Dienstag, 25. Oktober 2011

Dreileben

"Dreileben" ist ein gemeinsames Filmprojekt von Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler (jeweils Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011. Basierend auf einem gemeinsamen Hintergrund entwickelte jeder der Regisseure einen eigenständigen Film, also keine Fortsetzungsgeschichte, sondern in sich geschlossene Handlungen.

Den Anfang macht Christian Petzold mit der Episode "Etwas Besseres als den Tod", danach folgt Dominik Graf mit "Komm mir nicht nach" und schließlich Christoph Hochhäusler mit "Eine Minute Dunkel". Alle drei Filme liefen im Fernsehen hintereinander, aber mal ehrlich, wer soll sich das ansehen? Es handelt sich hier immerhin um insgesamt viereinhalb Stunden Programm. Ich kann deshalb nur empfehlen, sich die Filme auf DVD zu besorgen und sie in Ruhe anzuschauen, das habe ich jedenfalls so gemacht.

Den Hintergrund bildet die Geschichte der eher zufälligen Flucht eines Sexualstraftäters, der sich in einem Krankenhaus im thüringischen Wald von seiner verstorbenen Pflegemutter verabschiedet und durch die Unachtsamkeit eines Pflegers entkommen kann. Sofort wird eine Großfahndung eingeleitet, während der Flüchtling sich im Wald versteckt.

Die erste Episode von Christian Petzold erzählt die Geschichte von dem jungen Pfleger, der ohne Absicht für die Flucht des Straftäters sorgt. Der junge Mann, der Medizin studieren will und ein Stipendium in Amerika in Aussicht hat, verliebt sich in eine junge Frau aus Bosnien, die als Zimmermädchen in einem Hotel arbeitet. Während ihre gemeinsame Liebe, wenn auch problembehaftet, wächst, erscheint plötzlich mit der Tochter des Chefarztes der Klinik eine verflossene Liebe, die wieder aufblüht. Die Suche nach dem entlaufenen Straftäter findet hier nur am Rande statt.

Den Mittelteil bildet der Film von Dominik Graf. Hier geht es um eine Polizeipsychologin, die in diesem Fall zu Hilfe gerufen wird. Sie begegnet einer früheren Freundin und deren Mann, bei denen sie vorübergehend wohnen kann. Alte Erinnerungen werden wachgerufen, es wird viel geredet, geraucht und getrunken. Fragen nach dem Sinn des Lebens, der eigenen Existenz werden gestellt. Was wäre gewesen, wenn man die eine oder andere Entscheidung im Leben anders getroffen hätte? Wer kann das schon sagen?

Im letzten Teil erzählt Christoph Hochhäusler die Geschichte des Flüchtlings, der sich im Wald versteckt, auf der Suche nach Nahrung ist und den Polizisten immer ein bisschen voraus ist. Ihm auf der Spur ist auch ein älterer und nicht mehr sehr gesunder Ermittler, der sich mehr und mehr fragt, ob der Gesuchte auch tatsächlich ein Mörder ist oder ob hier vielleicht doch ein Justizirrtum vorliegt.

Also insgesamt kann ich sagen, dass das ein sehr empfehlenswertes Filmprojekt ist, das man sich wirklich gut anschauen kann. Mein persönlicher Favorit ist der erste Teil, der zwar sehr ruhig erzählt wird, aber sehr überzeugend ist. Der zweite Teil ist zu geschwätzig und zu vollgepackt. Hier wird zwar viel geredet, aber nichts gesagt. Das retten aber die guten Darsteller, die über jeden Zweifel erhaben sind und die Geschichte trotz aller Mängel überzeugend abliefern können. Die letzte Episode ist von Kameramann Reinhold Vorschneider in wunderbaren Bildern eingefangen, die die Flucht des Straftäters in den Wald und seine Befindlichkeiten hervorragend aufzeigen. Natürlich braucht es zu so einer Charakterstudie aber auch die Klasse eines Schauspielers wie Stefan Kurt, um das glaubhaft zu verkörpern. Er wird als Monster gejagt, wirkt aber eigentlich wie ein verlorenes Kind.

Die Schauspieler sind hier auch die treibende Kraft, denn sie überspielen die gelegentlichen Schwächen der Drehbücher mit Leichtigkeit. Neben dem schon erwähnten wunderbaren Stefan Kurt müssen hier auch noch Jeanette Hain, Susanne Wolff, Misel Maticevic, Jacob Matschenz und Eberhard Kirchberg besonders gewürdigt werden, die das ganze zu einem gelungenen Bild abrunden. Ein tolles Projekt, das ich nur wärmstens empfehlen kann und das mit unverbrauchten Gesichtern Lust auf deutschen Film macht. Bitte mehr davon.

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