Sonntag, 5. Januar 2014

Oslo, 31. August

"Oslo, 31. August" ist ein Film von Joachim Trier aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch schrieb Trier zusammen mit Eskil Vogt und beruht auf dem Roman "Le feu follet" von Pierre Drieu La Rochelle.

Gezeigt werden die letzten 24 Stunden im Leben von Anders (Anders Danielsen Lie), der eigentlich in zwei Wochen aus der Entzugsklinik entlassen werden soll, wo er längere Zeit wegen seiner Drogenabhängigkeit verbracht hat. Nun gilt er als geheilt und soll wieder auf eigenen Füßen stehen, aber Anders weiß, dass ihm dazu die Kraft und die Motivation fehlen.

Seine erste Nacht außerhalb der Klinik hat er mit einer Freundin von früher verbracht, aber nichts dabei empfunden, wie er später seinem Freund Thomas (Hans Olav Brenner) berichten wird. Anders fährt nach Oslo, weil er dort ein Vorstellungsgespräch hat. Zuvor jedoch besucht er seinen alten Freund Thomas, der mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern ein ganz normal bürgerliches Leben führt. Anders deutet an, nicht zu wissen, wie es weitergehen soll, aber Thomas reagiert darauf nur mit den üblichen Floskeln. Später gesteht aber auch er, sich sein Leben anders vorgestellt zu haben.

Das Vorstellungsgespräch bei einer Zeitung bricht Anders ab, als ihn der Redakteur nach den fehlenden Jahren in seinem Lebenslauf fragt, den Jahren, in denen Anders abhängig war und gedealt hat. Zu dem verabredeten Treffen mit seiner Schwester erscheint nur deren Freundin, die mit Ausflüchten ankommt und erst im Laufe des Gesprächs zugibt, dass seine Schwester Angst vor dem Treffen hatte. Sie gibt ihm die Schlüssel für das Haus der Eltern, welches verkauft werden soll.

Am Abend geht Anders auf eine Party, wo er einige Bekannte aus früheren Zeiten trifft. Er kann jedoch mit ihnen und ihrem Leben nichts anfangen, sie aber auch nicht mit ihm. Am Ende führt ihn sein Weg zu seinem früheren Dealer, bei dem er sich Stoff besorgt. Ein kurzer Besuch in einem Club und eine Begegnung mit einer jungen Studentin können Anders aber nicht mehr von seinem ursprünglichen Vorhaben abbringen. Konsequent bringt er das zu Ende, was er schon den ganzen Tag über vorhatte.

"Ich bin 34 und habe nichts" hatte er noch am Vormittag zu Thomas gesagt, der konnte aber die Trauer und Verzweiflung in diesen Worten nicht verstehen. Für Anders jedoch, der mit seinem Leben innerlich schon abgeschlossen hatte, war es der letzte Versuch, verstanden zu werden.

Der Film geht definitiv unter die Haut und das liegt in erster Linie an Anders Danielsen Lie, der so beeindruckend seine Rolle verkörpert, dass man als Zuschauer automatisch den Atem anhält. Sein verlorener Blick drückt den ganzen inneren Schmerz aus, der ihn blockiert und nicht mehr loslässt. Eine grandiose Leistung.

Louis Malle hat dieses Thema bereits 1963 unter dem Titel "Le feu follet" - "Das Irrlicht" verfilmt, mit Maurice Ronet in der Hauptrolle. Ich kann beide Filme nur sehr empfehlen, man muss sich aber darauf einlassen können. Es wird traurig und deprimierend, aber wichtig und sehenswert ist es auf jeden Fall. Joachim Trier hat einen Film geschaffen, der einen nicht kaltlässt und mit Anders Danielsen Lie den perfekten Darsteller gefunden. Ganz große Empfehlung.


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