Samstag, 25. September 2010

Der Busenfreund

"Der Busenfreund" ist ein Film von Ulrich Seidl (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1997, ursprünglich für das Fernsehen entstanden und nun erstmalig auf DVD erhältlich.

Wer sich einen Film von Ulrich Seidl anschaut, der muss auf einiges gefasst sein, denn hier blickt man oft direkt in die Hölle. Genau das macht seine Filme aber so einzigartig und empfehlenswert. Auch "Der Busenfreund" ist wieder mehr Dokumentation als Spielfilm, auch wenn sich das bei Seidl nicht immer genau trennen lässt. Hier geht es um den Wiener Mathematiklehrer René Rupnik, ein Mann um die Fünfzig, der mit seiner alten Mutter zusammen lebt. Sechzig Minuten lang bekommen wir einen Einblick in das Leben dieses Menschen, der dabei fortwährend redet. Sein bevorzugtes Thema ist die Anatomie der Frau, die von ihm ausführlich beschrieben wird. Man fragt sich unwillkürlich, woher er diese Kenntnisse wohl hat, von echten Frauen wohl eher nicht.

Rupnik ist pedantisch in seinen Handlungen, das Fußabtreten vor der Tür wirkt schon sehr befremdlich, ist aber noch relativ harmlos, wie man im Laufe der Zeit merken wird. Die Wohnung ist zugemüllt mit Bergen von Zeitungen und Papier, die sich überall in die Höhe stapeln, während Rupnik tagtäglich die Altpapiertonnen in der Umgebung plündert und weiteren Unrat nach Hause schleppt. Um seine Mutter kümmert er sich kaum, sie wird von ihm größtenteils ignoriert und bevormundet.

Die ausführlichen und unendlichen Schilderungen des weiblichen Körpers lassen einen schließlich recht fassungslos zurück. Das wichtigste an einer Frau ist für ihn der Busen, von dem er besonders besessen ist. Dazu gibt er dann noch so faszinierende Erkenntnisse von sich, wie z. B. etwa so: Mit einem richtigen Busen kann Frau ja Karriere machen, als Sekretärin, Ehefrau oder Geliebte etwa. Wer keinen richtigen, sondern einen schwachen Busen hat, ist ja eh nur deprimiert und hat überhaupt keine Chancen im Leben. Den perfekten Busen, so Rupnik, hat übrigens Senta Berger, für die er eine Obsession entwickelt hat, die teilweise schon bedrohliche Züge angenommen hat.

Besonders schön ist auch seine Definition des Wortes "Weib", aber da möchte ich an dieser Stelle nicht näher drauf eingehen. Dieser René Rupnik ist ein Außenseiter, der aus der Gesellschaft gefallen ist und fast könnte er einem leid tun, wenn er nur nicht pausenlos so einen Unsinn reden würde.

Wie üblich bei Ulrich Seidl sieht man auch hier wieder mehr, als man eigentlich sehen möchte, aber das echte Leben ist eben manchmal gnadenlos und genau das zeigt Seidl in seinen Arbeiten. Er stellt seine Protagonisten niemals bloß, auch hier nicht. Aber er zeigt uns eine Wahrheit, die unangenehm ist und die wir gerne verdrängen wollen.

Insgesamt gesehen sehr sehenswert, wie auch die anderen Filme von Ulrich Seidl, aber nicht für jeden Geschmack.  

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