Sonntag, 31. August 2014

The Wolves of Kromer

"The Wolves of Kromer" ist ein Film von Will Gould aus dem Jahr 1998. Das Drehbuch stammt von Charles Lambert und Matthew Read und basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Charles Lambert.

Die Stimme eines Erzählers (Boy George) führt in die Geschichte ein: In den Wäldern rund um das kleine Dorf Kromer lebten einst zwei junge Wölfe namens Gabriel (James Layton) und Seth (Lee Williams), die sich ineinander verliebt hatten. Der junge Seth haderte noch mit seinem Wolfsein, für ihn war das alles noch neu und er hatte sich gerade erst vor seiner Familie geoutet. Der erfahrenere Gabriel nahm Seth unter seine Fittiche und sorgte für ihn. Beide hatten keinen Kontakt mehr zu ihren Familien, sie lebten als Ausgestoßene im Wald und die Menschen fürchteten sich vor ihnen, obwohl von ihnen keine Gefahr ausging.

Die alte und biestige Jungfer Fanny (Rita Davies) plante derweil, ihre kranke und vermögende Herrin Mrs. Drax (Rosemarie Dunham) zu vergiften, um sich ihr Erbe unter den Nagel zu reißen. Ihre ebenso verschlagene alte Freundin Doreen (Margaret Towner) half ihr dabei. Wenn sie nicht gerade Gemeinheiten austauschten, sabberten die beiden alten Schachteln dem örtlichen Priester (Kevin Moore) hinterher, der allerdings auch so seine Geheimnisse hatte.

Als es Mrs. Drax schlechter ging, erschien ihr Sohn Mark (David Prescott) zusammen mit seiner Frau Mary (Angharad Rees) und seinen beiden Kindern Polly (Leila Lloyd-Evelyn) und Kester (Mathew Dean), die überhaupt nicht davon angetan waren, in dieser Einöde gestrandet zu sein. Fanny und Doreen holten nun zum finalen Schlag aus und sorgten für das Ableben von Mrs. Drax, aber sie stellten es so dar, dass man die Wölfe für die Täter hielt.

Während Gabriel und Seth gerade einen Streit hatten und Seth ihre Beziehung überdenken musste, tat sich die Dorfgemeinschaft zusammen, um gemeinsam auf Wolfsjagd zu gehen, angeführt vom scheinheiligen Priester, der jedoch viel lieber an dem jungen Kester herumgeknabbert hätte. Kester konnte sich immer wieder den Übergriffen entziehen, er haderte auch mit der Entscheidung, Jagd auf die Wölfe zu machen. Er konnte nichts Böses an ihnen erkennen, aber die Bewohner des Dorfes waren nicht mehr aufzuhalten.

In einer verlassenen Kirche kommt es zum Showdown zwischen Gabriel, Seth und dem heuchlerischen Priester. Aber ist das schon das Ende der Geschichte? Nein, denn im Himmel kann man ja auch tanzen und so läuft dann auch "Spirit in the Sky" zum Abspann.

Natürlich wird die Botschaft dieses Films hier so ein bisschen mit der Keule verteilt, aber es gibt ja immer noch genug Holzköpfe, die auch das nicht kapieren. Es heißt, man müsse sich vor den "Wölfen" schützen und sie würden Krankheiten verbreiten, das darf dann jeder gerne für sich interpretieren. Ich mag diesen Film sehr, er ist toll gespielt, wenn auch leider viel zu unbekannt. Die beiden "Wölfe" James Layton und Lee Williams sind jedenfalls hübsch anzuschauen in ihren kuscheligen Felljacken und machen ihre Sache trotz fehlender Schauspielerfahrung sehr gut.

Insgesamt gesehen ein kleiner, aber feiner Film, den ich nur absolut empfehlen kann. Es lohnt sich.


Samstag, 30. August 2014

Vendredi soir

"Vendredi soir" ist ein Film von Claire Denis aus dem Jahr 2002. Das Drehbuch schrieb Denis zusammen mit Emmanuèle Bernheim. Kamerafrau war hier erneut Agnès Godard.

Ein Freitagabend in Paris. Laure (Valérie Lemercier) löst ihre Wohnung auf und packt alle ihre Sachen in Umzugskartons. Am nächsten Tag wird sie zu ihrem Freund und in dessen Wohnung ziehen. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt und man fühlt, dass Laure etwas unsicher ist. Der Abschied von ihrer Wohnung und dem Mietshaus fällt ihr schwer. Ist die Entscheidung für ein neues Leben wirklich richtig, gibt es eventuell einen Weg zurück?

Nachdem die Kartons gepackt sind, macht sich Laure auf zu einem Abendessen bei Freunden. Doch an diesem Abend herrscht in Paris ein Verkehrschaos, weil der öffentliche Personen-Nahverkehr streikt. Die Straßen sind überfüllt mit Autos und es geht höchstens schrittweise voran. Die Nachrichten im Radio wiederholen sich immer wieder und es wird empfohlen Anhalter mitzunehmen, die sonst in der Kälte nur zu Fuß unterwegs wären.

Da klopft Jean (Vincent Lindon) an die Seitenscheibe von Laures Auto und bittet darum, einsteigen zu dürfen. Sie lässt ihn herein und das ist der Beginn einer außergewöhnlichen Nacht, mit der keiner von ihnen gerechnet hat. Lange Zeit noch werden sie im Stau stehen, bevor sich endlich wieder etwas bewegt. Laure ruft von einer Telefonzelle aus ihre Freundin an und teilt ihr mit, nicht zum Abendessen erscheinen zu können. Nun hat sie kein festes Ziel mehr für diese Nacht, aber mit Jean einen Mann an ihrer Seite, der sie immer mehr elektrisiert.

Laure und Jean lassen sich fast wortlos durch die Nacht treiben und nehmen sich schließlich ein Hotelzimmer. Es wird kaum geredet, aber die Anziehung zwischen ihnen ist spürbar. Noch einmal werden sie das Zimmer verlassen, um etwas zu essen, aber dann verbringen sie eine leidenschaftliche Nacht zusammen. Am nächsten Morgen verlässt Laure das Hotel und den schlafenden Jean und läuft durch die Straßen von Paris. Wohin ihr Weg sie führen mag? Wer weiß das schon...

Mal wieder ein wunderbarer Film von Claire Denis, den es hierzulande nicht gibt und den ich mir deswegen im französischen Original mit englischen Untertiteln besorgt habe. Immerhin besser als nichts. Ist das deutsche Publikum aber wirklich nicht bereit für die Filme dieser herausragenden Regisseurin? Gut, in diesem Fall will ich mal nachsichtig sein, der ist wirklich nichts für jeden Geschmack, weil sich die meisten Zuschauer hier wohl tatsächlich langweilen dürften. Muss aber gar nicht sein, denn Claire Denis und Agnès Godard liefern hier wunderbare Bilder einer verzauberten Nacht, in der eigentlich sehr viel passiert, wenn man seine Augen und Sinne offen hat und auch Kleinigkeiten erkennen kann.

Auf jeden Fall sind Valérie Lemercier und Vincent Lindon toll besetzt und fesseln den Zuschauer von Beginn an mit ihrer Darstellung. Man ist ihnen ganz nahe und das in wirklich jeder Szene. Hervorragend gespielt. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich ein größeres Publikum für die Filme von Claire Denis begeistern könnte.

Mittwoch, 27. August 2014

Tom à la ferme

"Tom à la ferme" ist ein Film von Xavier Dolan aus dem Jahr 2013. Das Drehbuch schrieb Dolan zusammen mit Michel Marc Bouchard, dem Autor des gleichnamigen Theaterstücks. Xavier Dolan selbst ist hier nicht nur als Regisseur und Drehbuchautor tätig, sondern auch als Produzent und Hauptdarsteller und zuständig für den Schnitt und die Kostüme. Dies ist sein vierter Spielfilm und wie man aus der Vergangenheit weiß, meistert er diese Aufgaben perfekt. Die Musik stammt von Gabriel Yared, der Kameramann war André Turpin.

Der Mittzwanziger Tom (Xavier Dolan) kommt aus Montreal nach Québec aufs Land, um an der Beerdigung seines Lebensgefährten Guillaume teilzunehmen. Auf dem Hof von Guillaumes Familie trifft er zunächst auf dessen Mutter Agathe (Lise Roy), die nichts von Tom weiß und anscheinend noch nicht einmal etwas von der Homosexualität ihres Sohnes wusste. Agathe lebt dort zusammen mit ihrem anderen Sohn Francis (Pierre-Yves Cardinal), dem älteren Bruder von Guillaume, den dieser aber nie erwähnt hat. Tom gibt sich Agathe gegenüber lediglich als Freund und Kollege Guillaumes aus und wird noch in der ersten Nacht von Francis brutal dazu genötigt, auch bei dieser Version zu bleiben.

Der Mutter wird weiter vorgelogen, Guillaume hätte eine feste Freundin gehabt, seine Kollegin Sarah (Evelyne Brochu), die aber natürlich nicht zur Trauerfeier erscheint. Agathe ist deswegen außer sich. Aus gutem Grund kann Tom seine geplante Trauerrede nicht halten, um sich nicht zu verraten. Agathe erweist sich als sehr verständnisvoll, während Francis zunehmend die Nerven verliert. Die Fassade soll erhalten werden und Tom wird gezwungen, seinen Aufenthalt auf der abgelegenen Farm zu verlängern. Er schlüpft sozusagen in die Rolle seines verstorbenen Geliebten und nimmt dessen Platz in der Familie ein. Doch unter der Oberfläche brodelt es gewaltig, denn Francis erweist sich immer mehr als brutaler Zeitgenosse, dessen Verhältnis zu Tom zwischen Ablehnung und Zuneigung schwankt.

Tom muss einiges einstecken, doch eine Flucht kommt für ihn zunächst noch nicht in Frage. Er findet Gefallen an dem Familien- und Landleben und scheinbar auch an den Erniedrigungen durch Francis. Die beiden Männer kommen sich gefährlich nahe, es entwickelt sich ein perfides Spiel zwischen ihnen. Doch dann erscheint die ahnungslose Sarah, von Tom herbeigerufen, und die Situation wird explosiv.

Francis hat inzwischen das Auto von Tom zerlegt, Agathe reagiert gereizt auf die gefühllose Freundin ihres verstorbenen Sohnes und Tom erfährt im Ort, warum Francis überall ausgegrenzt wird. Nun wird es höchste Zeit, die Farm zu verlassen.

Xavier Dolan hat diesen Film nach seinem vorherigen Drama "Laurence Anyways" als leichte Fingerübung für zwischendurch und in sehr kurzer Zeit gedreht. Herausgekommen ist erneut ein ausgesprochen sehenswerter und sehr spezieller Film, der den Zuschauer von Beginn an packt. Die Atmosphäre ist perfekt eingefangen, die Bilder der Landschaft um den Hof der Familie sind grandios. Bei aller Beschaulichkeit spürt man die latente Bedrohung in jedem Bild, auch wenn sie sich nicht wirklich fassen lässt.

Die Schauspieler sind exzellent, neben Xavier Dolan, der hier erneut sein Können zeigt, sind es vor allen Dingen Lise Roy als verzweifelte Mutter, die wohl mehr weiß, als sie zugibt, als auch Pierre-Yves Cardinal als brutaler und grobschlächtiger Bruder, die vollkommen überzeugen können. Sie alle sind wunderbar anzuschauen und verleihen ihren Rollen echtes Leben.

Die Bilder sind ebenfalls wunderbar, die Weite des Landes, die heftigen Auseinandersetzungen zwischen Tom und Francis, sowie ein Tango der beiden Männer in einer leeren Scheune. Mitunter reine Poesie, aber auch immer kraftvoll und irgendwie bedrohlich. Muss man selbst sehen, das kann man nicht in Worte fassen.

"Tom à la ferme" ist ein Film, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Noch ein Wort zum Titel, überall wird der Film unter diesem auch vertrieben, sei es dann auch in der jeweiligen Landessprache, wie z. B. als "Tom at the Farm". In Deutschland läuft er aber als "Sag nicht, wer du bist!". Wieso eigentlich?  Soll das mehr Zuschauer anlocken? Ich finde diese Entscheidung ziemlich albern, den Film aber nicht, der ist sensationell. Ganz große Empfehlung.


Montag, 18. August 2014

Nordsee ist Mordsee

"Nordsee ist Mordsee" ist ein Film von Hark Bohm (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1976.

In Hamburg-Wilhelmsburg lebt der 14-jährige Uwe (Uwe Bohm, damals noch Uwe Enkelmann) zusammen mit seinen Eltern in einer Hochhaussiedlung. Seine Mutter (Herma Koehn) ist Kassiererin in einem Supermarkt und sein Vater (Marquard Bohm) arbeitet im Hafen, ist meistens betrunken und dann auch gewalttätig. Die meisten Prügel muss Uwe einstecken, aber auch seine Mutter bleibt nicht davon verschont. Stark fühlt sich Uwe nur in seiner Clique, deren Anführer er ist. Hier verschafft er sich Respekt, knackt Automaten und gibt den großen Boss.

Die kleine Gruppe von großmäuligen Jungs und Mädchen hat Spaß daran, andere zu schikanieren, wie z. B. den gleichaltrigen Asiaten Dschingis (Dschingis Bowakow), der zusammen mit seiner Mutter (Katja Bowakow) ebenfalls in der Siedlung wohnt und nur als "Schlitzauge" bezeichnet wird. Er ist für die Gang ein willkommenes Opfer und wird ständig von ihnen drangsaliert.

Nachdem die Gruppe erfolgreich einen Geldspielautomaten geknackt hat, verschwindet Uwe mit den erbeuteten Münzen, um sich davon ein Springmesser zu kaufen. Den anderen erzählt er später, sein Vater hätte das Geld bei ihm entdeckt und einkassiert. Zur gleichen Zeit findet Uwe heraus, dass sich Dschingis ein Floß gebaut hat. Um von sich selbst abzulenken, lenkt er die Aufmerksamkeit der Bande auf das Floß, das von diesen daraufhin zerstört wird. Als Dschingis das bemerkt, geht er auf die Gruppe los, die schnell das Weite sucht. Uwe unterliegt Dschingis bei einem Zweikampf und wird von ihm gezwungen, das Floß zu reparieren.

Am nächsten Tag muss Uwe vor seiner Gang unbedingt wieder den starken Macker markieren, um seine Stellung nicht zu gefährden und klaut ein Auto. Die kurze Spritztour endet allerdings äußerst unsanft, da ihn die Polizei einsammelt und zu seinem Vater nach Hause bringt, der ihn gleich wieder verprügelt. Daraufhin verbündet sich Uwe mit Dschingis und beide wollen von zu Hause abhauen. Sie lassen das Floß zu Wasser, aber damit kommen sie nicht weit. Erst mit einem gestohlenen Segelboot schaffen sie es, auf der Elbe zu bestehen. Doch das ist noch nicht das Ende ihrer Reise, sondern erst der Anfang. Wie es weitergeht? Wer weiß das schon...

Was für ein toller Film, auch heute noch. Ganz ehrlich, der hat die Zeit sehr gut überdauert und fesselt immer noch. Eine schöne Geschichte über Freundschaft und Abenteuer, aber auch über die Kraft, Gegensätze zu überwinden und Freundschaften zu schließen, die man so nicht erwartet hätte. Davon kann man gerade in der heutigen Zeit oft nur träumen, leider.

Für Uwe Bohm war das der erste Film und der Beginn einer großartigen Karriere, sowohl beim Film, als auch beim Theater. Ich sehe ihn immer gerne, solche guten Darsteller wie ihn gibt es leider viel zu selten. Neben ihm glänzen vor allen Dingen der junge Dschingis Bowakow und Marquard Bohm, der Bruder von Hark Bohm, als brutaler Vater. Auf ihn werde ich demnächst noch näher eingehen. Hier ist er extrem fies dargestellt, was perfekt zur Rolle passt, aber da gab es noch andere Rollen, die ihn in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

"Nordsee ist Mordsee" ist auf jeden Fall ein Film, der auch heute noch sehr gut funktioniert, egal wie alt er ist. Meine Empfehlung: Unbedingt anschauen!

Samstag, 16. August 2014

Nordstrand

"Nordstrand" ist ein Film von Florian Eichinger (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2013.

Nach langer Zeit treffen sich die beiden Brüder Marten (Martin Schleiß) und Volker (Daniel Michel) im Haus ihrer Eltern an der Nordsee wieder. Viele Jahre lang hatten sie kaum Kontakt, doch nun verbringen sie ein Wochenende zusammen, auf Wunsch von Marten. Der ist auch die treibende Kraft, denn Volker ist nicht wirklich gerne hier. Das Haus ist seit vielen Jahren unbewohnt, die alten Möbel sind aber immer noch da.

Marten fängt erstmal an zu putzen, hat aber eigentlich ein anderes Anliegen an Volker. Sie sollen wieder eine Familie sein, das ist sein Wunsch. In ein paar Wochen wird ihre Mutter aus dem Gefängnis entlassen, dann soll das Familienleben wieder aufgenommen werden. In kurzen Rückblenden wird nur angedeutet, was damals passiert ist. Der Vater von Marten und Volker war ein gewalttätiger Mann und hat besonders den jüngeren Volker drangsaliert. Marten hat immer noch Schuldgefühle, weil er seinem kleinen Bruder nicht helfen konnte. Die Mutter hat lange Zeit weggesehen, bis sie ihren Mann eines Tages umgebracht hat.

Der gesundheitlich angeschlagene Marten will sich mit seinem Bruder versöhnen, der jedoch will nur sein Elternhaus möglichst schnell verkaufen und alles hinter sich lassen. Er trifft auf seine Jugendliebe Enna (Luise Berndt), die inzwischen verheiratet und Mutter ist. Wären die Dinge früher anders gelaufen, dann hätte aus ihnen ein Paar werden können, so aber bleibt nur die Erinnerung an alte Zeiten.

Das Wochenende vergeht und Marten bemüht sich nach Kräften, einen Kontakt zu Volker herstellen zu können, aber der igelt sich ein und gibt sich spröde. Werden die Brüder sich wieder näher kommen, trotz aller Konflikte?

Das Ende ist offen und es werden praktisch keine Fragen geklärt. Das ist ja nicht weiter schlimm, ich persönlich finde es gut, als Zuschauer auch gefordert zu werden und mir eigene Gedanken zu machen. Hier wird das allerdings schon zu sehr ausgereizt, weil einfach zu viele Dinge gar nicht erst erwähnt werden. Was genau ist denn damals geschehen und warum? Wie lange ist das alles her? Das ist mir alles viel zu schwammig.

Hinzu kommt, und das ist mein größter Kritikpunkt, dass man außer dem Geschnaufe und Gerotze der Hauptdarsteller kaum etwas von den Dialogen versteht, die die beiden vor sich hin murmeln. Soll das jetzt irgendwie authentisch wirken? Sorry, aber mich hat das nur extrem genervt. Die Geschichte an sich klingt ja durchaus interessant, sonst hätte ich mir den Film nicht ausgeliehen, aber die Umsetzung war gar nicht mein Fall.

Schade, die Thematik ist schon gut, denn fast jeder von uns trägt irgendwelche Narben aus der Kindheit mit sich, ob nun sichtbar oder unsichtbar, aber sie sind für immer da. Aus den oben genannten Gründen gebe ich hier aber nur eine eingeschränkte Empfehlung, so leid mir das auch tut.

Samstag, 2. August 2014

Magic Magic

"Magic Magic" ist ein Film von Sebastián Silva (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2013. Kameramann war hier der grandiose Christopher Doyle.

Die junge und schüchterne Alicia (Juno Temple) besucht ihre Cousine Sara (Emily Browning), die in Chile studiert. Zusammen mit Saras Freund Agustin (Agustin Silva), dessen Schwester Bárbara (Catalina Sandino Moreno) und Agustins Freund Brink (Michael Cera) ist ein kleiner Urlaub auf einer Insel im Süden Chiles geplant. Doch während der Fahrt dorthin erhält Sara einen wichtigen Anruf und muss nach Santiago zurück. Alicia bleibt allein mit Saras Freunden zurück, die sie nicht kennt und die ihr nicht gerade das Gefühl vermitteln, besonders willkommen zu sein.

Auf der Insel und in dem rustikalen Ferienhaus angekommen, verstärkt sich bei Alicia das Unwohlsein. Sie kann Sara nicht erreichen, denn hier gibt es keinen Empfang. Bárbara zieht sich gleich zurück, sie interessiert sich allein für ihr Studium und will von den anderen nicht gestört werden. Agustin und Brink treiben derbe Späße und Alicia fühlt sich immer verlorener. Besonders der undurchschaubare Brink hat es auf sie abgesehen, weshalb Alicia sich zunehmend bedroht fühlt. Sie kann nicht schlafen, hat merkwürdige Visionen und kann schon bald nicht mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden, ebenso wie der Zuschauer.

Als Sara zwei Tage später auf der Insel eintrifft, findet sie eine verstörte Alicia vor, deren Ängsten und Erzählungen sie keinen Glauben schenken kann, zumal Agustin und auch Brink sich scheinbar aufmerksam um Alicia zu kümmern scheinen. Die Situation eskaliert, als Agustin Alicia in Hypnose versetzt, was keiner der Anwesenden wirklich ernst nimmt, und Bárbara Alicia noch mit Tabletten versorgt, damit sie endlich schlafen kann.

Was dann passiert, das erzähle ich hier nicht. Zugegeben, das Ende ist schlimm, aber auch voller Rätsel. Regisseur Sebastián Silva erzählt seine Geschichte nicht bis zum Schluss, er lässt vieles offen. Das muss man als Zuschauer nicht mögen, ist aber künstlerische Freiheit des Autors und funktioniert hier eigentlich ganz gut.

Was bei diesem ungewöhnlichen Psychothriller überzeugt, sind vor allen Dingen die abgelegene Umgebung, die irgendwie latent bedrohliche Atmosphäre und die sehr guten Darsteller. Juno Temple ist hier die ideale Besetzung als Alicia, denn man merkt als Zuschauer schon schnell, dass sie nicht nur einfach labil ist, sondern wahrscheinlich ernste psychische Probleme hat. Mit Michael Cera als Brink hat sie einen fantastischen Gegenpart, der sich nie entschlüsseln lässt. Ob er nun tatsächlich schwul und heimlich in seinen Freund Agustin verliebt ist, wer weiß das schon.

Als Extra gibt es noch ein kleines Making-Of, das ich sehr empfehlen kann. Für den Film an sich gilt wie so oft bei mir, nichts für die große Masse, eher was für Freunde ungewöhnlicher Filme, die es auch aushalten können, wenn mal nichts passiert. Die sind dann hier aber genau richtig. Es lohnt sich.