihen. Was für eine Leistung, sehr außergewöhnlich und bemerkenswert. Neben den anderen wirklich guten Darstellern möchte ich noch besonders den wie immer unvergleichlichen Georg Friedrich erwähnen, der hier als Arbeitskollege Rudolf Kienast erst ein ziemliches Ekel ist und sich später als wahrer Freund erweist. Niemand kann das so gut darstellen wie er.

Also wer auf Action verzichten kann und Lust auf einen sehr guten Film hat, bitte sehr. "Atmen" ist für mich einer der besten Filme der letzten Jahre und ein weiterer Beweis dafür, dass Österreich wirklich begnadete Filmemacher hat. Ganz große Empfehlung.

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