Sonntag, 18. März 2012

Tomboy

"Tomboy" ist ein Film von Céline Sciamma (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011.

Die zehnjährige Laure (Zoé Héran) sieht aus wie ein Junge mit ihren kurzen Haaren, ihrem burschikosen Auftreten und ihrer Kleidung. Sie wäre auch gerne ein Junge, also ist sie ein "Tomboy", das ist der in diesen Fällen wohl geläufige, aber auch etwas merkwürdige Begriff für Mädchen wie Laure.

Laure zieht mit ihren Eltern (Sophie Cattani und Mathieu Demy) und ihrer kleinen Schwester Jeanne (Malonn Lévana) während der Sommerferien in eine neue Gegend. Die Mutter ist hochschwanger und braucht Ruhe, also müssen Laure und Jeanne möglichst leise sein. Während Jeanne in der Wohnung bleibt, erkundet Laure die neue Umgebung.

Sie lernt die junge Lisa (Jeanne Disson) kennen und stellt sich selbst als Michael vor. Lisa führt Laure/Michael in die Gruppe ein, die hauptsächlich aus Jungs besteht. Niemand schöpft Verdacht und Laure geht problemlos als Michael durch. Sie spielt Fußball mit den anderen Jungs und verhält sich genau wie sie. Für Laure ist das ein wunderbarer Sommer, an dessen Ende aber der Schulbeginn in einer neuen Klasse steht und damit das Ende ihrer kleinen Schwindelei.

Kleine Probleme löst Laure ganz unkonventionell und geschickt, ich sage nur: Knete. Wer den Film gesehen hat, der weiß was ich damit meine. Die kleine Jeanne ist die erste, die von Michaels Existenz erfährt und verspricht ihrer Schwester, nichts zu verraten. Im Gegenteil, sie ist sogar furchtbar stolz auf ihren großen Bruder. Schwieriger wird es schon, als Lisa sich ein bisschen in Michael verknallt, weil er so anders ist, als die Jungs die sie kennt.

Tja und irgendwann erfährt auch Laures Mutter, dass sie einen Sohn namens Michael hat. Damit ist das Spiel dann aus, denn die Mutter hat in ihrer unüberlegten Reaktion auf diese Eröffnung nichts besseres zu tun, als Laure in ein Kleid zu zwingen und sie in der Nachbarschaft herumzuschleppen. Das sei, wie sie betont, natürlich nur zu ihrem Besten und nicht böse gemeint. Wer's glaubt.

Der Film endet mit einer erneuten Begegnung zwischen Laure und Lisa, die sich nun neu kennenlernen werden. Das mag als Schluss ja ganz hübsch sein, ist aber auch ein bisschen verlogen, weil hier niemand an Laure und ihre Gefühle denkt. Nur weil sie andere Kleidung trägt, fühlt sie sich nicht gleich als Mädchen, aber das würde hier wohl zu weit gehen.

Der Film ist trotzdem schön anzuschauen, allein schon wegen der großartigen Zoé Héran, die fantastisch ist und eine tolle Ausstrahlung hat. Die kleine Schwester Jeanne spielt ebenfalls hervorragend, ist aber schon fast ein wenig zu süß geraten. Die ansonsten liebevollen Eltern reagieren hilflos und überfordert und man muss sich schon die Frage stellen, warum sie auch vorher nie etwas bemerkt haben.

Insgesamt gesehen aber trotz kleiner Schwächen ein sehr sehenswerter und empfehlenswerter Film, der zum Nachdenken über die Geschlechterrollen und unseren Umgang damit anregen sollte.
    

Keine Kommentare: