Sonntag, 7. August 2011

Brüderliebe

"Brüderliebe" - "Le Clan" ist ein Film von Gaël Morel aus dem Jahr 2004. Das Drehbuch schrieb Morel zusammen mit Christophe Honoré.

Der Film handelt von den drei Brüdern Christophe (Stéphane Rideau), Marc (Nicolas Cazalé) und Olivier (Thomas Dumerchez), die mit ihrem Vater (Bruno Lochet) in einer kleinen Stadt in Frankreich leben. Die Mutter ist gestorben und hat eine schmerzhafte Lücke hinterlassen. Besonders Olivier, der jüngste der Familie, vermisst sie sehr und sitzt oft vor ihrem Foto, um sich seine Sorgen von der Seele zu reden. Ansonsten gibt es innerhalb der Familie kaum vernünftige Kommunikation. Der Vater ist überfordert und eher desinteressiert, Christophe sitzt im Gefängnis und Marc ist mit seiner Gang unterwegs.

Marc lässt sich ziellos treiben, nimmt Drogen und handelt auch damit. Er präsentiert sich als harter Kerl, gibt vor, alles im Griff zu haben, aber man ahnt schnell, dass er irgendwann gewaltig auf die Schnauze fallen wird. Als Christophe wieder aus dem Gefängnis kommt, will er sein Leben ändern, nicht mehr so wie Marc mit den anderen abhängen, sondern der Gewalt abschwören und ein normales Leben führen. Er findet Arbeit in einer Fleischfabrik und wird tatsächlich sesshaft.

Olivier verliebt sich in den jungen Araber Hicham (Salim Kechiouche), einen Freund von Christophe und Marc. Bei ihm findet er die Geborgenheit und Liebe, die ihm zu Hause fehlt. Doch Olivier glaubt, sich zwischen Hicham und seinen Brüdern entscheiden zu müssen.

Der Film kommt ohne viele Worte aus, was in der Sprachlosigkeit der einzelnen Personen begründet ist. Niemand von ihnen kann über seine Gefühle, seine Trauer und seinen Schmerz reden. Statt Antworten gibt es dann eher mal Schläge und trotzdem ist den Brüdern der Zusammenhalt untereinander wichtig. Das mag vielleicht manchmal ein bisschen sperrig erscheinen, ist aber in der Gesamtheit sehr glaubwürdig eingefangen.

Gael Morel wurde teilweise vorgeworfen, die Darstellung und den Körperkult der Männer zu sehr in den Vordergrund gerückt zu haben. Die Bilder waren vielen zu ästhetisch und würden von der eigentlichen Handlung ablenken. Nun, ob das wirklich ablenkt, das liegt natürlich im Auge des Betrachters. Nur zur Erinnerung, Claire Denis hat 1999 mit "Beau Travail" einen ganzen Film damit ausgefüllt, Männer und ihre Körper zu präsentieren, da war die Handlung tatsächlich dünn, aber auch das hat funktioniert.

Aber zurück zu Morel und seinem Film über Männer und Männlichkeit. Es gibt durchaus homoerotische Ansätze, mal abgesehen von der Liebe zwischen Olivier und Hicham, beispielsweise eine Szene in der die drei Brüder nackt und schlafend in einem Bett liegen und sich in den Armen halten. Und doch ist das kein schwuler Film im üblichen Sinn, gerade weil es hier nicht um irgendeine Form von Sexualität geht, sondern um den Zusammenhalt der Brüder als Familie.

Insgesamt gesehen ein sehenswerter Film, den Gaël Morel wunderbar inszeniert hat und der von den drei Hauptdarstellern lebt, die sehr authentisch sind. Neben dem jungen Thomas Dumerchez in seiner ersten Rolle, sind es besonders Stéphane Rideau und Nicolas Cazalé, die hier überzeugen können. Absolut empfehlenswert, aber wie üblich nur für Liebhaber kleiner Filme, in denen das Wort "Mainstream" keinen Platz findet.

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