"Dicke Mädchen" ist ein Film von Axel Ranisch aus dem Jahr 2011, hat bisher schon zahlreiche Preise auf diversen Festivals gewonnen und ist insgesamt eine kleine Sensation, aber dazu später mehr.
Worum geht es? Sven (Heiko Pinkowski) lebt zusammen mit seiner dementen Mutter Edeltraut (Ruth Bickelhaupt) in einer Plattenbausiedlung in Berlin-Lichtenberg. Sie teilen sogar das Bett in der kleinen Wohnung und stehen sich sehr nahe. Tagsüber, wenn Sven zu seinem Job in der Bank muss, kommt der Pfleger Daniel (Peter Trabner), der sich um Edeltraut kümmert. Sven hegt Gefühle für Daniel, der wiederum unglücklich verheiratet ist und einen kleinen Sohn hat.
Über die gemeinsame Sorge um Edeltraut, die hin und wieder einfach verschwindet, kommen sich die beiden Männer langsam näher und es entwickelt sich eine zarte Vertrautheit und Liebe. Als Daniel von seiner Frau vor die Tür gesetzt wird, kommt er bei Sven und Edeltraut unter und zusammen haben die Drei wunderschöne Momente voller Liebe und Herzenswärme.
Als Edeltraut stirbt, ist Sven mit der Situation überfordert, weil er nun niemanden mehr hat, aber die Freundschaft zu Daniel eröffnet ihm neue Horizonte.
Mehr will ich hier gar nicht erzählen und das hört sich auch alles ganz schön geschwollen an, ist es aber zu keinem Zeitpunkt. Nein, dieser Film, also dieses zauberhafte kleine Projekt, ist eine wahre Offenbarung, wie man es nur sehr selten zu sehen bekommt. Mit einer minimalen Crew aus den drei Schauspielern und dem Regisseur Axel Ranisch, der hier auch für Kamera und Ton zuständig war, entstand dieser Film in der Wohnung von Ruth Bickelhaupt, der Großmutter von Axel Ranisch, fast ohne Drehbuch. Die Dialoge wurden improvisiert, der Rest eigentlich auch.
Wer sich nun an der wackeligen Kamera und den schlecht ausgeleuchteten Bildern stört, der ist definitiv im falschen Film und hat nichts von der Liebe zu diesem Medium verstanden. Hier ist nichts perfekt und das will es auch überhaupt nicht sein. Ganz im Gegenteil, hier hat ein junger und engagierter Filmemacher einfach das gemacht, was er wollte, ohne Bedingungen und ohne Budget. Basta. Und so wackelig ist es auch gar nicht, da habe ich schon viel Schlimmeres gesehen.
Eine eigene Produktionsfirma hat Axel Ranisch auch noch gleich selbst gegründet, die den schönen Namen "Sehr gute Filme" hat. Also dieser Mann hat nicht nur Mut, sondern auch Visionen. Wenn dabei auch weiterhin solche Filme herauskommen, dann würde ich das sehr begrüßen.
Was soll ich noch sagen? Diese Liebesgeschichte zwischen zwei etwas übergewichtigen Männern in den Vierzigern ist vielleicht ein bisschen speziell, aber warum eigentlich? Verlieben kann man sich jederzeit, da spielen Aussehen und Geschlecht gar keine Rolle und genau das zeigt dieser Film auf sehr berührende Art und Weise.
Also ein unglaublich schöner kleiner Independent-Film, den man unbedingt gesehen haben muss und der voll von tollen Bildern und Ideen ist. Zu Ravels "Bolero" werde ich von nun an Bilder im Kopf haben, die sich nicht mehr auslöschen lassen. Ganz große Empfehlung und ein großes Kompliment an Axel Ranisch und seine wunderbaren Darsteller. Mainstream war gestern, heute sieht man "Sehr gute Filme", hoffentlich.
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