"Tabu - Eine Geschichte von Liebe und Schuld" ist ein Film von Miguel Gomes aus dem Jahr 2012. Das Drehbuch schrieb Gomes zusammen mit Mariana Ricardo.
Am Anfang ist die Rede von einem melancholischen Krokodil und wer sich hier schon unbehaglich fühlt, der hat noch Zeit zu gehen. Aber eigentlich ist alles ganz anders, ein trauriger Mann läuft durch Afrika, seine geliebte Frau ist gestorben und ihn hält nichts mehr am Leben. So geht er in den Fluss, wo das Krokodil schon auf ihn wartet. Später, so erfährt man, wird das Krokodil zusammen mit der verstorbenen Frau zu sehen sein, sie sitzen einträchtig nebeneinander. Doch das ist nur ein Film, den sich Pilar (Teresa Madruga) im Kino anschaut.
So beginnt der erste Teil des Films, der mit "Das verlorene Paradies" überschrieben ist. Pilar lebt in Lissabon, Tür an Tür mit der alten Aurora (Laura Soveral), die mit ihrer farbigen Haushälterin Santa (Isabel Cardoso) zusammen lebt. Pilar ist sozial engagiert und kümmert sich auch um ihre Nachbarin, die gerne ihr Geld im Spielcasino ausgibt und nur selten Besuch von ihrer einzigen Tochter bekommt. Die alte Frau ist zunehmend verwirrt, verdächtigt ihre Haushälterin, sie zu verhexen und sucht Hilfe bei Pilar.
Als Aurora ins Krankenhaus eingeliefert wird und im Sterben liegt, bittet sie Pilar darum, einen Mann namens Gian Luca Ventura (Henrique Espirito Santo) zu benachrichtigen. Sie verstirbt jedoch, bevor Gian Luca sie erreichen kann. Der alte Mann hat aber eine Geschichte zu erzählen, der Pilar und Santa gespannt zuhören und die direkt in den zweiten Teil des Films übergeht. "Aurora hatte eine Farm in Afrika, am Fuße des Monte Tabu".
"Das Paradies" spielt in Afrika, Ende der Fünfziger Jahre in der Kolonialzeit. Die junge Aurora (Ana Moreira) lebt sorglos in den Tag hinein und muss sich nach dem Tod ihres Vaters allein um die Farm kümmern. Sie sucht sich einen stattlichen Ehemann (Ivo Müller) aus, der ihr zwar haufenweise Geschenke macht, aber oft abwesend ist. Eines der Geschenke ist ein kleines Krokodil, das später noch oft eine Rolle spielen wird. Aurora lernt den jungen und sehr attraktiven Abenteurer Gian Luca Ventura (Carloto Cotta) kennen und zwischen ihnen entsteht eine Liebesbeziehung die auch andauert, als Aurora von ihrem Ehemann bereits schwanger ist.
Obwohl Aurora und Gian Luca sich für Monate trennen, bleibt ihre verbotene Liebe bestehen. Die inzwischen hochschwangere Aurora will mit ihrem Geliebten fliehen, doch auf ihrer Flucht stellt sich ihnen ein Freund von Gian Luca in den Weg. Aurora bringt ein Mädchen zur Welt und ein Mann ist zu beklagen, dessen Tod alles ändern wird. Aurora und Gian Luca müssen sich trennen und werden sich niemals wiedersehen.
Der Film ist komplett in Schwarz-Weiß gedreht, was hier sehr gut passt. Der zweite Teil läuft dann auch noch als Stummfilm, in dem nur Geräusche zu hören sind, aber keine Dialoge. Die Stimme des alten Gian Luca erzählt die Geschichte, die man als Zuschauer verfolgen kann. Dieses Melodram erinnert nicht nur vom Titel her an Friedrich Wilhelm Murnaus letzten Film "Tabu" aus dem Jahr 1931. Auch hier ist die exotische Kulisse Schauplatz einer tragischen Liebe, die nicht sein darf. Wer Murnaus Film nicht kennt, dem sei auch dieser sehr empfohlen. Doch bleiben wir bei dem Film von Miguel Gomes, der sich nicht scheut, ungewöhnliche Stilmittel aufzugreifen und damit sehr überzeugen kann.
Was soll ich sagen? Kein Film für jeden Geschmack, aber ein echtes Highlight. Viel gewagt und viel gewonnen. Schön, dass es so etwas noch gibt. Sehr empfehlenswert.
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