Montag, 14. Oktober 2013

Targets

"Targets" ist ein Film von Peter Bogdanovich aus dem Jahr 1968. Das Drehbuch schrieb Bogdanovich zusammen mit seiner Frau Polly Platt. Samuel Fuller beteiligte sich mit einigen Verbesserungsvorschlägen am Script, wollte aber nicht namentlich erwähnt werden. Kameramann war hier László Kovacs.

Peter Bogdanovich verdankte die Möglichkeit seines Spielfilmdebüts dem bekannten Roger Corman, für den er zuvor einige Zeit gearbeitet hatte. Corman war der Geldgeber, stellte das Material zur Verfügung und ermöglichte außerdem zwei Tage Drehzeit mit Boris Karloff, der noch bei ihm unter Vertrag stand. Bogdanovich und seine Frau arbeiteten am Drehbuch, das dann wie schon beschrieben noch durch Samuel Fuller überarbeitet wurde. Als kleinen Dank an Fuller hat Bogdanovich die von ihm selbst gespielte Rolle des Regisseurs im Film "Sammy Michaels" genannt.

Die Story von "Targets" hat zwei Handlungsstränge, die aber auf schicksalhafte Weise miteinander verbunden sind. Da wäre zuerst die Geschichte von Byron Orlok (Boris Karloff), einem alternden und bewährten Horrordarsteller, der sich ins Privatleben zurückziehen will, weil er sich selbst für antiquiert hält und an der Filmerei keinen Spaß mehr hat. Seine Assistentin Jenny (Nancy Hsueh), die ein Verhältnis mit dem jungen Regisseur Sammy Michaels (Peter Bogdanovich) hat, nimmt seine Entscheidung resigniert zur Kenntnis, weil sie ihn gut genug kennt. Sammy will Byron noch zu einem letzten Film überreden, für den er schon das Drehbuch geschrieben hat, aber er scheitert an Byrons Starrsinn. Nur einen einzigen PR-Termin will Orlok noch wahrnehmen, die Premiere seines letzten Filmes in einem neuen Autokino am nächsten Tag.

Die andere Geschichte erzählt von Bobby Thompson (Tim O'Kelly), einem unauffälligen jungen Mann, quasi der nette Junge von nebenan, der von seinem Vater zu einem wahren Waffennarren herangezüchtet wurde. Bobby lebt mit seiner jungen Frau noch bei seinen Eltern in einem fast schon klinisch anmutendem Haus, in dem jede Form von Liebe oder Gemütlichkeit fehl am Platz ist. Zusammen sitzt man am Abend vor dem Fernseher, Gespräche finden nicht statt, höchstens nur äußerst oberflächlich. Hier wird nur funktioniert, aber nicht gelebt. Bobby versucht vergeblich, mit seiner Frau über seine Gedanken zu reden, die aber hört ihm nicht zu.

Am Tag hat Bobby sich ein neues Gewehr gekauft und als er im Geschäft durch das Zielfernrohr gesehen hat, konnte er auf der anderen Straßenseite Byron Orlok ausmachen. Am nächsten Tag werden sie sich wieder begegnen, auch wenn das noch keiner von ihnen weiß. Bobby legt das neue Gewehr in seinen Kofferraum, der ein wahres Waffenarsenal aufweist. Als Zuschauer hält man hier bereits den Atem an, denn die Vorzeichen deuten schon auf eine Tragödie hin.

Am nächsten Tag, es ist bereits gegen zwölf Uhr, erschießt Bobby erst seine Frau, dann seine Mutter und schließlich noch den jungen Lebensmittellieferanten, der leider zur falschen Zeit am falschen Ort war. Danach fährt er zur Autobahn, legt sich mit seinen Waffen und der zusätzlichen Munition, die er ebenfalls noch gekauft hat, auf einem hohen Gastank auf die Lauer. Nachdem er einen Snack zu sich genommen hat, fängt er an wahllos auf die Insassen der vorbeifahrenden Autos zu schießen. Erst als die Polizei sich nähert, flüchtet er und versucht, im normalen Verkehr unterzutauchen. Dabei landet er in dem neuen Autokino, in dem schon kurz darauf der Film mit Byron Orlok gezeigt werden soll.

Doch Bobbys Amoklauf ist noch nicht vorbei, er verschanzt sich mit Waffen und Munition hinter der Leinwand und feuert weiter auf ahnungslose Opfer, während das Publikum sich den Film anschaut und erst langsam begreift, was hier vor sich geht. Zum Schluss kommt es zur finalen Begegnung zwischen Bobby und Byron Orlok, die sehr bizarr enden wird.

Orlok hatte die Zeichen der Zeit richtig erkannt, sein altmodischer Horror war vorüber, der moderne Horror war längst Realität geworden und konnte einen jederzeit treffen. Mit seinem Film hat Peter Bogdanovich somit bereits 1968 einen Nerv getroffen, der auch heute noch erschreckend aktuell ist. Inspiriert wurde Bogdanovich durch den tatsächlichen Amoklauf des jungen Charles Whitman, der 1966 in Texas stattfand. "Targets" erhielt sehr gute Kritiken, aber niemand wollte ihn zeigen oder auch nur sehen. Nach den Morden an Martin Luther King und Robert F. Kennedy hatte der Film es schwer, ein Publikum zu finden, aber aus heutiger Sicht ist er eindeutig ein Meisterwerk und hat die Karriere von Peter Bogdanovich begründet.

Was soll ich noch sagen? Dieser Film muss unbedingt angeschaut werden, weil er ganz tief unter die Haut geht und in seiner unaufgeregten Art einfach sprachlos macht. So muss ein wirklich guter Film sein, aufrüttelnd und bewegend. Besser geht es nicht. Ganz große Empfehlung.

(Boris Karloff und Peter Bogdanovich)

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