Montag, 6. Juni 2011

Nachmittag

"Nachmittag" ist ein Film von Angela Schanelec (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2007. Die Handlung beruht lose auf dem Theaterstück "Die Möwe" von Anton Tschechow.

In einem Haus am See, irgendwo am Stadtrand von Berlin, lebt der ältere Alex (Fritz Schediwy). Sein junger Neffe Konstantin (Jirka Zett) kümmert sich um ihn und den Haushalt. Konstantins Mutter Irene (Angela Schanelec) ist Schauspielerin und kommt nur zu Besuch vorbei. Im Haus nebenan lebt die Familie von Agnes (Miriam Horwitz), die gerade ihre Ferien hier verbringt. Agnes und Konstantin waren einmal ein Paar, jetzt sind sie es scheinbar nicht mehr, aber sicher sind sie sich da beide nicht. Alles hängt in der Schwebe.

Konstantin will Schriftsteller werden, er schreibt unermüdlich, aber ist doch voller Zweifel und scheint an seinen eigenen Ambitionen zu scheitern. Ganz mit sich selbst beschäftigt, bemerkt er nicht, wie sehr Agnes um seine Aufmerksamkeit bettelt. Agnes möchte ihren Weg finden, etwas vom Leben haben, aber Konstantin hört ihr nicht zu, begreift nicht was sie sagt. Ein ähnlich gestörtes Verhältnis hat er zu seiner Mutter Irene. Je mehr Irene versucht, ihm näher zu kommen, desto mehr blockt er ab.

Irene hat ihren neuen Freund, den Schriftsteller Max (Mark Waschke) mitgebracht, für den sich besonders Agnes interessiert. Sie führt lange Gespräche mit ihm und fasst dann spontan den Entschluss, abzureisen. Eine Erklärung hierfür gibt es nicht, so wie es auch für alle anderen Beziehungen und ihre Komplikationen keine erklärenden Worte gibt. Es gibt keinen Anfang und auch kein Ende, es gibt nur ein paar Nachmittage am See.

Der Film beginnt auf einer Theaterbühne, auf der aber nicht gespielt wird. Die Handlung spielt dann in dem Haus am See und das ist die eigentliche Bühne für dieses Stück, das man durchaus als Theaterstück sehen kann, denn sämtliche Dialoge klingen sehr theaterhaft. Ich finde das sehr schön und habe keine Probleme damit, aber viele Zuschauer dürften davon abgeschreckt werden. Zudem wirken die durchgehend guten Schauspieler so, als wären sie tatsächlich gerade aus einem Tschechow-Stück herausgepurzelt.

Angela Schanelec erzählt ihren Film über den schleichenden Zerfall zwischenmenschlicher Beziehungen sehr ruhig und bedächtig, aber niemals langweilig. Kameramann Reinhold Vorschneider hat dazu wunderbare Bilder eingefangen, die überaus gelungen sind und einfach nur schön.

Insgesamt gesehen ein sehr sehenswerter Film, der mich jedenfalls begeistert hat. Wer eine Vorliebe für das Theater hat, der ist hier sicher gut bedient und wird Gefallen daran haben, alle anderen könnten vielleicht eher Probleme mit der Erzählweise und den Dialogen haben. Große Empfehlung.

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