"Sommer wie Winter" - "Presque Rien" ist ein Film von Sébastien Lifshitz aus dem Jahr 2000 und gleichzeitig der erste lange Spielfilm von Lifshitz, der hier zusammen mit Stéphane Bouquet auch das Drehbuch schrieb.
Der achtzehnjährige Mathieu (Jérémie Elkaim) verbringt die Sommerferien mit seiner Mutter, seiner jüngeren Schwester und einer Tante in einem Haus am Meer. Die Situation innerhalb der Familie ist angespannt, denn erst kürzlich starb das jüngste Kind mit nur drei Jahren an Krebs. Die Mutter, die sich drei Jahre lang nur um das kranke Kind gekümmert hat, während die beiden älteren auf sich allein gestellt waren, hat den Verlust noch nicht verkraftet und verbringt die meiste Zeit im Bett, benebelt von Medikamenten. Der Vater lässt sich erst gar nicht sehen und schiebt seine Arbeit vor.
Mathieu und seine Schwester verbringen ihre Tage am Strand, wo Mathieu eines Tages den jungen Cédric (Stéphane Rideau) kennenlernt. Zwischen den beiden hübschen jungen Männern entwickelt sich schnell eine heftige Affäre, auch wenn Mathieu erst noch Probleme damit hat, seiner Familie gegenüber seine Gefühle für Cédric einzugestehen. Doch am Ende der Ferien beschließt er, nicht zurück nach Paris zu fahren, sondern zu Cédric nach Nantes zu ziehen und dort zu studieren.
Die schönen sommerlichen Bilder werden unterbrochen von Aufnahmen aus dem kalten Winter. Anderthalb Jahre sind vergangen, Mathieu hat gerade einen Selbstmordversuch hinter sich und er hat sich von Cédric getrennt. Die Psychiaterin im Krankenhaus rät ihm, an den Ort der ersten Begegnung mit Cédric zu fahren, um dort eventuell mehr über sich zu erfahren. Mathieu kehrt also zurück in das Haus am Meer. Jetzt, im Winter, ist alles verlassen, kalt und einsam. Er sucht Kontakt zu einem früheren Freund von Cédric, als würde er Antworten erwarten, ohne aber die Fragen zu kennen. Was immer auch in diesen anderthalb Jahren passiert ist, eines ist ganz klar, Mathieu ist erwachsener und reifer geworden.
Warum sich Mathieu und Cédric getrennt haben und weshalb Mathieu sich das Leben nehmen wollte, darüber kann man nur spekulieren. Von einer Depression ist kurz die Rede und das wäre eine mögliche Erklärung, aber manchmal sind die Dinge eben so, wie sie sind und Menschen handeln auch nicht immer rational.
Dadurch dass Sébastien Lifshitz den Figuren ihr Geheimnis lässt, bleibt der Film angenehm in der Schwebe. Die beiden jungen Darsteller sind ganz bezaubernd, besonders Jérémie Elkaim, der eine enorme Entwicklung durchmacht. Sehr gelungen. Man sollte sich für diesen Film viel Zeit und Muße nehmen, denn der Anfang ist etwas spröde und es dauert ein bisschen, bis es wirklich interessant wird. Hat man sich aber einmal darauf eingelassen, dann funktioniert der Film sehr gut. Ich persönlich habe aber auch zwei Anläufe gebraucht, bis ich in der richtigen Stimmung dazu war. Nun kann ich aber definitiv eine Empfehlung aussprechen, es lohnt sich wirklich.
Insgesamt gesehen ein Film mit schönen Bildern und sehr gelungener Musikuntermalung. Viele Fragen bleiben unbeantwortet, was ich aber überhaupt nicht schlimm finde.
Als Extra befindet sich auf der DVD noch der Kurzfilm "Une Robe d'Été" von Francois Ozon aus dem Jahr 1996, den ich ebenfalls sehr empfehlen kann.
Eine Warnung noch am Ende: Bitte den Film unbedingt im Original mit Untertiteln anschauen. Ich habe lediglich den Trailer in der deutschen Synchronisation gesehen und war entsetzt. Die Synchronstimmen machen hier wirklich - mal wieder - alles kaputt und ruinieren die ganze Atmosphäre des Films.
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