Dienstag, 26. Juni 2012

Sharktopus

"Sharktopus" ist ein Film von Declan O'Brien aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch stammt von Mike McLean und Produzent war hier der schon legendäre Roger Corman.

Ein kleiner Ausflug ins Tierreich... Gut, Horrorfilme gibt es hier in meinem Blog eher selten und "Tierhorror" schon gar nicht, ist halt einfach nicht mein Genre. "Sharktopus" aber habe ich mir aus einer Laune heraus angeschaut und ich muss einfach etwas darüber schreiben. Der ist von Anfang bis Ende so herrlich blöd, dass man ihn einfach nicht ignorieren kann.

Ganz kurz zur "Handlung": Ein wissenschaftliches Team hat im Auftrag des Militärs ein Wesen erschaffen, das halb Hai und halb Oktopus ist. Dieses Wesen, kurz S11 genannt, hat einen Steuerungssender am Kopf, der ihn unter Kontrolle hält und ihm seine Aufträge zuweist. Das bedeutet hauptsächlich, die im Meer badenden Menschen vor Angriffen von Haien zu schützen oder ähnliches.

Bei einer Vorführung dieser Aktionen geht allerdings ziemlich viel schief und der Sender wird abgerissen. Der Sharktopus ist nun frei, schwimmt nach Mexiko und macht dort ordentlich Jagd auf Menschen. Das verantwortliche Team um Nathan Sands (Eric Roberts) und seine Tochter Nicole will den Sharktopus auf jeden Fall lebend zurück haben, um das Experiment nicht zu gefährden. Dazu wird der entlassene Mitarbeiter Andy reaktiviert, der seinen Job geschmissen hatte, weil man ihm keine Gehaltserhöhung zahlen wollte. Alle Hoffnungen ruhen nun also auf ihm (auch wenn er aussieht, als könnte er nicht bis Drei zählen).

Zur gleichen Zeit bekommt die Reporterin Stacy Wind von der Sache und ist mit ihrem Kameramann Bones ebenfalls dem Ungeheuer auf der Spur. So gelangen auch Bilder von Sharktopus ins Fernsehen und die Aufregung ist groß. Währenddessen tötet das süße Ungeheuer immer mehr Bikinischönheiten und was sich sonst noch so im Wasser und an Land tummelt. Der kleine Schatz ist nämlich unheimlich begabt und kann mit seinen Tentakeln auch an Land greifen. Dass er dabei auch noch ständig seine Größe verändert, sollte hier nur nebenbei bemerkt sein.

Nicole, die hübsche junge Wissenschaftlerin, (die natürlich eine Brille tragen muss, sonst würde man ihr die Wissenschaftlerin nicht abnehmen) und Andy (der meistens mit offenem Hemd oder auch ohne herumlaufen muss) verfolgen den Sharktopus und seine blutige Spur. Dabei machen sie faszinierende Feststellungen, denn er tötet seine Opfer nur und frisst sie nicht mal. Na, da hört sich doch wohl alles auf.

Gut, ich gehe hier nicht weiter ins Detail. Es gibt noch einen gewaltigen und blutigen Showdown und dann ist das alles auch ausgestanden. Bis es dann soweit ist, wurden allerdings sämtliche Klischees bedient, die man in so einem Fall auch erwarten muss. Ich will den Film nicht verteufeln, auf gar keinen Fall, denn er ist wirklich unterhaltsam, wenn man den Kopf komplett ausschaltet. Es ist eben Trash und gar kein schlechter.

Die Spezialeffekte sind allerdings so miserabel, dass ich mich gewundert habe, wie man so etwas heutzutage noch schaffen kann, ohne dafür ausgepeitscht zu werden. Das ist aber längst nicht alles, denn die Darsteller, die Dialoge und die ganze Handlung sind wirklich abgrundtief schlecht und der Sharktopus sieht leider nur sehr albern aus. Wenn man Lust hat sich darauf einzulassen, dann passt es schon, alle anderen sollten hier lieber einen großen Bogen machen. Ich fand den Film ganz amüsant, aber empfehlen würde ich ihn natürlich nicht.

Samstag, 23. Juni 2012

Bumblefuck, USA

"Bumblefuck, USA" ist ein Film von Aaron Douglas Johnston aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch schrieb Johnston zusammen mit Cat Smits.

Nachdem ihr schwuler Freund Matt sich in einer Kleinstadt in Iowa umgebracht hat, reist Alexa (Cat Smits) aus Amsterdam an, um vor Ort mehr darüber zu erfahren. Gleichzeitig will sie einen Dokumentarfilm über schwules und lesbisches Leben in der Provinz drehen. Sie mietet sich ein Zimmer im Haus von Lucas (John Watkins) und beginnt, sich in der Stadt umzusehen.

Es folgen Interviews mit diversen Frauen und Männern, die von ihren Schwierigkeiten im täglichen Leben berichten. Das Kleinstadtleben unterscheidet sich immer noch vom Leben in den meisten Großstädten dieser Welt. Homosexuelle werden oft nicht akzeptiert und sogar offen angefeindet. Hat Matt sich deswegen umgebracht? Diese Frage wird hier allerdings nicht beantwortet.

Nach einem unwichtigen One-Night-Stand mit einem Friedhofsgärtner (Ryan Gourley), lernt Alexa die lesbische Künstlerin Jennifer (Heidi M. Sallows) kennen, mit der sie eine leidenschaftliche Nacht verbringt, die sie völlig aus der Bahn wirft. Als dann auch noch ihr Mitbewohner Lucas eifersüchtig reagiert und zudringlich wird, sucht Alexa schnell das Weite.

Es wird bald klar, dass Alexa selbst nicht weiß, wo sie steht und wie sie mit ihren Gefühlen umgehen soll. Erst nach und nach kann sie erkennen, wohin ihr Weg sie führt.

Das ist ein zauberhafter kleiner Film, der mit wenigen Worten auskommt und in wunderbaren Bildern eingefangen ist. Es passiert eigentlich nicht viel, es ist insgesamt sehr ruhig, aber gleichzeitig spielen die Gefühle der Beteiligten verrückt. Das ist schön anzuschauen und auch sehr bewegend, man muss sich aber auch auf die Langsamkeit einlassen können, dann passt es perfekt.

Die Darsteller sind durchgehend sehr überzeugend, da gibt es gar nichts auszusetzen. Schönes Spielfilmdebüt von Aaron Douglas Johnston, der damit den tragischen Tod seines Cousins verarbeitet hat. Bleibt zu hoffen, dass die Homophobie in den Köpfen so vieler Menschen endlich mal beseitigt werden kann.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Stunde der Wahrheit

"Stunde der Wahrheit" - "The Immortal Story" ist ein Film von Orson Welles (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1967 und beruht auf einer Erzählung von Tania Blixen. Die Musik stammt von Erik Satie.

Die Geschichte spielt in Macao im 19. Jahrhundert. Der alte und schwerreiche Kaufmann Clay (Orson Welles) kann nachts nicht schlafen und lässt sich von seinem Buchhalter Levinsky (Roger Coggio) aus seinen Geschäftsbüchern vorlesen. Als ihnen der Lesestoff ausgeht, erinnert sich Clay an eine Geschichte, die unter Seemännern erzählt wird und die er selbst als junger Mann gehört hat.

Ein alter reicher Mann, der keine Kinder hatte, bot einem jungen Seemann Gold an, um die Nacht mit seiner jungen Frau zu verbringen und einen Sohn zu zeugen, als Erben für den Reichtum des alten Mannes. Clay ist fasziniert von dieser Geschichte und will sie wahr werden lassen, damit ein Seemann endlich einmal die ganze Geschichte erzählen kann.

Er schickt Levinsky los, eine junge Frau zu finden, während er sich um den Seemann selbst kümmern will. Levinsky geht zu Virginie Ducrot (Jeanne Moreau), der nicht mehr ganz jungen Tochter eines ehemaligen Geschäftspartners von Clay, den dieser in den Ruin und Selbstmord getrieben hat. Virginie willigt nur widerstrebend in den Handel ein, will sie doch dem Todfeind ihres Vaters nicht ins Gesicht blicken müssen.

Clay gabelt mit seiner Kutsche den jungen Seemann Paul (Norman Eshley) auf, der ahnungslos zu sein scheint und sich auf das Spiel einlässt. Doch am Ende dieser Nacht erscheint alles in einem anderen Licht.

Das ist ein seltsamer und skurriler kleiner Film, der gerade mal 60 Minuten dauert und nun bei Arthaus erstmals auf DVD veröffentlicht wurde. Zu sehen ist er in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln und in der deutschen Synchronisation. Im Menü unter "Film" auszuwählen, sonst geht gleich die Synchronfassung los.

Trotz der gerade mal 60 Minuten Laufzeit zieht sich der Film ganz schön in die Länge, was mich schon verblüfft hat. Er ist nicht wirklich schlecht, er ist nur... irgendwie seltsam und aus der Zeit gefallen. Zu Bestaunen gibt es so einiges, das schlimme Alters-Make-Up von Orson Welles, die schleppende Erzählweise dieses kurzen Films, den jungen blonden Norman Eshley und die wie immer wunderbare Jeanne Moreau. Ich habe gelesen, das sei der erste Farbfilm von Orson Welles gewesen. Komisch, mir kommt es vor, als hätte ich gerade einen Schwarzweißfilm gesehen. So kann man sich täuschen.

Kann ich den Film empfehlen? Ja, irgendwie schon, aber man sollte nicht zu viel erwarten. Es ist halt alles etwas merkwürdig, aber schon sehenswert.

Dienstag, 19. Juni 2012

Michael

"Michael" ist ein Film von Markus Schleinzer (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und gleichzeitig sein Regiedebüt. Der Film befasst sich sehr mutig mit dem Thema Kindesmissbrauch und das auch noch in sehr spezieller Form.

Der etwa fünfunddreißigjährige Michael (Michael Fuith) arbeitet bei einer Versicherung, ist ein stiller und fast schon unscheinbarer Mensch, der allerdings kaum soziale Kontakte hat. Wenn er nach Hause kommt, fährt er sein Auto in die Garage, lässt die Rolläden herunter und bereitet das Essen zu. Er deckt den Tisch für zwei Personen, denn er lebt nicht allein. Im Keller seines Hauses, hinter einer gesicherten Tür hält er den zehnjährigen Wolfgang (David Rauchenberger) gefangen.

Wie lange der Junge schon bei ihm ist, darüber kann man nur spekulieren, ein paar Jahre können es schon sein. Es gibt eine gewisse Alltagsroutine zwischen ihnen, auch wenn klar ist, dass Michael den Jungen immer wieder sexuell missbraucht. Nach dem Essen sieht man sie zusammen beim Abwaschen, sie sehen zusammen fern, sie feiern gemeinsam Weihnachten, singen auch Weihnachtslieder. Es gibt sogar einen Ausflug in den Streichelzoo. Bei all dieser "scheinbaren" Normalität gefriert einem das Blut in den Adern, weil alles so perfekt arrangiert ist.

Michael versucht sogar, einen zweiten Jungen zu entführen, wohl als Spielkamerad für Wolfgang, was aber in letzter Sekunde scheitert. Ein unaufmerksamer Vater hatte doch noch rechtzeitig nach seinem Kind Ausschau gehalten. Wolfgang bleibt auch schon mal tagelang im Keller allein, als Michael im Krankenhaus liegt oder auch mal zum Skifahren weg ist. Mit einem Wasserkocher kann er sich Fertigsuppen zubereiten und einen kleinen Fernseher hat er auch in seinem Gefängnis.

Irgendwann kann und will sich der Junge aber nicht mehr alles gefallen lassen und greift Michael an, mit schlimmen Folgen für alle Beide.

Dieser Film ist ausgesprochen unangenehm, was bei diesem Thema nicht anders zu erwarten ist, aber auch extrem sehenswert. In sehr ruhigen Bildern, mit wenig Dialogen und ganz ohne jede Wertung zeigt Markus Schleinzer hier die Banalität des Bösen. Er greift ein Tabu auf, ein gerne totgeschwiegenes Thema, das zwar immer mal wieder in den Medien auftaucht, aber auch schnell wieder unter den Teppich gekehrt wird. Er zeigt den Täter, ohne zu urteilen, was dessen Taten nur noch stärker in den Vordergrund rückt. Michael ist ein zutiefst einsamer Mensch, der sich eine Art "Beziehung" mit dem Jungen aufbaut, die es sonst für ihn nicht gibt.

Gerade für diese Herangehensweise an das Thema muss man Markus Schleinzer dankbar sein. Den Film nur aus der Sicht des Opfers zu erzählen, hätte nicht diesen Effekt gehabt. Bedanken kann sich der Regisseur bei seinen beiden grandiosen Hauptdarstellern, die diese schwierigen Rollen perfekt ausfüllen.

Markus Schleinzer hat bisher vor allem als Casting-Direktor gearbeitet, unter anderem für Michael Haneke, Ulrich Seidl, Jessica Hausner und Benjamin Heisenberg. Alles große Namen und gleichzeitig auch hervorragende Regisseure, die ihn anscheinend sehr geprägt haben. Zum Glück, wie ich behaupten möchte. Als Extra gibt es auf der DVD noch ein Statement von Markus Schleinzer zu seinem Film, in dem er in ca. 45 Minuten seine Motivation für dieses Projekt darlegt. Das darf man nicht verpassen, das ist mindestens noch mal so gut wie der Film selbst. Meine Hochachtung für dieses Regiedebüt und für diesen Regisseur, mehr kann ich nicht sagen. Unbedingt sehenswert, auch wenn es schmerzt.

Montag, 18. Juni 2012

Das Jahr Null

"Das Jahr Null" ist ein Kurzfilm von Roman Deppe aus dem Jahr 2008. Roman Deppe war hier für Regie, Drehbuch und Schnitt zuständig und gleichzeitig auch Produzent.

Die Geschichte handelt von einem düsteren Szenario. Die Städte sind bevölkert von Zombies und die wenigen Menschen, die noch übrig sind, verschanzen sich auf dem Land. Eine kleine Gruppe um Robert (Vitus Wieser), seinen Freund Markus (Mischa Rugolo) und dessen Bruder Ferdi (Jan Rademacher), lebt in einem abgeschieden gelegenen Haus. Die Zombies tauchen langsam auch hier auf und werden von Robert und Markus nach Möglichkeit beseitigt. Der autistische Ferdi soll die toten Körper verbrennen, zuvor jedoch nimmt er ihnen ihre Papiere ab, was ihm Robert allerdings immer wieder verbietet.

Robert fühlt sich innerhalb der Gruppe nicht wohl, er glaubt, dass man ihn und Markus als schwules Paar anfeindet. Er will nach Österreich in die Berge fliehen, da soll es noch sicher sein, aber Markus will die anderen nicht im Stich lassen. Die Situation im Haus spitzt sich zu und die Bedrohung von außen wird immer stärker. Die Geschichte läuft auf ein tragisches Ende zu.

Nur durch Zufall bin ich auf diese kleine Perle aufmerksam geworden und bin ganz begeistert. Ein wirklich großartiger kleiner Film, der besser nicht sein könnte. Von Roman Deppe kannte ich bisher schon "Nächte in Wilhelmsburg", eine fabelhafte Kurzfilm-Trilogie, die ich sehr empfehlen kann. "Das Jahr Null" ist zwar ein Zombiefilm, also nicht so ganz mein Metier, aber so gut und liebevoll gemacht, dass man ihn einfach lieben und vor allen Dingen anschauen muss. Zu sehen gibt es ihn hier "Das Jahr Null".

Für Kamera und Licht war Adrian Annoff zuständig, Make-Up und Effekte stammen von Lars Havemann und die wunderbare Musik stammt von Andre Matthias.

Toller kleiner Film, der gleichzeitig spannend, traurig und berührend ist. Großartig umgesetzt und sehr gut gespielt. Dieser Film braucht nur noch eins, nämlich viele Zuschauer. Ganz große Empfehlung.

Sorry übrigens, aber ein Bild habe ich in diesem Fall nicht. Geht aber auch so. Ein interessantes Interview dazu mit Roman Deppe gibt es hier noch zu lesen, auf der Seite vom HomeMovieCorner "Interview".

Samstag, 16. Juni 2012

Toast

"Toast" ist ein Film von S. J. Clarkson aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch stammt von Lee Hall und beruht auf der Autobiografie von Nigel Slater.

Der junge Nigel (Oscar Kennedy) wächst im England der Sechziger Jahre auf. Seine Mutter (Victoria Hamilton) ist eine liebevolle Frau, aber eine entsetzliche Köchin. Frisches Obst oder Gemüse gibt es bei ihr nicht, hier kommt alles aus der Dose, allen anderen Dingen misstraut sie. Doch nicht einmal das Dosengemüse bekommt sie hin, ohne es anbrennen zu lassen. Alles was sie kann ist Toast, mehr oder weniger jedenfalls.

Nigel liebt seine Mutter, aber er träumt von frischen Lebensmitteln und studiert eifrig Kochbücher. Ein Versuch Nigels, die Familie mit Spaghetti Bolognese zu überraschen, scheitert an der Engstirnigkeit des Vaters (Ken Stott) und wird als Schnapsidee abgetan. Nigels Mutter leidet an Asthma und stirbt schließlich. Für Nigel und seinen Vater bricht damit eine schwere Zeit an, da beide sich nicht wirklich gut verstehen. Der Vater hält Nigel für einen merkwürdigen Jungen und hatte auch seinerzeit den jungen Gärtner Josh (Matthew McNulty) hinausgeworfen, als er deren (harmlose) Freundschaft realisierte.

Eines Tages dann taucht Joan Potter (Helena Bonham Carter) im Haus auf, um als Putzfrau ihren Dienst zu tun. Nigel verachtet sie vom ersten Augenblick an, aber Joan ist eine gute Köchin und gewinnt schnell das Herz von Mr. Slater. Bald schon ziehen die Drei aufs Land in ein abgelegenes Haus und aus Joan Potter wird Mrs. Slater. Nigel (Freddie Highmore) will um die Liebe seines Vaters kämpfen und belegt als einziger Junge einen Kurs in Hauswirtschaft. Er lernt Kochen und Backen und will seine verhasste Stiefmutter übertrumpfen, um jeden Preis. Ihr Zitronen-Baiser-Kuchen wird dabei zum Hauptakt im Kampf um die Liebe des Vaters, der allerdings bald an einem Herzinfarkt stirbt.

Nigel zieht nach dem Tod seines Vaters nach London und wird dort Koch im "Savoy". Seine Stiefmutter sieht er nicht wieder.

Der Film ist insgesamt eine bittersüße Aufarbeitung des Lebens von Nigel Slater in jungen Jahren. Was später aus ihm geworden ist, erfährt man hier nicht. Er hat selbst Kochbücher verfasst, ist ein bekannter Restaurant-Kritiker und ein berühmter Koch geworden.

Ein sehr liebevoll gestalteter Vorspann leitet den Film ein, der mit schöner Musik unterlegt und toll ausgestattet ist. Die Schauspieler sind alle sehr gut und passend besetzt. Besonders Helena Bonham Carter und die beiden Nigel-Darsteller Oscar Kennedy und Freddie Highmore sind absolut sehenswert. Zwischendurch wird es auch mal traurig und sentimental, aber der Humor kommt auch nicht zu kurz. Sehr empfehlenswert.

Sonntag, 10. Juni 2012

Noordzee, Texas

"Noordzee, Texas" ist ein Film von Bavo Defurne (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und beruht auf dem Roman "Nooit gaat dit over" von André Sollie. Nach einigen sehr erfolgreichen Kurzfilmen ist dies der erste Langfilm von Bavo Defurne.

Der kleine Pim (Ben Van den Heuvel) lebt zusammen mit seiner Mutter Yvette (Eva Van der Gucht) in einem kleinen Ort an der Nordseeküste. Yvette ist Akkordeonspielerin und zieht nachts durch die Kneipen. Pim ist ein verträumter und stiller Junge, zieht sich gern ins Schlafzimmer seiner Mutter zurück und schmückt sich mit ihren Sachen. Als er dabei von Yvette erwischt wird, läuft er weg und landet bei der Familie von Gino (Nathan Naenen), die von da an immer mehr zu einer Ersatzfamilie für ihn wird.

Kurz vor seinem fünfzehnten Geburtstag verbringt Pim (Jelle Florizoone) die erste Liebesnacht mit dem drei Jahre älteren Gino (Mathias Vergels), die er nie vergessen wird. In einem Zelt in den Dünen kommen sich beide näher und auch später kommt es immer wieder zu solchen Begegnungen. Für Gino ist dies vorerst nur eine Episode, er ist inzwischen achtzehn, hat ein Motorrad und sucht sich eine Freundin und einen Job in einer fremden Stadt.

Pim bleibt zurück, hat weiterhin Kontakt zu Ginos Familie und dessen Schwester Sabrina verliebt sich in ihn, bis sie herausfindet, dass Pim eigentlich in Gino verliebt ist. In der Zwischenzeit taucht der Zigeuner Zoltan wieder auf, der schon früher bei Pim und seiner Mutter gelebt hat. Beide buhlen um die Zuneigung von Zoltan und Pim bleibt schließlich allein zurück.

Die Kindheit ist definitiv vorbei, Pim muss früh lernen, seinen eigenen Weg zu gehen und sich von einigen Träumen zu verabschieden, aber nicht von allen.

Das Spielfilmdebüt von Bavo Defurne kann man ganz locker als sehr gelungen bezeichnen. Mit leichter Hand und ohne viele Worte erzählt er hier eine Coming of Age- und gleichzeitig auch eine Coming Out-Geschichte, die in ihrer Schlichtheit einfach überwältigend ist. In wunderbaren Bildern, mit tollen Landschaftsaufnahmen und großartigen Schauspielern gelingt Defurne hier ein kleines Meisterstück, das man nicht verpassen sollte. Einfach schön und berührend. Ganz große Empfehlung von mir für diesen Film. Man darf auf weitere Werke gespannt sein.

10. Juni 2012 - 30. Todestag von Rainer Werner Fassbinder


Rainer Werner Fassbinder wurde am 31. Mai 1945 geboren und starb, viel zu früh, am 10. Juni 1982. Heute, inzwischen dreißig Jahre später, redet man immer noch über ihn und sein Werk, besonders natürlich an so einem Tag.

Es gibt viel über ihn zu berichten, über ihn als Mensch und als Filmemacher. Unbequem war er und ist es auch heute noch und das ist auch gut so. Viele Menschen lehnen seine Filme ab, obwohl ich behaupten möchte, dass viele von denen sich nie wirklich mit seinem Werk auseinandergesetzt haben.

Wie auch immer, wer mehr über Fassbinder erfahren will, der hat unendliche Möglichkeiten, denn es wurde und wird viel über ihn geschrieben. Ich möchte diesen speziellen Tag nutzen und eine Liste meiner absoluten Lieblingsfilme von ihm präsentieren. Ich habe mich auf fünfzehn Filme beschränkt, wobei ich gestehen muss, dass es auch für mich noch Filme gibt, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Von denen, die ich kenne und liebe, sind das hier meine Favoriten:

1. Warum läuft Herr R. Amok (1970)
2. Der Händler der vier Jahreszeiten (1971)
3. Die bitteren Tränen der Petra von Kant (1972)
4. Martha (1974)
5. Angst essen Seele auf (1974)
6. Fontane Effi Briest (1974)
7. Faustrecht der Freiheit (1975)
8. Angst vor der Angst (1975)
9. Ich will doch nur, dass ihr mich liebt (1976)
10. Chinesisches Roulette (1976)
11. Despair - Eine Reise ins Licht (1978)
12. In einem Jahr mit 13 Monden (1978)
13. Berlin Alexanderplatz (1980)
14. Die Sehnsucht der Veronika Voss (1982)
15. Querelle (1982)

Das sind alles Filme, die auch heute noch aktuell sind und zeigen, was für einen scharfen Blick Rainer Werner Fassbinder gehabt hat. Auf die Welt im Allgemeinen und die deutschen Befindlichkeiten im Besonderen. Seine Filme gilt es immer wieder neu zu entdecken, auch heute noch. Fassbinder hat eine Lücke hinterlassen, die niemals geschlossen werden kann. Er war einzigartig und wird wohl auf ewig unvergessen bleiben.

Auf der Suche

"Auf der Suche" ist ein Film von Jan Krüger (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011.

Simon (Trystan Pütter), ein junger Arzt aus Deutschland, der seit einiger Zeit in Marseille lebt und arbeitet, wird vermisst. Seine Mutter Valerie (Corinna Harfouch) macht sich Sorgen, auch weil ihr letztes Telefonat mit Simon, mal wieder, im Streit endete. Da Valerie in der fremden Stadt ohne ausreichende Sprachkenntnisse kaum etwas ausrichten kann, bittet sie Jens (Nico Rogner), Simons Ex-Freund, ebenfalls nach Marseille zu kommen und ihr bei der Suche nach Simon behilflich zu sein.

Zwischen Valerie und Jens herrscht eine unterschwellige Spannung, aus der Zeit, als Jens und Simon noch ein Paar waren. Valerie gibt sich zwar offen und verständnisvoll, kann aber insgeheim das Schwulsein ihres Sohnes nicht wirklich akzeptieren. Jens weiß das, da sie auch ihn nie als Partner von Simon sehen konnte.

Nun stehen beide in Simons Wohnung und müssen sich gegenseitig eingestehen, nichts mehr über das Leben von Simon zu wissen. Mit seiner Mutter hat Simon zwar gelegentlich telefoniert, aber immer auch gestritten. Jens hatte zwar noch manchmal Kontakt zu Simon, aber auch er muss feststellen, dass Simon ihm inzwischen längst entglitten ist.

Auch ohne anwesend zu sein, wirft Simon immer mehr Rätsel auf. Es tauchen Fotos auf von Simon in einem gelben Sportwagen, den er sich scheinbar erst kürzlich gekauft hat. In der Klinik erzählt man von einer Reise, die Simon geplant hatte, aber keiner weiß etwas Genaues. Die junge Camille (Valérie Leroy), eine Arbeitskollegin von Simon, rückt nur zögernd mit ein paar Informationen heraus, die Valerie und Jens überraschen. Ebenso der junge Autoverkäufer Jalil (Mehdi Dehbi), der auch mehr weiß, als er zuerst zugibt.

Valerie und Jens müssen einsehen, dass Simon ihnen beiden fremd geworden ist und seine Geheimnisse hatte. Ihre gemeinsame Sorge um den Sohn und Freund lässt die beiden aber enger zusammenrücken und alte Vorbehalte ablegen.

In langsamer und ruhiger Erzählweise präsentiert Jan Krüger hier die Geschichte um zwei einsame Menschen auf der Suche nach etwas in ihrem Leben, dass sie schon längst verloren haben. Eingefangen in wunderbaren Bildern und unterlegt mit schöner Musik entwickelt der Film einen ganz speziellen Sog, der gefangen nimmt. Das ist sehr gelungen.

Corinna Harfouch ist wie üblich brillant, aber der junge und sehr hübsche Nico Rogner begegnet ihr auf Augenhöhe. Wie die beiden im Laufe der Zeit immer mehr Sympathien füreinander entwickeln ist grandios gespielt.

Insgesamt gesehen eine ganz große Empfehlung für einen stillen, aber wunderschönen Film, der einem nicht mehr so schnell aus dem Kopf geht. Sehr sehenswert.


Samstag, 9. Juni 2012

Snow White: A Deadly Summer

"Snow White: A Deadly Summer" ist ein Film von David DeCoteau aus dem Jahr 2012. Das Drehbuch stammt von Barbara Kymlicka.

Märchenverfilmungen haben immer Hochkonjunktur, egal wie viel von dem Märchen in dem entsprechenden Film auch noch vorhanden sein mag. "Schneewittchen" ist dabei eine beliebte Geschichte, die ebenfalls immer wieder neu bearbeitet wird. Gerade erst wird darüber gestritten, welche der beiden aktuellen Verfilmungen denn nun die bessere ist, "Snow White & the Huntsman" mit Charlize Theron oder "Mirror, Mirror" mit Julia Roberts.

Wie wäre es da mit einer weiteren Variation vom Schneewittchen? Voilà, "Snow White: A Deadly Summer" von David DeCoteau. Ich gebe zu, so ganz ernst gemeint ist der Vorschlag nicht, aber immerhin amüsant.

Kurz zur Handlung: Snow (Shanley Caswell) ist ein junges Mädchen, das seit dem Tod ihrer Mutter zusammen mit ihrem Vater Grant (Eric Roberts) lebt. Ihr Vater hat allerdings wieder geheiratet und zwar Eve (Maureen McCormick), mit der Snow so gar nicht klar kommt. Snow ist bockig, schwänzt die Schule und treibt sich nachts herum. Eve plant daraufhin, den kleinen Quälgeist möglichst schnell loszuwerden und in ein Erziehungslager zu stecken.

Eve spielt die besorgte Mutter und überredet Grant, ihren Plänen zuzustimmen. Also geht es für die arme Snow ab in eine Art spezielles Sommercamp, aus dem es kein Entrinnen gibt. Mit ein paar anderen Jugendlichen fristet sie nun ihr Dasein unter der Kontrolle des sadistischen Campleiters und dessem debilen Gehilfen. Es gibt nur karge Kost, geschlafen wird auf einer Wiese und es wird hart trainiert. Wer aufmuckt, wird sofort bestraft.

Doch dann gibt es plötzlich Tote, denn scheinbar geht ein maskierter Mörder umher. Snow findet heraus, dass ihre Stiefmutter vor fünfundzwanzig Jahren ebenfalls in diesem Camp war und es auch damals zu ungeklärten Todesfällen kam. Steckt Eve etwa hinter den Morden und soll vielleicht Snow das nächste Opfer sein?

Egal, ich will den Film nicht wichtiger machen, als er sowieso nicht ist. Das Ende "überrascht" noch mit einem Twist, der alles wieder in neuem Licht zeigt. Ach ja, ein roter Apfel kommt auch noch vor, wird aber verspeist. Ich erwähne das nur wegen der Schneewittchen-Geschichte...

Es wäre jetzt natürlich leicht, diesen Film in der Luft zu zerreißen, aber das habe ich gar nicht vor. Es ist halt ein Film von David DeCoteau, der eben eine Vorliebe für B-Movies hat und gar nicht erst den Anspruch erhebt, mehr zu wollen. Ist doch auch in Ordnung so. Wenn ich mir so einen Film ansehe, dann weiß ich auch, was mich erwartet. Das ist kein Kunstfilm und auch kein Arthouse. Sämtliche "Nacht-Aufnahmen" wurden auch scheinbar tagsüber gedreht, das nur als Anmerkung.

Die jungen Darsteller wurden offensichtlich nur nach Optik gecastet, Talent ist hier jedenfalls Mangelware. Was soll's? Es ist Trash und mehr will es überhaupt nicht sein. Maureen McCormick kann hier herrliches Overacting zeigen, mit ihrem Spiegelbild reden und sehr böse sein, während Eric Roberts kaum etwas zu tun hat. Ich sehe ihn trotzdem gerne, auch wenn er gar nichts spielt. Er ist mir jedenfalls tausendmal lieber als seine unerträgliche Schwester.

Insgesamt gesehen natürlich nur eine eingeschränkte Empfehlung für diesen Nonsens, es könnte aber wirklich schlimmer sein. Wer mehr von David DeCoteau sehen will, dem empfehle ich noch "House of Usher", die schwule Variante der Poe-Erzählung. Kann man sich durchaus ansehen, aber bitte nicht meckern.

A Dangerous Method

"A Dangerous Method" - "Eine dunkle Begierde" ist ein Film von David Cronenberg aus dem Jahr 2011. Das Drehbuch stammt von Christopher Hampton und beruht auf dem von ihm selbst verfassten Theaterstück "The Talking Cure", das wiederum auf dem Buch "A Most Dangerous Method" von John Kerr basiert.

Der Film spielt in der Zeit zwischen 1904 und 1912 und beschäftigt sich mit der Freundschaft von Carl Gustav Jung (Michael Fassbender), der als Psychiater an einer Schweizer Klinik arbeitet, zu Sigmund Freud (Viggo Mortensen), dem bekannten Wiener Analytiker. Die Psychoanalyse steckt noch fast in den Kinderschuhen, aber Freud und Jung sind von ihrer Wirkung überzeugt.

Bevor die beiden sich allerdings zum ersten Mal treffen, übernimmt Jung eine neue Patientin, die junge Sabina Spielrein (Keira Knightley), eine russische Jüdin, die an Hysterieanfällen leidet. Mit Hilfe der Gespräche zwischen Jung und Spielrein bessert sich ihr Zustand schon bald. Die intelligente junge Frau will selbst Psychoanalytikerin werden und beginnt ein Studium.

Sigmund Freud sieht in Carl Gustav Jung seinen legitimen Nachfolger, beide verbindet schnell eine tiefe Freundschaft und ein reger Briefwechsel. Die Freundschaft bekommt erste Risse, als Jung eine (sado-masochistische) Affäre mit Sabina beginnt und Freud davon erfährt. Jung hingegen stört sich immer mehr daran, dass Freud in seinen wissenschaftlichen Theorien so festgefahren ist und neuen Erkenntnissen nicht viel abgewinnen kann.

Nachdem die Freundschaft endgültig zerbrochen scheint, wird Sabina in Wien Freuds Mitarbeiterin. Jung führt inzwischen eine erfolgreiche private Praxis in der Schweiz.

Regisseur David Cronenberg hat sich hier einen durchaus interessanten Stoff vorgenommen, alles edel und sorgfältig ausgestattet und in fabelhaften Bildern eingefangen. Die Inszenierung wirkt trotz der Räumlichkeiten sehr theaterhaft, was aber insgesamt sehr gut passt. Könnte also eigentlich alles perfekt sein, oder? Ist es aber leider nicht. Irgendwie berührt mich das alles nicht und kommt über ein eher langweiliges Biopic nicht hinaus. Schließlich geht es hier doch um Leidenschaft und Begierde, nur spürt man davon rein gar nichts.

Viggo Mortensen murmelt die ganze Zeit nur in seine Zigarre und hat ansonsten eigentlich gar nichts zu spielen. Michael Fassbender ist wirklich ein außergewöhnlich guter Schauspieler, aber auch er wirkt hier mehr verkleidet und nicht sehr überzeugend. In einer kleinen Nebenrolle kann einzig noch Vincent Cassel als Otto Gross überzeugen, der einen drogensüchtigen Arzt und Patienten spielt.

Vielleicht wäre das alles aber noch zu retten gewesen, wenn man für die Rolle der Sabina Spielrein eine vernünftige Schauspielerin gefunden hätte. Warum nur Keira Knightley? Sie nervt entsetzlich und das schon von der ersten Sekunde an. Sie schreit, gestikuliert wie wild, hat eine ganz schlimme Körpersprache und ihr Overacting ist sehr anstrengend. Mit anderen Worten, sie ruiniert den ganzen Film.

Schade um das Projekt, aber von mir gibt es hier nur eine eingeschränkte Empfehlung. Die anschließenden Interviews mit Cast und Crew kann man sich übrigens auch schenken, denn hier lobhudelt jeder nur wieder vor sich hin, wie toll alle waren und was für ein großartiger Film das doch ist. Nun ja, mein Geschmack war das jedenfalls nicht.

Freitag, 8. Juni 2012

Der Preis der Schönheit

"Der Preis der Schönheit" - "Ash Wednesday" ist ein Film von Larry Peerce aus dem Jahr 1973. Das Drehbuch stammt von Jean-Claude Tramont. Der Film lief in Deutschland auch unter dem Titel "Die Rivalin".

Die reiche Amerikanerin Barbara (Elizabeth Taylor) unterzieht sich in der Schweiz mehreren Schönheitsoperationen, um für ihren Mann Mark (Henry Fonda) wieder attraktiv und begehrenswert zu sein. Der weiß von ihren Plänen nichts, steckt anscheinend in einer Midlife-Crisis und hat eine junge Geliebte. Barbara dagegen hofft darauf, nach ihrer Runderneuerung den Gatten wieder zurückerobern zu können.

In der Klinik trifft Barbara auf den auch nicht mehr ganz taufrischen Fotografen David (Keith Baxter), der ihr zuredet, anschließend nach Cortina d'Ampezzo zu reisen und dort auf ihren Mann zu warten. Die Ankunft von Mark verzögert sich aber und Barbara muss lernen, sich allein zu beschäftigen. Sie lernt den jungen Erich (Helmut Berger) kennen und beginnt eine kurze Affäre mit ihm. Ansonsten vertreibt sie sich die Zeit mit Shopping und Restaurantbesuchen.

Als Mark endlich eintrifft, versucht Barbara vergeblich, ihn wieder für sich zu gewinnen. Er ist die ganze Zeit nur teilnahmslos und gelangweilt und erklärt ihr schließlich, die Scheidung zu wollen. Der Traum ist ausgeträumt. In der letzten Szene begleitet Barbara Mark noch zum Zug und bleibt allein zurück, unterlegt von kitschiger Musik.

Was, zur Hölle, ist das denn bitte für ein Film? Neu veröffentlicht unter dem Begriff "Verschollene Kino-Klassiker". Das mit dem "Klassiker" halte ich für ein Gerücht und verschollen hätte dieses Machwerk auch gerne bleiben können. Warum nur wird so etwas auf DVD veröffentlicht und auch noch so angepriesen? Das Bild ist schlecht, es gibt nur eine furchtbare deutsche Synchronisation, die Musik (von Maurice Jarre) ist entsetzlich und die Dialoge sind so banal, dass man fast in Ohnmacht fällt. Dazu werden am Anfang verschiedene Bilder von Elizabeth Taylor und Henry Fonda ganz dilettantisch zusammengeschnitten, nur um ein gemeinsames Leben darzustellen.

Ist das etwa ein Werbefilm für Schönheits-OPs? Selbstverständlich ist Elizabeth Taylor am Anfang, wenn auch nur ganz kurz, faltig und unansehnlich, während sie nach der OP in neuem Glanz erstrahlt, ausgefallene Kleidung, Pelze und verschiedene Kopfbedeckungen trägt, dass einem ganz schwindelig wird. Henry Fonda spielt seine Rolle jedenfalls so, als wäre er gar nicht richtig da, sehr merkwürdig anzusehen.

Insgesamt gesehen natürlich keine Empfehlung von mir, das wäre ja noch schöner. Um diesen Film kann man gerne einen großen Bogen machen, der funktioniert noch nicht mal als Trash. Bitte verpassen.

Dienstag, 5. Juni 2012

LA-LA Land

"LA-LA Land" - "Going Down in LA-LA Land" ist ein Film von Casper Andreas (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und basiert auf dem gleichnamigen Roman von Andy Zeffer.

Der hübsche junge Adam (Matthew Ludwinski) kommt aus New York nach Los Angeles, um sein Glück als Schauspieler zu versuchen. Bei seiner guten Freundin Candy (Allison Lane) kann er ein Zimmer zur Untermiete beziehen. Candy ist schon länger in Los Angeles und hofft immer noch auf ihren großen Durchbruch als Schauspielerin. Nur die Hoffnung nicht aufgeben, das gilt jetzt für beide und das ist gar nicht so einfach.

Schon bald muss Adam feststellen, dass das Leben in LA hart sein kann. Er geht zu allen möglichen Castings, aber ohne Erfolg. Schnell sind seine Ersparnisse aufgebraucht und ein Job muss dringend her, denn das Leben in der Traumfabrik ist auch noch teuer. In einer Künstleragentur kann er an der Rezeption arbeiten, aber sein Vorgesetzter Matthew (Jesse Archer) ist ein (herrlicher) Kotzbrocken und macht ihm das Leben zur Hölle. So ist auch dieser Traum schnell ausgeträumt.

Im Fitness-Studio lernt Adam den Fotografen Nick (Casper Andreas) kennen, der unbedingt Aufnahmen von ihm machen will. Nach kurzem Zögern willigt Adam ein und Nick schießt wunderbare und sehr erotische Fotos von Adam. Er besorgt ihm auch einen Job in einer Firma, die Gay-Pornos produziert. Zwar ist er hier nur für den Versand tätig, aber bald schon wechselt er auch vor die Kamera und wird so in der Szene bekannt. Nick, mit dem Adam eine Affäre begonnen hat, verfällt in der Zwischenzeit immer mehr den Drogen und hat sein Leben bald nicht mehr unter Kontrolle.

Da Adams finanzielle Lage weiterhin prekär ist, vermittelt ihn sein Boss an betuchte Klienten, die ihn für einen Abend buchen können. Nach einer ersten, eher ernüchternden Begegnung mit einem älteren und wohlhabenden Mann, trifft Adam den bekannten Serien-Darsteller John (Michael Medico), der in der Öffentlichkeit als Super-Daddy gilt und seine Homosexualität nur insgeheim ausleben kann. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Liebesbeziehung und John stellt Adam als persönlichen Assistenten an.

Doch so schön, wie das alles sein könnte, ist es leider nicht. Nick taucht wieder auf und wird gewalttätig und Johns Alibi-Freundin Zinnea (Judy Tenuta) macht Adam eine üble Szene. Bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch treffen sie auch auf Matthew, der ebenfalls böse Gedanken hegt. Am nächsten Tag jedenfalls sind die Klatschzeitungen voll von anzüglichen Fotos und Berichten über John und Adam.

John beschließt daraufhin schweren Herzens, die Beziehung zu Adam zu beenden, um seinen eigenen Ruf zu retten. Adam will die Stadt verlassen, aber letztendlich kommt alles doch noch ganz anders...

Was für ein schöner Film und was für ein schönes Ende. Gut, es ist vielleicht auch etwas zu märchenhaft, aber man wird ja wohl noch träumen dürfen. Casper Andreas, dessen Filme ich sowieso liebe, hat hier erneut einen ganz großen Film abgeliefert, den ich nur sehr empfehlen kann. Die Optik ist toll, jedenfalls sieht alles viel teurer aus, als es vermutlich war.

Die Schauspieler sind sehr gut besetzt und in den Nebenrollen tummeln sich so bekannte Namen wie Bruce Vilanch, Alec Mapa und Perez Hilton. Allison Lane als Candy ist ganz bezaubernd, Matthew Ludwinski dagegen ist vielleicht nicht der talentierteste Darsteller, aber er sieht einfach hinreißend aus und meistert seine Rolle wirklich gut. Michael Medico ist ebenfalls sehr sehenswert als John und Jesse Archer hat zwar nur ein paar kurze Szenen, aber die sind wie immer bemerkenswert. Einen der besten und schwierigsten Parts hat sich Casper Andreas selbst gesichert. Als drogensüchtiger Nick, der immer weiter abgleitet, überzeugt er hier auf ganzer Linie. Ich persönlich freue mich immer, wenn er auch vor der Kamera auftaucht und nicht nur dahinter.

Insgesamt gesehen eine tolle Story, genial umgesetzt und sehr sehenswert. Ein großartiger Soundtrack untermalt die ganze Geschichte und schöne Extras gibt es auf der DVD auch noch, z. B. den sehr unterhaltsamen Audiokommentar von Casper Andreas zusammen mit Allison Lane und Matthew Ludwinski. Ganz große Empfehlung.


Sonntag, 3. Juni 2012

Paper Dolls

"Paper Dolls" - "Bubot Niyar" ist ein Film von Tomer Heymann (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2006. Es geht um eine kleine Gruppe von philippinischen Transvestiten bzw. Transsexuellen, die in Israel arbeiten, immer aber am Rand der Illegalität leben.

Sie arbeiten in der Altenpflege und kümmern sich hauptsächlich um ältere orthodoxe Juden, die auf fremde Hilfe angewiesen sind. Für die Israelis sind sie oft nur Menschen zweiter Klasse, die auch nur geduldet sind. Tagtäglich begegnet man ihnen mit Vorurteilen und Ablehnung. Sobald sie ihren Job verlieren oder ihr Patient stirbt, droht sofort die Abschiebung, weil sie kein Visum haben.

Doch in ihrer Freizeit, die nur sehr spärlich ist, verwandeln sie sich in die "Paper Dolls" und treten in kleinen Clubs mit ihrer Drag-Show auf. Für diese Momente leben sie und sind einander in tiefer Freundschaft verbunden. Hier gehören sie zusammen, teilen ihre Sorgen und fühlen sich als große Familie.

Tomer Heymann begleitet die Gruppe über einen langen Zeitraum und wird ganz selbstverständlich von ihnen aufgenommen. Bei Tomers Mutter Noa proben sie einen Auftritt für einen großen Club in Tel Aviv, der ernüchternd endet. Ihre Träume von einem größeren Publikum erfüllen sich leider nicht.

Der Film zeigt den ganz normalen Alltag der Gruppe mit den alten Menschen, die sie betreuen, der ständigen Angst vor Abschiebung und den Bombenanschlägen. Es geht nicht alles gut aus, einige müssen das Land verlassen, andere gehen nach England, die alten Menschen sterben. Das ist das Ende der "Paper Dolls", zumindest in Israel.

Der mehrfach ausgezeichnete Film von Tomer Heymann ist traurig, berührend und zu Herzen gehend. Ihm ist hier mit seinem Porträt dieser lebensfrohen kleinen Gruppe von Menschen etwas ganz Wunderbares gelungen, das man auf keinen Fall verpassen sollte.

Die DVD "Paper Dolls" kann man auf der Website von Tomer Heymann bestellen unter heymannfilms.com. Es lohnt sich auf jeden Fall und ich möchte an dieser Stelle noch auf den Film I Shot My Love aufmerksam machen, der ebenfalls sehr sehenswert ist. Ganz große Empfehlung für beide Filme und herzlichen Dank an Tomer Heymann für seine wunderbaren Filme.

Samstag, 2. Juni 2012

The Big Eden

"The Big Eden" ist ein Film von Peter Dörfler (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und beschäftigt sich mit dem Leben von Rolf Eden.

Von Rolf Eden hat jeder schon mal gehört, nicht nur in Berlin, der Stadt in der er 1930 als Shimon Eden geboren wurde und in der er seit den Fünfziger Jahren auch wieder lebt. Er gilt als Playboy, erfolgreicher Geschäfts- und Lebemann mit ausgeprägtem Hang zu hübschen jungen Frauen, vorzugsweise blond. Gut, die Bezeichnung Playboy ist angesichts des Alters von Rolf Eden dann auch eher antiquiert.

Diese Dokumentation zeigt vor allen Dingen eins: Eden ist ein grandioser und eitler Selbstdarsteller und leider gibt ihm der Regisseur hier viel zu viel Gelegenheit, das auch zu beweisen. Da kann er dann gefühlte Ewigkeiten in die Kamera grinsen, sehr viel reden und seine Anzüge präsentieren. Nebenbei wird seine Lebensgeschichte erzählt, das wird es auch mal interessant, bevor wieder überflüssige Bilder von irgendwelchen Events oder von einem Friseurbesuch kommen.

Die Familie von Rolf Eden ist 1933 nach Palästina ausgewandert, er selbst kam als junger Mann mit einem Umweg über Paris wieder nach Berlin zurück. Mit den 6.000 DM Rückkehrerprämie und erstem selbstverdienten Geld eröffnete er 1957 seinen ersten Nachtclub. Eden hatte Erfolg mit allem, was er in die Hand nahm. Seine Clubs und Diskotheken waren Renner, es gab blanke Busen, Miss-Wahlen und einiges mehr.

Sieben Kinder hat er, natürlich von sieben verschiedenen Frauen. Auch sie kommen hier zu Wort und jeder sagt etwas Nettes über ihn. Sein jüngster Sohn, der zum Zeitpunkt dieser Dokumentation gerade mal dreizehn Jahre alt war, gibt mit seiner Sicht auf seinen Vater den besten Einblick in dessen Leben. Das ist für mich der stärkste Moment im ganzen Film gewesen.

Rolf Eden wird auch gerne in Talkshows eingeladen und gibt dann bevorzugt Weisheiten von sich, die ihn eher unsympathisch erscheinen lassen. Seine Statements zu Prostituierten z. B., die für ihre Arbeit schließlich Geld und Vergnügen bekommen, verursachen schon Übelkeit. Auch wenn alle Beteiligten schnell versichern, er meinte das ja gar nicht so. Ein schaler Nachgeschmack bleibt trotzdem.

Insgesamt gesehen eine Dokumentation, die man gerne verpassen darf. Rolf Eden freut sich, wenn er jeden Tag in der Zeitung erscheint, er hat sich auch über diesen Film gefreut. Schön für ihn, aber ich habe jetzt Kopfschmerzen.