Sonntag, 11. Mai 2014

Les Salauds

"Les Salauds" - "Bastards" ist ein Film von Claire Denis aus dem Jahr 2013. Das Drehbuch schrieb Denis zusammen mit Jean-Pol Fargeau. Kamerafrau war hier erneut Agnès Godard und der fabelhafte Soundtrack stammt wie so oft von den "Tindersticks".

Marco Silvestri (Vincent Lindon) fährt als Kapitän über die Weltmeere, seine familiären Verbindungen hat er hinter sich gelassen. Da erreicht ihn ein dringender Anruf seiner Schwester Sandra (Julie Bataille) aus Paris. Ihr Mann Jacques (Laurent Grévill) hat sich das Leben genommen, der Familienbetrieb ist am Ende und ihre Tochter Justine (Lola Créton) liegt nach einem schweren sexuellen Missbrauch in der Klinik und spricht nicht mehr. Sandra beschuldigt den reichen Industriellen Edouard Laporte (Michel Subor) am Untergang des Familienunternehmens schuld zu sein, beweisen kann sie es aber nicht. Marco versucht erfolglos, sich ein Bild von den Umständen zu machen. Wohin er auch blickt, es wird alles immer schlimmer, als er es erwartet hatte.

Er mietet sich eine Wohnung in dem Haus, in dem auch Raphaëlle (Chiara Mastroianni), die aktuelle Geliebte des wesentlich älteren Laporte, mit ihrem kleinen Sohn lebt. Joseph ist der Sohn von Laporte und er und seine Mutter werden von diesem großzügig versorgt. Marco beginnt eine Affäre mit Raphaëlle, was Laporte natürlich nicht verborgen bleibt.

Um seine Schwester finanziell zu unterstützen, macht Marco alles zu Geld, was er besitzt, doch auch das reicht nicht, um wirklich zu helfen. Nach und nach bekommt Marco eine Ahnung, wie es tatsächlich um seine Familie steht, auch wenn Sandra sich immer noch sehr bedeckt hält und ihrem Bruder eine Mitschuld an der Tragödie gibt, weil er sich nicht um sie gekümmert hat.

Der sexuelle Missbrauch an Justine und ihre schweren Verletzungen davon ergeben langsam ein Bild, das man lieber nicht gesehen hätte. Eine alte Scheune auf dem Land bildet den Hintergrund für einen Sex-Ring, in dem neben der Familie von Marcos Schwester auch Laporte eine Rolle zu spielen scheint. Laporte selbst ist unangreifbar und hat für alles seine Leute, die die Drecksarbeit für ihn erledigen. Er weiß, wer Marco ist und dass dieser ihn für seine Taten verantwortlich machen will. Um ihn aufzuhalten, nimmt er Raphaëlle den Sohn weg, was zu einer weiteren Tragödie führt.

Dieser Film ist nichts für schwache Nerven, auch wenn er sehr leise und bedächtig daherkommt. Wer hier allerdings Action erwartet, der ist garantiert im falschen Film. Das Grauen entsteht im Kopf, während man die fabelhaften Bilder von Agnès Godard auf sich wirken lässt. Die Stimmung ist düster und bedrohlich, es wird nicht viel gesprochen und auch nicht alles erklärt, muss es aber auch gar nicht. Wenn mit den letzten, unter die Haut gehenden Bildern der Song "Put your love in me" von den "Tindersticks" einsetzt, schnappt man als Zuschauer automatisch nach Luft, weil man nicht glauben will, was man dort sieht. Der Film wirkt noch lange nach, ebenso wie der hypnotische Soundtrack.

Die Schauspieler sind exzellent, allen voran der fabelhafte Vincent Lindon als schweigsamer Rächer ohne wirklichen Plan, die schöne Chiara Mastroianni als Geliebte und der großartige Michel Subor als Verkörperung des Bösen. In den Nebenrollen tummeln sich mit Alex Descas und Grégoire Colin alte Bekannte aus früheren Filmen von Claire Denis, die wie immer sehr sehenswert sind.

Ein moderner Film Noir, dessen Bilder man nicht so schnell aus dem Kopf bekommt und damit meine ich nicht nur den Blick auf einen am Boden liegenden blutigen Maiskolben, der einen Schaudern lässt. Claire Denis gehört zu den besten französischen Regisseurinnen die es gibt, doch leider sind ihre Filme in Deutschland nicht so bekannt und auch nur schwer zu bekommen. "Les Salauds" habe ich mir in der französischen Originalfassung mit englischen Untertiteln auf DVD gekauft, ob er irgendwann auch mit deutschen Untertiteln zu haben sein wird, halte ich für fraglich. Schade, hier sperrt man das interessierte Publikum gleich wieder aus, bzw. überlässt es sich selbst, den Film irgendwie zu beschaffen. Mehr Aufmerksamkeit hätten die Filme von Claire Denis auf jeden Fall verdient. Ganz große Empfehlung.


Keine Kommentare: