"Shit Year" ist ein Film von Cam Archer (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2010.
Die erfolgreiche, aber nicht mehr ganz junge Schauspielerin Colleen West (Ellen Barkin) beendet ihre Karriere nach über dreißig Jahren im Showgeschäft. Der Vorhang ist geschlossen, die Lichter gehen aus, das letzte Interview ist auch schon gegeben. Von ihrem letzten Lover, dem jungen Harvey West (Luke Grimes) hat sie sich getrennt. Der ausnehmend schöne junge Mann war ihr Schauspielkollege in ihrem soeben abgesetzten Stück und gerade einmal zweiundzwanzig Jahre alt.
Colleen zieht aufs Land, in ein Holzhaus, das sie bereits vor Jahren gekauft hat. Hier erhofft sie sich Ruhe und Frieden und findet beides nicht. Den ganzen Tag hört man ohrenbetäubenden Baulärm und die aufdringliche und redselige Nachbarin Shelly (Melora Walters) lässt sich auch nicht so einfach abschütteln. Ganz auf sich allein gestellt verzweifelt Colleen daran, sie selbst zu sein. Hier muss sie keine Rolle mehr spielen, sich nicht eine andere Identität überstülpen und genau das fehlt ihr, ebenso wie Harvey ihr fehlt, auch wenn das einzige was beide verbunden hat, der gemeinsame Nachname war.
Ihr Bruder Rick (Bob Einstein) kommt zu Besuch, doch auch er kann Colleen nicht aufheitern, weil er sie nicht versteht und schon vor Jahren damit aufgehört hat, sich ihre Filme anzuschauen. "So wie die meisten Zuschauer" entgegnet Colleen sarkastisch. Gemeinsam begraben sie eine tote Ratte, ein seltener Moment der Verbundenheit. Colleen bleibt erneut allein zurück und reflektiert ihr Leben.
Von einer Handlung im eigentlichen Sinn kann man hier nicht sprechen, eher von einer Aneinanderreihung von einzelnen Bildern, die das Leben von Colleen West zeigen. Der junge Regisseur Cam Archer (Jahrgang 1982) hat einen wunderschönen Independent-Film geschaffen, der ein Erlebnis für die Sinne ist. Sehr experimentell, in wunderbaren Schwarzweiß-Aufnahmen festgehalten, die an Schönheit kaum zu übertreffen sind und mit einer faszinierenden Ellen Barkin in der Hauptrolle, die für diesen Film die perfekte Besetzung ist.
Ellen Barkin gehört zweifellos zu den Frauen, die mit zunehmendem Alter immer schöner und begehrenswerter werden. Ganz ehrlich, sie ist ein Traum in dieser Rolle. Der Film selbst wird wohl vielen Zuschauern zu spröde, zu sperrig oder auch einfach zu langweilig sein. Wie immer gilt aber auch hier, sich darauf einzulassen und sich von der Macht der Bilder berauschen zu lassen und das gelingt beinahe mühelos. "Shit Year" ist mit Sicherheit einer der beeindruckendsten Filme, die ich je gesehen habe. Ganz große Empfehlung.
Als Extra gibt es noch ein Interview mit Cam Archer, das aber leider nicht untertitelt ist, sehr schade. Da der Film aber so großartig ist, werde ich hier mal ausnahmsweise nicht meckern. Es wäre aber schön, zukünftig auch bei den Extras ein bisschen mehr Mühe zu investieren.
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