Sonntag, 22. Januar 2012

Das traurige Leben der Gloria S.

"Das traurige Leben der Gloria S." ist ein Film von Christine Groß und Ute Schall (beide Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011.

Die Regisseurin Charlotte Weiß (Nina Kronjäger) ist genervt. Ihr letzter Film, über das Leben von Ulrike Meinhof, ist nicht so geworden, wie sie das wollte und wurde auch noch von einem Kollegen verrissen. Also beschließt Charlotte, etwas Neues zu versuchen, nämlich einen Dokumentarfilm. Thema: Frauen in schwierigen Lebensumständen, Hartz IV, alleinerziehend, so etwas in der Richtung.

Charlottes Produzentin Margarete (Margarita Broich) ist von dem Plan nicht sehr angetan, kann es ihr aber auch nicht ausreden. Dass Charlotte von der Thematik keine Ahnung hat, weder vom Dokumentarfilm, noch von der Realität der Frauen, die sie porträtieren will, stört sie nur wenig. Doch wo macht man solche Frauen ausfindig? Charlotte macht deshalb das, was sie immer macht: ein Casting.

Dort erscheint die erfolglose Schauspielerin Gloria Schneider (Christine Groß), die zusammen mit einer kleinen Schauspielgruppe regelmäßig vor ein paar Zuschauern Theater spielt. Gloria ist pleite und braucht den Job, um überleben zu können. Also tischt sie Charlotte und ihrem Team eine Lebensgeschichte auf, die sich gewaschen hat. Sie war im Gefängnis, wurde dort vom Wärter vergewaltigt, bekam eine Tochter, lebt von Hartz IV, usw. Charlotte ist begeistert und Gloria wird ihre Protagonistin.

Nun rückt das kleine Filmteam (Kameramann, Tonfrau, Aufnahmeleiterin) in Glorias Wohnung ein, die sie mit Hilfe einer Freundin erstmal umgestaltet hat. Charlotte will Gloria in ihrem normalen Umfeld filmen, alles soll ganz natürlich aussehen. Also sitzt Gloria in ihrer kleinen Küche und trinkt ihren Kaffee, während das Filmteam sich ständig selbst im Weg steht und dauernd etwas umschmeißt.

Als Gloria beim Einkaufen gefilmt wird, trifft sie zufällig auf ihren Kollegen Pierre (Jean Chaize), der kurzerhand die Rolle des ehemaligen Gefängniswärters und Vater von Glorias Tochter Paula übernimmt. Paula selbst wird von einer jungen und hochschwangeren Kollegin gespielt, was der Geschichte erneut noch einen Höhepunkt aufsetzt. Der Vater des ungeborenen Kindes der sechzehnjährigen Paula ist selbstverständlich ein kleiner Krimineller, hier wird schließlich nichts ausgelassen.

Von Gloria und ihren Freunden unbemerkt, kommt das Filmteam jedoch irgendwann hinter ihr Geheimnis und dreht nun den Spieß um, in dem es die Geschichte von Gloria noch weiter ausschmückt. Gloria muss mitspielen, ob sie will oder nicht, denn sie kann ihre Tarnung nicht aufgeben. Also bis zum bitteren Ende weitermachen.

Dieser kleine und feine Film, der mit gerade mal 75 Minuten recht kurz gehalten ist, sollte unbedingt angeschaut werden, denn er ist eine wahre Perle. Die Story ist genial und die Umsetzung ist es auch. Allein schon das Filmteam ist zum Schreien und die Dreharbeiten in der kleinen Wohnung gestalten sich als schwierig und gleichzeitig sehr komisch.

Die Besetzung kann nur als gelungen bezeichnet werden, auf der einen Seite die verpeilte Regisseurin Charlotte, traumhaft gespielt von einer sensationellen Nina Kronjäger, und auf der anderen Seite die Schauspielerin Gloria, ebenso toll gespielt von Christine Groß. Der Rest des Ensembles ist ebenfalls äußerst sehenswert, wie der ganze Film.

Bitte nicht verpassen, der Film lohnt sich auf jeden Fall. Ganz große Empfehlung von mir und meinen Respekt für das ganze Team. Klasse.
 

Samstag, 21. Januar 2012

Nico - Icon

"Nico - Icon" ist ein Dokumentarfilm von Susanne Ofteringer (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1995.

Der Film handelt von Christa Päffgen, die 1938 in Deutschland geboren wurde und im Juli 1988 auf Ibiza starb. Sie war ein einsames, aber wunderschönes junges Mädchen, das bereits im Alter von 16 Jahren für Modeaufnahmen engagiert wurde. Kurz darauf zog sie nach Paris, um dort für die Vogue zu modeln.

Bald schon spielte sie auch kleine Nebenrollen in Filmen, bevor sie nach New York ging und dort die Schule von Lee Strasberg besuchte. Später gehörte sie der Factory um Andy Warhol an und wurde Sängerin bei "Velvet Underground". Das hielt jedoch nicht lange, weil besonders Lou Reed, mit dem Nico - so war inzwischen ihr Künstlername - eine kurze Affäre hatte, für ihren Rauswurf aus der Gruppe sorgte. Die beiden Bandmitglieder John Cale und Sterling Morrison blieben Nico jedoch verbunden und halfen ihr bei ihren Soloprojekten.

Ihrer Musik blieb Nico treu und sie trat auch in späteren Jahren immer wieder in kleinen Clubs auf. Von ihrer einstigen Schönheit war allerdings kaum noch etwas übrig, diese hatte sie selbst immer gehasst. Sie gefiel sich in der Rolle eines Freaks und das wurde sie dann auch tatsächlich, denn der über Jahre andauernde Drogenkonsum hatte ihre Schönheit ausgelöscht.

Im Jahr 1962 wurde ihr Sohn Ari geboren, der Vater war Alain Delon, der dies jedoch immer bestritten hat, obwohl sich die Ähnlichkeit mit ihm nun wirklich nicht leugnen lässt. Ari wuchs bei seiner Großmutter Edith Boulogne auf, deren eigener Sohn (Alain Delon) daraufhin den Kontakt zu ihr abbrach. Ari zog später zu seiner Mutter, die ihn selbst an die Drogen brachte und mit ihm gemeinsam Heroin nahm.

Nico hatte im Laufe ihres Lebens viele Liebhaber, darunter unter anderem Philippe Garrel, Lou Reed, Jim Morrison und Jackson Browne. In dieser Dokumentation kommen auch noch einige ehemalige Mitglieder der Factory zu Wort, z. B. Jonas Mekas, Paul Morrissey und Billy Name.

Insgesamt gesehen ist diese Dokumentation ein sehr sehenswertes Projekt, das ich schon in den Neunziger Jahren geliebt habe und nun endlich auch auf DVD vorliegen habe. Zugegeben, die DVD ist schwer zu bekommen und auch etwas teurer, aber sie ist es wert. Das ist ein ganz großartiges Zeitdokument und verdient auf jeden Fall viele Zuschauer. Susanne Ofteringer hat hier einen sehr guten Film geschaffen und der Künstlerin Nico eine späte, aber verdiente Würdigung erwiesen. Ganz große Empfehlung deshalb von mir.

Black Dahlia

"Black Dahlia" ist ein Film von Brian De Palma aus dem Jahr 2006. Das Drehbuch stammt von Josh Friedman und basiert auf dem gleichnamigen Kriminalroman von James Ellroy.

Die Handlung spielt in Los Angeles im Jahr 1947. Eine junge Frau wird tot aufgefunden, ihre Leiche ist grausam zugerichtet. Ihr Name war Elizabeth Short (Mia Kirshner) und sie wollte in L. A. Karriere als Schauspielerin machen und berühmt werden. Nun, berühmt ist sie geworden, aber ganz anders, als geplant. Bei dieser Geschichte griff James Ellroy in seinem Roman auf eine wahre Begebenheit zurück, denn diesen Mord an Betty Short hat es tatsächlich gegeben und er wurde niemals aufgeklärt.

Die ermittelnden Polizisten sind unter anderem Dwight Bleichert (Josh Hartnett) und sein etwas älterer Kollege Lee Blanchard (Aaron Eckhart), beide ehemalige Boxer, die sich nun im Polizeidienst hochkämpfen. Sie werden beste Freunde und Lees Freundin Kay (Scarlett Johansson) komplettiert das Trio. Die Suche nach dem Mörder von Betty Short wird für Lee und Dwight zur Obsession, unter der auch ihr Privatleben leidet. Zudem melden sich noch Geister aus der Vergangenheit, die es zu bewältigen gilt.

Die Ermittlungen gehen bis in die höchsten Kreise und so mancher hat hier Dreck am Stecken. Es droht Gefahr von vielen Seiten und wer hier keinen klaren Kopf behält, der wird ihn am Ende noch verlieren...

Die Handlung des Films kann man eigentlich gar nicht wiedergeben, weil sie noch so viele Haken schlägt. Mehr jedenfalls, als dem Film insgesamt gut tut. Darum geht es hier aber gar nicht. Ein so umfangreiches Buch in einen zweistündigen Film zu packen, ist immer eine schwierige, fast unlösbare Aufgabe.

Mit Brian De Palma wurde hier ein großartiger Regisseur verpflichtet, dessen Werke immer etwas Besonderes sind. Er hat seinen eigenen Stil, den er auch hier wieder grandios einsetzt. Die Bilder und die Ausstattung sind exzellent und ein wahrer Genuss. De Palma ist ein Künstler, der weiß was er tut. Das könnte also alles so schön und überwältigend sein, wäre da nicht bei der Besetzung so viel schiefgelaufen.

Bei Aaron Eckhart gibt es nichts zu meckern, denn er zählt hier noch zu den Highlights. Er geht zwar manchmal ein bisschen "Over the Top", aber er verfügt über eine komplexe Persönlichkeit, die er mühelos in seine Figur einbringt. Josh Hartnett ist blass, viel zu jung und unerfahren, um diese Rolle glaubhaft spielen zu können, das konnte nur daneben gehen. Gleiches gilt für Scarlett Johansson, die zudem nur ihre einstudierten Gesten hat, die ganz schnell nerven und total unglaubwürdig sind. Unglaubwürdig ist auch die ständig überschätzte Hilary Swank als "verruchte" Femme Fatale. Fatal ist hier nur ihre schlechte Karikatur einer Femme Fatale, die leider nur komplett lächerlich ist.

Der einzige Lichtblick, neben Aaron Eckhart, ist Mia Kirshner als Betty Short, die ihrer Figur wirklich Leben einhaucht und in ihren wenigen Szenen mehr ausdrückt, als alle anderen Schauspieler zusammen. Hier spürt man die Tragik des Lebens dieses jungen Starletts, dessen Träume sich nicht erfüllen und dessen Leben so früh und so grausam enden wird.

Was hätte das für ein großartiger Film werden können, wenn man ihn mit reiferen Darstellern gedreht hätte. So bleibt es leider nur ein Film der verpassten Möglichkeiten, der sich etwas schwerfällig hinzieht und den man sofort wieder vergisst. Lediglich die fehlbesetzten Darsteller bleiben noch eine Zeit im Kopf, aber das ist keine positive Erinnerung. Schade.

Trotz allem empfehle ich noch die Extras auf der DVD, die von der Geschichte Betty Shorts und der Entstehung des Films berichten. Brian De Palma erläutert seine Sicht auf den Film und allein das ist wunderbar anzuschauen. Für den Film an sich gebe ich aber nur eine eingeschränkte Empfehlung ab, so leid es mir auch tut.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Polanski - Unauthorized

"Polanski - Unauthorized" ist ein Film von Damian Chapa (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2009. Das Drehbuch schrieb Chapa zusammen mit Carlton Holder. In diesem sogenannten "Biopic" fungiert Chapa gleichzeitig noch als Produzent und Hauptdarsteller und verhebt sich dabei mächtig.

Das Leben des Ausnahmeregisseurs Roman Polanski, der ja gottseidank noch unter uns weilt, bietet genug Stoff für Geschichten aller Art, war sein Leben doch oft von Schicksalsschlägen gezeichnet. Geboren in Frankreich, aufgewachsen in Polen, hat er die Kriegsjahre allein und versteckt überlebt, seine Mutter verloren und seinen Vater später wiedergefunden. Der weitere Verlauf dürfte hinlänglich bekannt sein. Wer allerdings wirklich etwas über den Menschen Roman Polanski wissen will, der sollte sich andere Quellen als diese suchen, denn hier folgt nur Schmierentheater, dass Damian Chapa scheinbar für die Wahrheit hält. Ich habe Sie gewarnt...

Chapa inszeniert diesen Film in bester "Ed Wood-Manier", nämlich furchtbar dilettantisch, fühlt sich aber anscheinend als großer Filmemacher und übernimmt gleich selbst die Hauptrolle, auch wenn Roman Polanski wohl nie wirklich übergewichtig war. Egal, denn der völlig ausdruckslose und talentfreie Regisseur/Hauptdarsteller/Produzent Chapa hat offenbar keine Schmerzgrenze, aber dafür viel Fantasie.

Die Geschichte springt ständig zwischen den Jahrzehnten und Ereignissen hin und her, die Settings sind - vorsichtig ausgedrückt - grauenhaft und billig, ebenso wie die "Darsteller", den Regisseur/Hauptdarsteller/Produzenten eingeschlossen.

Der ganze Film ist eine einzige Unverschämtheit, weil Chapa es hier wagt die These zu vertreten, Roman Polanski hätte sich freiwillig mit dem Teufel eingelassen und würde somit selbst für das, was ihm alles passiert wäre, die Schuld tragen. Ich bin absolut fassungslos angesichts dieser persönlichen Anmaßung und Kaltschnäuzigkeit. Diese unterschwellige Verurteilung eines Menschen, der viel Schlimmes erlebt hat, ist wirklich unglaublich. Hier kommt wieder genau das Bild auf, dass wohl viele Amerikaner mit Polanski verbinden: Der böse Ausländer, der ja genau dieses Unheil auch verdient hat. Das schlägt ja wohl dem Fass den Boden aus.

Wer mehr über Roman Polanski erfahren will und wer wissen will, wie das amerikanische Gesetz mit ihm umgegangen ist, der möge sich die Dokumentation "Roman Polanski : Wanted and Desired"  von Marina Zenovich aus dem Jahr 2008 anschauen, da gehen einem die Augen auf.

Damian Chapa liefert hier nur eine grauenvolle Vorstellung eines sexgeilen Monsters ab, der ständig raucht und Drogen nimmt, während er Frauen abschleppt. Die Filme Polanskis werden gar nicht erwähnt und die Ermordung von Sharon Tate wird nur knapp angerissen. Insgesamt gesehen ist dieses Projekt eine unerhörte Frechheit von einem "Möchtegern-Künstler", den man für diesen Film einfach nur verachten sollte und der sich durch seine Darstellung hier gottseidank selbst disqualifiziert. Pfui!
   

Sonntag, 15. Januar 2012

Leben und Sterben in L.A.

"Leben und Sterben in L.A." - "To Live and Die in L.A." ist ein Film von William Friedkin aus dem Jahr 1985. Das Drehbuch schrieb Friedkin zusammen mit Gerald Petievich.

Der Secret Service-Agent Jimmy Hart (Michael Greene) steht kurz vor seiner Pensionierung. Er ist dem gerissenen Geldfälscher Eric Masters (Willem Dafoe) auf der Spur und will ihn in seiner Werkstatt stellen. Dazu kommt es aber nicht, denn Hart wird von Masters und einem seiner Handlanger getötet. Harts junger Kollege und Freund Richard Chance (William L. Petersen) will den Tod seines langjährigen Partners rächen.

Chance bekommt den unerfahrenen John Vukovich (John Pankow) als neuen Partner an die Seite gestellt. Der kommt zunächst mit den Methoden von Chance so gar nicht klar, bis er am Ende gar nicht anders kann, als selbst so skrupellos zu handeln.

Das Ziel der Rache von Chance ist weiterhin Eric Masters, den er unbedingt fassen will. Doch Masters ist eine Klasse für sich, kein kleiner Gangster, der irgendwelche Fehler macht. Chance und Vukovich geben sich als potentielle Kunden aus, die sein Falschgeld kaufen wollen. Masters besteht auf einem Vorschuss von 30.000 Dollar, die die beiden Ermittler von ihrer Behörde aber nicht bekommen können.

Chance erfährt von seiner Geliebten Ruth (Darlanne Fluegel), die gleichzeitig seine Informantin ist und nur deswegen nicht im Knast sitzt, dass ein Diamantenhändler in der Stadt auftauchen wird, der einen Deal über 50.000 Dollar abschließen will. Abgebrüht wie er ist, beschließt Chance, den Händler am Flughafen abzupassen und ihm das Geld abzunehmen, um damit den Handel mit Masters einzufädeln. Vukovich hat zwar noch Einwände, doch Chance ist fest entschlossen.

Zuerst scheint alles zu funktionieren, doch dann läuft die Sache aus dem Ruder, der Händler wird erschossen und die beiden Cops müssen in einer halsbrecherischen Verfolgungsjagd über die Highways der Stadt um ihr Leben bangen. Nachdem das überstanden ist, steht eine erneute Begegnung mit Masters an, die dramatisch endet.

Was für eine Story und was für ein Film. Hier alle Geschehnisse zu verraten wäre gemein, es gibt schließlich so viel zu entdecken. Wir sind in den Achtzigern, definitiv. Der überaus stimmige Soundtrack von Wang Chung unterstreicht die Handlung sehr passend. Insgesamt erinnert hier auch viel an "Miami Vice", natürlich die Original-Serie und nicht den blassen Spielfilm.

Der Zeitgeist ist gut eingefangen und die Darsteller überzeugen in ihren Rollen. William L. Petersen ist als Chance sehr ambivalent, aber nie wirklich unsympathisch, auch wenn er einige Grenzen überschreitet. Man ist trotz allem bei ihm und auf seiner Seite, selbst wenn er fragwürdig handelt. Dass ihm das alles letztendlich nichts nützt, ja das ist eben der Lauf der Dinge. Sein Partner Vukovich wird seinen Part übernehmen und gleichzeitig auch seine Informantin.

Das ist natürlich ein reiner Männerfilm hier, Frauen tauchen nur am Rand auf und haben eigentlich kaum eine Funktion. Ruth beispielsweise wechselt nur in der Abhängigkeit von einem Mann zum Nächsten. William L. Petersen und Willem Dafoe sind brillant, mehr ist dazu nicht zu sagen. In einer Nebenrolle ist noch der junge John Turturro zu bewundern, der den Cast komplettiert.

Insgesamt gesehen ein wirklich sehenswerter Thriller, der von William Friedkin überaus virtuos in Szene gesetzt wurde. Sehr empfehlenswert.
 

Exotica

"Exotica" ist ein Film von Atom Egoyan (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1994.

Das "Exotica" ist ein Nachtclub in Toronto. Eigentlich ist es eine Art Striplokal, wo die Tänzerinnen für ein paar Dollar auch an den Tisch kommen und nur für einen Kunden tanzen. Es gibt aber eine feste Regel, die jeder akzeptieren muss, die Männer dürfen nur anschauen, aber nicht anfassen. Wer sich nicht daran hält, der landet auf der Straße und bekommt Hausverbot.

Geleitet wird der Club von der hochschwangeren Zoé (Arsinée Khanjian), die den Laden von ihrer Mutter übernommen hat. Als Conférencier und gleichzeitig auch Rausschmeißer ist Eric (Elias Koteas) hier tätig. Die junge Christina (Mia Kirshner) steht Abend für Abend in einer Schulmädchenuniform auf der Bühne und hat einen Stammkunden, für den sie meistens tanzt. Der Steuerprüfer Francis (Bruce Greenwood) ist vernarrt in Christina.

Francis führt eine Buchprüfung bei dem Zoohändler Thomas (Don McKellar) durch, der dadurch ebenfalls in die Geschichte mit einbezogen wird. Der eifersüchtige Eric, ein Ex-Freund von Christina, überredet Francis, Christina während des Tanzes zu berühren, sie würde das wollen. Als Francis das später tatsächlich auch tut, wird er von Eric persönlich aus dem Club geworfen.

Francis schlägt Thomas einen Deal vor. Wenn dieser an seiner Stelle in den Club geht und mit Christina spricht, dann würde er über einige Ungereimtheiten in seinen Büchern hinwegsehen. In der Zwischenzeit realisiert Francis, dass Eric ihm eine Falle gestellt hat und will sich rächen. Im Schreibtisch von Thomas findet er eine Waffe, die er an sich nimmt.

Die handelnden Personen und ihre persönlichen Geschichten sind auf raffinierte Weise miteinander verknüpft. Erst ganz am Ende schließt sich der Kreis und man kann nur Staunen, wie komplex Atom Egoyan das erdacht hat. Die einzelnen Schicksale ergeben zusammen eine bittersüße Story, die sehr berührt. Inszeniert ist das alles sehr behutsam, beinahe zärtlich und auch sehr fesselnd.

Die Schauspieler sind eine Offenbarung, jeder von ihnen ist ein Erlebnis. Ich habe jedenfalls selten ein besseres Ensemble gesehen. In einer kleinen Nebenrolle ist die noch sehr junge Sarah Polley zu bewundern, die auch schon in jungen Jahren eine ganz Große ist.

Ein überwältigender Film, untermalt von schöner Musik, unter anderem von dem Leonard Cohen-Song "Everybody Knows". Eine deutsche DVD-Fassung gibt es leider nicht, was tatsächlich ein Skandal ist. Hierzulande kann man sich nur die englischsprachige Fassung besorgen, die ich wirklich nur Jedem ans Herz legen kann, es lohnt sich. Ganz große Empfehlung für ein kleines Meisterwerk.

Swans

"Swans" ist ein Film von Hugo Vieira da Silva (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011.

Tarso (Ralph Herforth) und sein sechzehnjähriger Sohn Manuel (Kai Hillebrand) kommen aus Portugal zu Besuch nach Berlin. Sie wollen Petra (Maria Schuster) besuchen, Tarsos frühere Freundin und Manuels Mutter, die er aber seit dreizehn Jahren nicht mehr gesehen hat und an die er auch keine Erinnerungen hat.

Petra liegt nach einer Chemotherapie im Koma, schwebt irgendwo zwischen Leben und Tod, ist aber insgesamt mehr tot als lebendig. Tarso und Manuel kommen in Petras Wohnung in der Gropiusstadt unter, die sie sich mit ihrer Freundin Kim (Vasupol Siriviriyapoon) teilt, die aber nur selten zu Hause ist. Tarso und Manuel sprechen nicht viel miteinander, zu sagen haben sie sich sowieso nichts. Sie sehen zusammen fern, das ist schon die einzige Gemeinsamkeit.

Tarso besucht Petra und hofft vergebens auf eine Reaktion von ihr, die natürlich nicht kommt. Manuel kann mit der ihm nahezu unbekannten Frau nichts anfangen, er ist lieber mit seinem Skateboard unterwegs und erkundet die Stadt. Neugierig schnüffelt er in Petras Wohnung herum, durchsucht ihre und Kims Sachen, mehr passiert hier nicht. Ach doch, einmal im Krankenhaus befummelt er den nackten Körper seiner Mutter. Das ist dann irgendwo zwischen abstoßend und lächerlich einzuordnen.

War sonst noch was? Ja richtig, Kim ist ein Hermaphrodit, also ein Zwitter. Das ist für die Geschichte völlig unwichtig, ich wollte es nur erwähnt haben.

Gesprochen wird in diesem Film nur wenig und wenn, dann nuscheln die Beteiligten dermaßen vor sich hin, dass sowieso kaum etwas zu verstehen ist. Das ganze Übel dauert stattliche zwei Stunden und verlangt einem ganz schön was ab. Die Figuren sind zu keiner Zeit sympathisch, was die Sache nur noch erschwert. Mit Kai Hillebrand konnte ich persönlich nichts anfangen und mit Ralph Herforth ohnehin nicht.

Einzig erwähnenswert sind die Bilder von Kameramann Reinhold Vorschneider, der sehr gute Arbeit leistet, wie immer. Ansonsten kann ich nur sagen, das ist aufgeblasener Scheiß und völlig überschätzt. Vielleicht habe ich den Film auch nur nicht verstanden, wer weiß.

Als Extra gibt es noch ein auf Englisch geführtes Interview mit dem aus Portugal stammenden Regisseur, das auch noch mal ganze 80 Minuten dauert. Leider ist das nicht untertitelt und der Ton ist saumäßig, also wer sich da auch noch durchquälen will, bitte sehr. Viel mehr als unverständliches Gestammel und ein im Hintergrund ständig klingelndes Telefon gibt es hier nicht.

Von mir also garantiert keine Empfehlung für dieses Werk, sondern eher eine Warnung: Finger weg.

 

Donnerstag, 12. Januar 2012

Das Hausmädchen

"Das Hausmädchen" - "Hanyo" ist ein Film von Im Sang-soo (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2010 und basiert auf dem gleichnamigen Film von Kim Ki-young aus dem Jahr 1960.

Die junge Eun-yi (Do-yeon Jeon) wird als neues Hausmädchen bei einer reichen Familie eingestellt. Die ältere Hausdame Byung-sik (Yeo-Jong Yun) weist sie in ihre Arbeit ein. Eun-yi soll sich um die kleine Tochter Nami (Seo-Hyeon Ahn) und um die hochschwangere Ehefrau Hae-ra (Woo Seo) kümmern, die Zwillinge erwartet. Eun-yi macht ihre Arbeit gerne und fühlt sich in dem Haus wohl.

Der Hausherr Hoon Goh (Jung-jae Lee), ein reicher Erbe und erfolgreicher Geschäftsmann, sieht blendend aus und ist ein Genussmensch. Sein Haus ist ein wahrer Palast, erlesen ausgestattet mit allem nur erdenklichen Luxus. Wenn er nach Hause kommt, dann erwartet ihn schon ein ausgezeichneter Rotwein, bei dem er es sich gut gehen lässt. Da seine schwangere Frau ihn sexuell zurzeit nicht zufriedenstellen kann, landet er schnell bei Eun-yi im Zimmer, die ihn nicht abweist.

Eun-yi deutet seine Annäherung als Zuneigung und lässt sich auf eine leidenschaftliche Affäre ein, während Hoon nur auf sein Vergnügen und seine Befriedigung aus ist. Byung-sik ist lange genug schon in diesem Haus und bei dieser Familie, ihr entgeht nichts und so registriert sie auch schnell, was hier vor sich geht. Sie ist auch die erste, die von Eun-yis Schwangerschaft Wind bekommt, noch bevor Eun-yi selbst etwas davon bemerkt.

Byung-sik informiert Hae-ras Mutter (Ji-Young Park), die daraufhin der unpassenden Schwangerschaft ein Ende machen will. Sie sorgt dafür, dass Eun-yi einen Unfall im Haushalt hat, doch das Kind verliert sie dabei nicht. Erst im Krankenhaus erfährt Eun-yi von ihrem Zustand und entschließt sich, das Kind zu bekommen. Eine gefährliche Entscheidung, wie sie bald feststellen muss, denn Hae-ra und ihre Mutter sind zu allem entschlossen.

Mehr verrate ich hier nicht, das sollte sich wirklich jeder selbst anschauen, es wird noch sehr brisant. Das schockierende und geniale Ende ist jedenfalls äußerst sehenswert, wie schon der ganze Film. Claude Chabrol hätte diesen Film sicher geliebt, denn die Gesellschaftskritik, die hier aufgegriffen wird, findet sich oft auch in seinen Werken. Hier die Reichen und dort die Armen und zwischen ihnen ein Abgrund an Boshaftigkeiten, die man kaum in Worte fassen kann.

Eingerahmt von einem Prolog und einem Epilog erzählt der Film eine bitterböse Geschichte, die einem manchmal schon den Atem rauben kann. Die naive junge Frau, die sich nur nach Liebe sehnt und in einem wahren Hexenkessel landet, der alles Menschliche verschlingt und nicht wieder hergibt. Ebenso interessant ist die Figur der älteren Hausdame, die zwar nicht weiter vertieft wird, deren Schicksal man aber erahnen kann. Hier ist ganz viel Platz für persönliche Spekulationen.

Der überaus attraktive Hausherr ist, wie die meisten Personen in seiner Familie, ein Mensch ohne Gefühle, der nur auf den eigenen Vorteil und seinen Genuss aus ist, in jeder Beziehung. Seine junge Frau und deren Mutter sind fixiert auf ihren Status und um den kämpfen sie mit allen Mitteln. Byung-sik hat Eun-yi früh vor diesen Menschen gewarnt, sie seien widerlich, abstoßend, gemein und ekelhaft, doch diese Warnung hat die junge Frau nicht verstanden. Dafür ist ihre Rache später umso größer.

An die fremde Mentalität muss man sich erst gewöhnen. Sätze wie z.B. "Es tut mir leid, von Ihnen schwanger zu sein" klingen natürlich befremdlich, wenn nicht gar belustigend, aber innerhalb dieser Handlung machen sie durchaus Sinn. Visuell ist dieser Film einfach überragend, hier passt jedes kleinste Detail und die Ausstattung und die Bilder sind hervorragend. Die Schauspieler sind perfekt besetzt, die Musikuntermalung ist gelungen, einfach alles ist hier genial.

Insgesamt gesehen ein wirklich großartiger, erotischer und spannender Film, den man nicht verpassen sollte. Für mich ein absolutes Highlight. Ganz große Empfehlung, ohne Wenn und Aber.

Dienstag, 10. Januar 2012

Delictum

"Delictum" - "No-Do" ist ein Film von Elio Quiroga (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2009.

Francesca (Ana Torrent) und ihr Mann Pedro (Francisco Boira) ziehen mit ihrem kleinen Sohn aufs Land. Das Anwesen gehört der Kirche und dort hat bis vor kurzem ein Bischoff gelebt. Francesca ist eine übervorsichtige Mutter und lässt ihren Sohn kaum aus den Augen, da sie bereits eine Tochter verloren hat. Pedro versucht alles, um seiner Frau zu helfen, aber er verzweifelt immer öfter an ihrem Zustand.

Nachts wird Francesca von unheimlichen Geräuschen geweckt, die sie sich nicht erklären kann. Sie hört Stimmen und Schreie und spürt die Anwesenheit von etwas Übernatürlichem. Pedro glaubt ihr natürlich kein Wort und bringt den kleinen Sohn vorerst zu seinen Eltern, damit Francesca sich erholen kann.

Die alte Blanca (Maria Alfonsa Rosso), die jahrzehntelang in einer Art Koma gelegen hat, taucht immer wieder vor dem Haus auf und sucht ihren Mann. Sein Verschwinden muss etwas mit diesem Haus zu tun haben, wie ein altes Foto beweist. Francesca sucht den Priester Miguel (Héctor Colomé) auf, der scheinbar genau weiß, wonach er zu suchen hat. Alte Filmrollen, die sich im geheimen Besitz der Kirche befinden, offenbaren schließlich ein furchtbares Geheimnis, von dem die Welt nie etwas erfahren sollte. Doch noch ist diese Sache nicht vom Tisch, es muss gehandelt werden, damit der Spuk ein Ende hat.

Das ist ein feiner kleiner Horrorfilm, der selbst mich überzeugt hat. Wobei er streng genommen eher in den Bereich Mystery gehört, aber egal. Die Kirche und ihr Personal kommen hier nicht wirklich gut weg, da hält sich mein Bedauern aber in Grenzen. Wie in so vielen Filmen dieser Art geht es auch hier mit einem abgelegenen alten Gemäuer los, das scheinbar ein Geheimnis in sich trägt. Es gibt natürlich Geisterfiguren, unheimliche Schatten, Geräusche, merkwürdige Fußabdrücke auf dem Boden usw. Der Ehemann bemerkt von all dem nichts und hält seine ohnehin labile Frau für verrückt, bis er vom Gegenteil überzeugt wird.

All das wird sehr gut präsentiert und gespielt, Gänsehaut ist da garantiert. Die Optik ist überzeugend und die Darsteller sind es ebenfalls. Die eine oder andere Übertreibung kann man getrost verzeihen, weil der Gesamteindruck wirklich sehr gut ist. Sehr spannend und sehenswert.

Main Street

"Main Street" ist ein Film von John Doyle aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch stammt von Horton Foote und war das letzte vollendete Drehbuch vor seinem Tod im März 2009.

Die Kleinstadt Durham hat schon bessere Tage gesehen. Die Wirtschaftskrise hat auch hier kräftig zugeschlagen, die Geschäfte stehen leer und die Menschen ziehen lieber in die Nähe der Großstädte. Die alte Georgiana (Ellen Burstyn) lebt allein in einem großen Haus, in dem sie auch geboren wurde. Ihre Familie war früher einmal wohlhabend und hat mit Tabak gehandelt, aber das ist schon lange her. Jetzt besitzt Georgiana noch die alten Lagerhallen, an denen sie sehr hängt, ebenso wie an ihrem Haus.

Da sie kaum noch Vermögen hat, vermietet sie die Lagerhallen an den Geschäftsmann Gus Leroy (Colin Firth) aus Texas, der ihr dafür einen guten Preis zahlt. Was Leroy dort allerdings lagern will, dafür hat sich Georgiana nicht wirklich interessiert. Zu spät erfährt sie, dass in den Hallen Fässer mit giftigem Sondermüll zwischengelagert werden. Ihre Nichte Willa (Patricia Clarkson) will sie überreden, den Mietvertrag anzufechten, doch Georgiana sträubt sich, weil sie das Geld braucht.

Der charmante Leroy wickelt die beiden Damen mit seiner einnehmenden Art auch schnell um den Finger und erwirkt sogar eine Verlängerung des Mietvertrages. Bei der Stadtverwaltung macht er sich für seine Firma stark und verspricht der Stadt Durham wirtschaftlichen Aufschwung. Willa findet in der Zwischenzeit durchaus Gefallen an Leroy, was scheinbar auf Gegenseitigkeit beruht.

Gleichzeitig erzählt der Film noch die Geschichte von Mary (Amber Tamblyn) und Harris (Orlando Bloom), die sich schon aus der Schule kennen und mehr oder weniger heimlich ineinander verliebt sind, das aber nicht zugeben mögen. Mary arbeitet in einem Anwaltsbüro als Sekretärin und fängt ein Verhältnis mit ihrem Boss Howard (Andrew McCarthy) an, bis sie herausfindet, dass dieser verheiratet ist und zwei Kinder hat. Sie wird gefeuert und will Durham daraufhin so schnell wie möglich verlassen.

Ihr Jugendfreund Harris ist Polizist, der sich nebenbei weiterbildet und auch in Durham bleiben will, was Mary nicht verstehen kann. Sie bezeichnet ihn in einer heftigen Reaktion als Verlierer, obwohl sie ihn doch eigentlich liebt. Harris erklärt sich bereit, Mary zum Flughafen zu fahren, als diese die Stadt verlassen will. Bei heftigem Regen gerät jedoch einer der Lastwagen mit dem Sondermüll von der Straße und verunglückt. Harris muss sofort zum Einsatzort, kann aber glücklicherweise feststellen, dass die Fässer nicht beschädigt sind.

Was nun folgt ist Friede, Freude, Eierkuchen. Mit anderen Worten, Harris und Mary finden endlich zueinander, Leroy kündigt seinen Job und wird ein besserer Mensch, Georgiana findet eine Käuferin für ihr Haus und Durham ist knapp einer Katastrophe entgangen. Ein Happy-End ist ja immer schön, hier sterbe ich aber gleich an Überzuckerung. Das ist alles ein bisschen zu gut gemeint.

Der Film ist ganz nett, aber auch nicht mehr. Empfehlen würde ich ihn für einen verregneten Sonntagnachmittag auf der Couch, da passt er ganz gut. Ansonsten ist er ein bisschen zu geschwätzig, besonders Ellen Burstyn redet viel zu viel und vor allen Dingen immer wieder das gleiche. Ich hatte jedenfalls schon leichtes Ohrensausen. Die Problematik mit dem Sondermüll ist natürlich aktuell und auch ein brisantes Thema, keine Frage, wirkt hier aber eher so, als wenn jemand Wattebällchen auf Umweltsünder wirft. Gut gemeint, aber insgesamt viel zu lieb.

Leider nur eine eingeschränkte Empfehlung von mir für den Film, aber die Darsteller sind trotz allem gut besetzt und sehenswert.

Montag, 9. Januar 2012

Die Methode

"Die Methode" - "El método" ist ein Film von Marcelo Pineyro aus dem Jahr 2005 und beruht auf dem gleichnamigen Theaterstück von Jordi Galceran. Das Drehbuch schrieb Pineyro zusammen mit Mateo Gil.

In Madrid sind die Straßen überfüllt, denn Globalisierungsgegner demonstrieren gegen ein Treffen des IWF. Im Hochhaus eines großen Konzerns kommt es dagegen zu einer ganz anderen Konfrontation, die aber ebenso brisant ist. Sieben Anwärter auf einen Managerposten treffen aufeinander, fünf Männer und zwei Frauen. Die "Grönholm-Methode", die keiner von ihnen kennt, soll darüber entscheiden, wer den Job erhält.

Die überaus freundliche, aber auch verschwiegene Assistentin Montse (Natalia Verbeke) erklärt den Teilnehmern, dass sie jederzeit gehen dürften, sich aber ansonsten den Regeln dieses Verfahrens zu fügen hätten. Es geht also los. In einem Konferenzraum sitzen sich die Beteiligten gegenüber, jeder hat einen Monitor vor sich, auf dem verschiedenen Aufgaben erscheinen.

Die erste Aufgabe besteht darin, den Firmenpsychologen zu enttarnen, der sich unter die Gruppe gemischt hat. Während hier noch alle humorvoll an die Arbeit gehen und sowieso nicht den Richtigen erraten, wird es schon bald viel übler. Die nächsten Aufgaben werden dann zu immer fieseren Psychospielen, bei denen die Gruppe jeweils einen Kandidaten auszuwählen hat, der seine Sachen packen und verschwinden muss. Zeitgleich geht sein Monitor aus, denn "Big Brother is watching you".

Auf den Straßen toben weiterhin die Demonstranten, aber in diesem Raum eines Hochhauses tobt ein ganz anderer Krieg, nämlich Jeder gegen Jeden. Die anfangs noch vorhandene Gruppendynamik geht schnell verloren, hier geht es nur um Egoismus. Sie alle sind Raubtiere, lächeln einem freundlich ins Gesicht und wetzen hinter ihrem Rücken schon die Messer. Die Kriecher und Schleimer unter ihnen bleiben nicht lange unentdeckt, doch sie haben keine Chance, denn hier gewinnt nur der, der absolut skrupellos ist und sich auf niemanden sonst, als sich selbst verlässt, koste es was es wolle. Und es kostet einiges, so viel sei hier verraten. In diesem würdelosen Spiel kann es eigentlich nur Verlierer geben, selbst der Gewinner hat irgendwie verloren.

Dieser brillante Film ist im Grunde ein reines Kammerspiel und wem dieser Begriff nicht sofort Schweißperlen auf die Stirn treibt, der sollte sich das unbedingt anschauen, es lohnt sich wirklich. Das Ganze ist raffiniert und gnadenlos ehrlich inszeniert, auch wenn die Split-Screens zu Beginn des Films ein bisschen nerven und nur eine überflüssige Spielerei sind. Egal, das ist dann auch gleich wieder vorbei und man kann sich ganz auf die Handlung konzentrieren.

Die Darsteller sind durchweg hervorragend und bestens besetzt. Eduardo Noriega, Naiwa Nimri, Eduard Fernández, Pablo Echarri, Ernesto Alterio, Carmelo Gómez und Adriana Ozores, jeder liefert hier Höchstleistungen ab.

Insgesamt gesehen ein Film, der einen sehr bitteren Nachgeschmack hat und der zeigt, wozu Menschen fähig sind, wenn es darum geht, sich selbst in den Vordergrund zu spielen, aus welchen Gründen auch immer. Hier geht es nur um einen Job und doch ist jeder von ihnen bereit, den anderen ins Messer laufen zu lassen. Traurig, aber wahr. Ganz große Empfehlung von mir für dieses außergewöhnliche Projekt, das mich geradezu überwältigt hat.

Sonntag, 8. Januar 2012

Darkness

"Darkness" ist ein Film von Jaume Balagueró aus dem Jahr 2002. Das Drehbuch schrieb Balagueró zusammen mit Fernando de Felipe. Der in Spanien entstandene Film wurde übrigens in englischer Sprache gedreht.

Mark (Iain Glen) und seine Frau Maria (Lena Olin) sind zusammen mit ihren beiden Kindern Regina (Anna Paquin) und Paul (Stephan Enquist) gerade erst von Amerika nach Spanien gezogen, Marks ursprünglicher Heimat. In einem außerhalb der Stadt gelegenen großen alten Haus richten sie sich langsam ein. Nicht alles läuft so, wie es soll. Das Haus hat so seine Macken, es gibt ständig Stromschwankungen, Probleme mit den Wasserleitungen und insgesamt wartet noch viel Arbeit auf die neuen Mieter.

Regina fühlt sich in ihrem neuen Zuhause noch nicht sehr wohl, lieber würde sie wieder zurück in die Staaten. Einzig ihr Freund Carlos (Fele Martinez) kann sie aufmuntern. Und dann ist da noch Marks Vater Albert (Giancarlo Giannini), der immer zur Stelle ist, wenn er gebraucht wird und er wird auch gebraucht, denn Marks geistiger und körperlicher Zustand gibt einige Rätsel auf. Mark verhält sich merkwürdig, bekommt heftige Wutanfälle und ist unberechenbar.

Doch auch Paul verändert sich. Er hat plötzlich Angst vor der Dunkelheit, er malt verstörende Bilder und hat neuerdings blaue Flecken und kleine Verletzungen, die sich niemand erklären kann. Regina kümmert sich liebevoll um ihren kleinen Bruder und ist beunruhigt wegen der Dinge, die geschehen. Ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter, die anscheinend gar nichts mitbekommt und alles nur als reine Hirngespinste abtut.

Regina und Carlos stellen Nachforschungen über das Haus an, das vierzig Jahre lang leer stand und in dem sich offenbar etwas Grauenhaftes zugetragen hat. Bei einer Sonnenfinsternis sollte ein geheimes Ritual durchgeführt werden, aber das misslang. Die nächste Sonnenfinsternis steht jedoch ganz kurz bevor. Wird Regina es schaffen, das Unheil zu verhindern? Wird ihre Mutter ihr endlich glauben? Werde ich in absehbarer Zeit wieder einen guten Film sehen und dieses Elend hier vergessen können?

Nun, alle Fragen können hier natürlich nicht beantwortet werden, schon klar, also bleiben wir erst mal bei diesem Film. Das Horror-Genre und ich, wir werden einfach keine Freunde, diese Erkenntnis hat sich mal wieder bestätigt. Es gibt natürlich Ausnahmen, wie z.B. "Shining", "Das Waisenhaus" oder auch "The Others", die der Regisseur auch alle kennt und kräftig daraus geklaut hat. Ist ja nicht weiter schlimm, wenn ihm dazu noch ein paar gute eigene Ideen eingefallen wären, aber das ist leider nicht passiert.

Die Grundzutaten sind die wohl in diesem Genre üblichen. Ein altes Haus, merkwürdige Geräusche, Geistergestalten, die außer dem Zuschauer anscheinend niemand sieht, vorbeihuschende Schatten, die Personen verändern sich auffällig usw. Eben der übliche alberne Schnickschnack. Hier haben wir allerdings das reinste Irrenhaus, schauspielerische Bankrotterklärungen wohin das Auge auch reicht, wackeliges Bild als unpassendes Stilelement und unfreiwillige Komik. Also der Film ist schon gruselig, aber aus den völlig falschen Gründen.

Es gibt nerviges Gekreische ohne Ende und alles ist insgesamt so doof, das glaubt man gar nicht. Zudem verhalten sich die Personen so abwegig, dass man sie ständig nur Schütteln möchte. Bestes Beispiel ist hier die Mutter, die auf die Verletzungen ihres Sohnes nicht reagiert und auch ihren Mann nicht weiter ernst nimmt, als er Stimmen von Schaben in den Wänden hört, die sich ihm zufolge über ihn unterhalten. Man fragt sich, wen man hier zuerst in die Klapse einweisen muss.

Genug der Bosheiten, der Film ist eine einzige Pleite und bekommt garantiert keine Empfehlung von mir, das wäre ja noch schöner. Wer Spaß daran hat, bitte sehr. Ich bin jedenfalls entsetzt über die Schauspieler, besonders über Lena Olin und Iain Glen, die hier einfach nur schlecht und unglaubwürdig sind. Gegen Ende wird der Film zwar noch ein bisschen spannend, aber da hat er längst alle Sympathien verspielt. Schade.

Samstag, 7. Januar 2012

Die heiße Spur

"Die heiße Spur" - "Night Moves" ist ein Film von Arthur Penn aus dem Jahr 1975. Das Drehbuch stammt von Alan Sharp.

Der ehemalige Football-Spieler Harry Moseby (Gene Hackman) arbeitet als Privatdetektiv in Los Angeles. Er ist mit seinem Leben und seinem Job unzufrieden, aber auch scheinbar nicht in der Lage, daran etwas zu ändern. Gerade erst musste er erfahren, dass seine Frau Ellen (Susan Clark) eine Afffäre mit einem anderen Mann hat. Da kommt ihm ein neuer Auftrag gerade recht.

Die ehemalige Schauspielerin Arlene Iverson (Janet Ward) beauftragt Harry, ihre sechzehnjährige Tochter Delly (Melanie Griffith) zu suchen, die verschwunden ist. Ein erster Anhaltspunkt ist der junge Mechaniker Quentin (James Woods), doch Harry macht sich bald auf nach Florida zu Tom Iverson (John Crawford), dem Stiefvater von Delly. Hier trifft er zunächst auf Paula (Jennifer Warren), Toms Lebensgefährtin, und auch auf Delly.

Die frühreife Delly versucht Harry zu verführen, aber der blockt ab. Als er sich als Privatdetektiv offenbart, will sie ihm nicht folgen, weil sie ihre Mutter verachtet und diese sowieso nur auf ihr Vermögen aus wäre. Bei einem Tauchgang findet Delly ein Flugzeugwrack und eine Leiche darin. Am nächsten Tag fährt sie zusammen mit Harry nach Hause.

Für Harry ist der Fall damit abgeschlossen und er kann sich wieder um seine Frau kümmern. Doch kurz darauf erfährt er, dass Delly bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Seine Nachforschungen bringen ihn wieder nach Florida und schon bald in Lebensgefahr, denn die Geschichte ist noch nicht zu Ende und verzwickter, als Harry je geglaubt hätte.

Was für ein großartiger Film und vor allen Dingen, was für eine tolle Besetzung. Davon kann man ja sonst nur träumen, aber hier passt einfach alles. Dieser Film ist einfach sensationell und äußerst sehenswert. Mit Arthur Penn als Regisseur und Gene Hackman als Hauptdarsteller ist hier die Richtung ja schon mal vorgegeben, aber das Ergebnis ist noch viel besser als erwartet.

Ganz große Empfehlung für einen wunderbaren Film, den es heute wohl so nicht mehr geben würde.

The Art of Dying

"The Art of Dying" - "El arte de morir" ist ein Film von Álvaro Fernàndez Armero aus dem Jahr 2000. Das Drehbuch stammt von Curro Royo und Juan Vicente Pozuelo.

Seit vier Jahren gilt der junge Künstler Nacho (Gustavo Salmerón) als vermisst. Seine sechs Freunde von damals, Iván (Fele Martinez), Clara (Maria Esteve), Carlos (Adrià Collado), Patricia (Lucia Jiménez), Ramón (Sergio Peris-Mencheta) und Candela (Elsa Pataky) sagten aus, sie wären aufs Land gefahren, ohne Nacho. Nun taucht plötzlich der ermittelnde Polizist Quintana (Emilio Gutiérrez Caha) wieder auf und befragt Iván erneut nach den Vorkommnissen vor vier Jahren.

Bei einem Junkie wurde der Ausweis von Nacho gefunden. Grund genug für die Polizei, die Nachforschungen wieder aufzunehmen. Bei den sechs Freunden schrillen sofort die Alarmglocken, denn sie haben sehr wohl eine Leiche im Keller liegen, im übertragenen Sinn. Eine Freundschaft verbindet sie eigentlich auch nicht mehr, eher eine Art von Abhängigkeit untereinander. Die Jahre sind nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen, sie alle tragen eine Schuld, mit der sie nicht leben können und die sie langsam zermürbt.

Aufgeschreckt durch die neuen Ermittlungen fahren sie an den Ort des damaligen Geschehens, um nach dem toten Körper des ehemaligen Freundes zu schauen. In einem abgelegenen Haus haben sie ihn begraben und dort kommt es erneut zu einer Katastrophe.

In Rückblenden wird das Leben der Freunde vor dem Unglück gezeigt. Nacho war ein exzentrischer Maler, der sehr spezielle und verstörende Bilder angefertigt hat, mit denen die anderen nichts anfangen konnten. Er hatte einigen Erfolg, hielt aber eher wenig von seinen Freunden, bis auf Iván und Clara. Irgendwann ist die Situation eskaliert und Nacho wurde von den anderen wegen seiner scheinbaren Überheblichkeit angefeindet. Ramón, der Proll der Gruppe, wollte Nacho eine Lektion erteilen, aber der geplante Spaß nahm ein übles Ende. Am Ende gab es einen Toten und sechs junge Menschen, deren Leben von da an zerstört war.

Iván verhält sich zunehmend merkwürdig, er hat Alpträume, wird von seiner Freundin Clara verlassen und sieht immer öfter Nacho, der mit ihm spricht ("Denk über Deinen Tod nach" und "Erinnere Dich") und ihm Schlimmes voraussagt. Die anderen glauben ihm nicht und halten ihn für verrückt. Verliert Iván etwa seinen Verstand? Doch dann häufen sich die Todesfälle im Freundeskreis und eine Erklärung dafür scheint es nicht zu geben. Wer wird der nächste sein und vor allen Dingen, wer steckt dahinter?

Mehr kann ich hier nicht verraten, denn der Film schlägt noch so einige Haken, die aber insgesamt sehr gelungen sind. Es bleibt spannend und auch mysteriös, bis zum Schluss. Dieser Film ist wahrlich eine kleine Perle, die man unbedingt anschauen sollte. Die Bilder sind grandios und schön unterkühlt, die Atmosphäre ist zugleich real und unwirklich, einfach perfekt.

Die Schauspieler sind sehr gut besetzt, jeder füllt seinen Part wunderbar aus. Hier gibt es keine schönen Plastikgesichter, sondern echte Charaktere zu bewundern, das unterscheidet den Film ganz klar von irgendwelchen beliebigen Hollywood-Produktionen. Sehr gut gelungen ist auch die Verknüpfung eines der Werke von Nacho mit dem Titel "The Art of Dying" mit den tatsächlichen (?) Ereignissen. Hier hat sich jemand wirklich Gedanken gemacht. Großes Kompliment dafür.

Insgesamt gesehen ein ganz großartiger Film, den wahrscheinlich mal wieder keiner kennt, was sehr schade ist, denn das ist ein sehr gelungener Mix aus Horror, Thrill und Mystery und auch noch hervorragend gespielt. Das Ende ist dann auch noch sehr überraschend. Absolut empfehlenswert.

Freitag, 6. Januar 2012

The Ledge

"The Ledge" ist ein Film von Matthew Chapman (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011.

Der Tag fängt schon übel an für Hollis (Terrence Howard), als eine Ärztin ihm mitteilt, er sei steril und könne keine Kinder zeugen. Doch Hollis hat mit seiner Frau schon zwei Kinder. Wie zum Teufel, pardon, Henker konnte das denn passieren? Hat seine geliebte Frau ihn etwa betrogen? Völlig von der Rolle geht der Detective zur Arbeit, wo bereits das nächste Problem auf ihn wartet.

Auf dem Dach eines Hochhauses steht der junge Hotelmanager Gavin (Charlie Hunnam), der fest entschlossen ist, um 12 Uhr in den Tod zu stürzen. Hollis ist für solche Fälle ausgebildet und versucht mit aller Kraft, Gavin in ein Gespräch zu verwickeln und ihn von seinem Plan abzuhalten. Dabei erfährt er die tragische Geschichte von Gavin, die ihn selbst auf andere Gedanken bringt und dazu führt, sein eigenes Leben zu überdenken.

Ein paar Wochen zuvor hat Gavin seine neuen Nachbarn kennengelernt. Joe (Patrick Wilson) und seine Frau Shana (Liv Tyler) sind ein nettes und unauffälliges Paar. Shana ist auf der Suche nach einem Teilzeitjob und landet zufällig in Gavins Hotel. Gavin und sein schwuler Mitbewohner Chris (Christopher Gorham) werden von Joe und Shana zum Abendessen eingeladen. Joe, der ein bibeltreuer Christ ist, hält die beiden für ein Paar und betet im Laufe des Abends für deren Erlösung und Heilung. Gavin platzt daraufhin der Kragen und er verlässt wütend die Wohnung.

Shana und Gavin kommen sich aber langsam immer näher und Gavin erfährt von Shanas trauriger Vergangenheit und ihrer Abhängigkeit von Joe. Er verliebt sich in die schöne junge Frau und will sie vor diesem religiösen Fanatiker retten. Die beiden haben eine heimliche Affäre und planen sogar eine gemeinsame Zukunft, doch Joe merkt schon bald, dass etwas vor sich geht. Er schmiedet einen perfiden Plan, der das Leben aller Beteiligten für immer verändern wird.

Mehr sei hier an dieser Stelle nicht verraten, denn was jetzt noch passiert, ist schon sehr packend. Der Film macht angesichts seiner Thematik auch definitiv keinen Spaß, aber er ist trotzdem sehenswert. Man ahnt zwar recht schnell, wie sich die Dinge entwickeln werden, der finale Plot hingegen ist so bitter, dass am Ende ein flaues Gefühl in der Magengegend und ziemliche Betroffenheit übrig bleiben.

Der Trailer suggeriert im Grunde einen ganz anderen Film, die eigentliche Handlung hat aber wesentlich mehr Tiefe, man sollte sich deshalb nie von so kurzen Ausschnitten täuschen lassen.

Die Schauspieler sind durchweg sehr gut, besonders Patrick Wilson ist geradezu zum Fürchten. Leider sind die Interviews mit den Beteiligten in den Extras nicht untertitelt, da wäre etwas mehr Sorgfalt bei den Verantwortlichen schön gewesen. Wenn man schon den Film untertitelt, warum dann nicht auch die Extras? So viel mehr kann das doch auch nicht kosten, oder?

Insgesamt gesehen ein Film, den ich durchaus empfehlen kann, auch wenn er nicht angenehm ist. Die Darsteller sind jedenfalls hervorragend und die Story ist mal so ganz anders, als man es erwartet hätte.

  

Donnerstag, 5. Januar 2012

Vorstadt-Geheimnisse

"Vorstadt-Geheimnisse" - "Unsolved Suburbia" ist ein Film von Cheetah Gonzales aus dem Jahr 2010. Das Drehbuch schrieb Gonzales zusammen mit Jeremy Huntington.

Der Film beginnt mit Martys (Johnny Lockhart) Ermordung, doch Marty bleibt uns erhalten und führt als Off-Erzähler durch die (ziemlich wirre) Handlung. Eigentlich geht es auch um Eddie (David Blanco) und seinen heimlichen Freund Thomas (Aleksandr Dissan), die ihre Liebe nicht öffentlich zeigen konnten. Eddie wurde erschossen, aber von wem? War es etwa einer der älteren Brüder der beiden, die vor nichts zurückschrecken, schon gar nicht vor Gewalt?

Marty hat aber noch ein anderes Problem, denn er hat gleichzeitig eine Freundin, Anybodys (Georgia Visser), und einen Freund namens Michael (Kiyoshi Shishido), mit denen er abwechselnd sein Bett teilt, die beide aber nichts voneinander wissen. Das heißt, jetzt wissen sie es schon und Marty ist in akuter Erklärungsnot.

Dann ist da noch der Spanner Jake (Steven Christopher), der immer über alles Bescheid weiß, keine Skrupel kennt und plötzlich scheinbar über viel Geld verfügt. Was hat er mit diesen ganzen Geschichten zu tun? Eine ganze Menge, so viel sei hier verraten. Anybodys und Michael haben es aber ebenfalls faustdick hinter den Ohren, da muss sich Marty noch sehr wundern. Und überhaupt, wer ist hier eigentlich tot?

Fragen über Fragen, deren Antworten aber eigentlich niemand wissen will, sorry. Das Problem ist, dass der Film zu keiner Zeit auch nur ansatzweise spannend oder interessant ist, sondern leider nur sehr belanglos. Die Bilder sind abwechselnd in Farbe und Schwarzweiß, was ganz hübsch ist, aber mehr auch nicht. Es gibt viele Rückblenden, die aber insgesamt nur verwirren, weil kein durchgängiger Faden da ist, an dem man sich orientieren kann.

Die Darsteller agieren recht hilflos und sind anscheinend alle hoffnungslos überfordert, mit Schauspielerei hat das hier gar nichts zu tun. Das Talent reicht insgesamt von sehr überschaubar bis hin zu nicht vorhanden. Mit etwas über sechzig Minuten ist der Film relativ kurz, aber es fühlt sich an wie mindestens zwei Stunden. Das ist einfach alles sehr zäh und kein bisschen sehenswert.

Schade, das Projekt ist leider gnadenlos versemmelt und hat, wenn überhaupt, allerhöchstens Schultheaterniveau, deshalb hier keine Empfehlung von mir.

Dienstag, 3. Januar 2012

Private Romeo

"Private Romeo" ist ein Film von Alan Brown (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und beruht auf der Geschichte "Romeo und Julia" von William Shakespeare.

"Romeo und Julia" an einer Militärhochschule? Ernsthaft? Was sich vielleicht erst einmal verrückt anhört, funktioniert überraschend gut, wenn man sich auf den Film eingelassen hat. Der größte Teil der Kadetten ist bei einer Außenübung, der kleine Rest hält sich mit klassischer Literatur über Wasser, eben "Romeo und Julia".

Das ist alles schon sehr speziell, aber es ist auch sehr schön anzuschauen, wie die Texte des Klassikers in den Alltag der Kadetten eingebaut sind. Erst wird nur im Klassenzimmer gelesen, dann aber überträgt sich die Handlung in den normalen Tagesablauf. Es dauert ein wenig, die Darsteller zu unterscheiden und sich zu orientieren, zumal auch einige Schauspieler mehrere Rollen übernehmen, aber auch das klappt hervorragend.

Die Geschichte ist wohl allgemein bekannt, es geht um zwei verfeindete Familien, deren Kinder sich verlieben und heiraten wollen. Romeo und Julia (hier Seth Numrich und Matt Doyle), leben ihre junge und unbedarfte Liebe gegen alle Widrigkeiten. Es kommt aber nicht zu dem Ende, das Shakespeare entworfen hat, denn hier dürfen die Liebenden überleben, was mir persönlich sehr gut gefallen hat.

Was für ein schöner Film und was für eine interessante Idee. Eine der berühmtesten Liebesgeschichten aller Zeiten, an einem Ort, wo man sie niemals vermutet hätte. Grandios. Die Darsteller sind zauberhaft und schnuckelig, wobei besonders der junge Hale Appleman, der unter anderem den Mercutio spielt, besonders erwähnenswert ist. Er überragt seine Mitstreiter um Längen und sollte auch in Zukunft aufmerksam verfolgt werden.

Die Musikuntermalung klimpert ein wenig seicht vor sich hin, aber nach einer halben Stunde fällt das gar nicht mehr so sehr auf. Das Bild an sich ist nicht immer so toll, es ist eben scheinbar eine recht billige Produktion, aber auch das lässt sich sehr gut ertragen. Insgesamt kann ich hier auch kaum etwas bemängeln, mein Herz schlägt nun mal für so nette kleine Produktionen, die sich einfach von der Masse abheben und da trifft dieser Film voll ins Schwarze.

Ganz große Empfehlung von mir für dieses wunderbare Werk, das zeigt wie aktuell Shakespeare auch heute noch sein kann, wenn man es nur zulässt. Sehr sehenswert.

Sonntag, 1. Januar 2012

Novo

"Novo" ist ein Film von Jean-Pierre Limosin aus dem Jahr 2002. Das Drehbuch schrieb Limosin zusammen mit Christophe Honoré.

Graham (Eduardo Noriega) hat sein Kurzzeitgedächtnis verloren. Alles was er erlebt, muss er sich aufschreiben, weil er sich sonst nicht daran erinnern kann. Sein Notizbuch, das er immer bei sich trägt, ist quasi sein Gedächtnis. Er arbeitet im Büro von Sabine (Nathalie Richard) und ist für den Fotokopierer zuständig. Sabine nutzt seine Amnesie für regelmäßige Sex-Dates, an die sich Graham später nicht mehr erinnern kann.

Als Iréne (Anna Mouglalis) als neue Mitarbeiterin eingestellt wird, verliebt sie sich schnell in Graham, ohne jedoch seine Geschichte zu kennen. Erst nach und nach wird ihr sein Zustand klar und sie versucht, ihm zu helfen. Beide haben eine sehr leidenschaftliche Beziehung, die von Sabine eifersüchtig beobachtet wird.

Graham besucht regelmäßig einen Arzt, der ihn untersucht und nach möglichen Verbesserungen seiner Erinnerung befragt. Grahams eigentlicher Name ist Pablo und er hat eine Frau namens Isabelle (Paz Vega) und einen Sohn namens Antoine (Lény Bueno). Beide hoffen inständig, Pablo möge seine Amnesie überwinden und zu ihnen zurückkehren.

Pablos Freund Fred (Eric Caravaca), der unfreiwillig Schuld hat an dessen Gedächtnisverlust, ist immer in seiner Nähe und versucht so gut es eben geht, auf seinen Freund aufzupassen. Als er ihm jedoch, in Sabines Auftrag, sein Notizbuch entwendet, werden die Karten neu gemischt. Teile seiner Erinnerung kehren zurück, aber ist das wirklich von Dauer oder nur ein kurzes Aufblitzen?

Hm, ein schwieriger Film, ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Als romantische Liebesgeschichte wird er angepriesen, in diese Ecke möchte ich ihn aber eigentlich nicht stecken. Die Geschichte an sich hat mir nicht so zugesagt, vieles bleibt hier zu sehr in der Schwebe. Anzuschauen ist er aber wunderbar, denn mit Eduardo Noriega, dem vielleicht schönsten Gesicht Spaniens, hat er einen wundervollen Hauptdarsteller. Auch die Tatsache, dass er die meiste Zeit fast oder auch ganz nackt gezeigt wird, spricht ja eher für den Film, man möge mir verzeihen, aber irgendetwas fehlt mir trotzdem.

Das Ende ist jedenfalls sehr ambivalent und hinterlässt einige unbeantwortete Fragen. Insgesamt gesehen ein Film, der nicht unbedingt im Gedächtnis bleibt, auch wenn man selbst nicht an Amnesie leidet. Einzig der wie immer schöne Eduardo Noriega macht diesen Quark zu etwas Besonderem, den Rest kann man gerne vergessen.

Erhältlich ist dieser Film nur in der französischen Fassung mit englischen Untertiteln.
   

Die Haut, in der ich wohne

"Die Haut, in der ich wohne" - "La piel que habito" ist ein Film von Pedro Almodóvar (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2011 und beruht auf einem Roman von Thierry Jonquet.

Der erfolgreiche Chirurg Robert Ledgard (Antonio Banderas) lebt in Toledo in seinem riesigen Anwesen "El Cigarral". Seine Haushälterin Marilia (Marisa Paredes) kümmert sich um sein Wohlergehen und das seines Hausgastes. In einem abgeschlossenen Zimmer, von mehreren Kameras beobachtet, lebt seit einigen Jahren schon die schöne Vera (Elena Anaya), eine unfreiwillige Patientin des Professors. Sie ist sein Werk, ganz und gar.

Eines Tages erscheint Marilias Sohn Zeca (Roberto Álamo), der seine Mutter seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Mit einem Tigerkostüm bekleidet, bittet er seine Mutter um Unterschlupf. Als er auf einem der vielen Bildschirme im Haus die junge Vera sieht, hält er sie für die verstorbene Frau von Robert und will sie unbedingt sehen. Marilia stellt sich ihm in den Weg, wird aber von Zeca überwältigt, der daraufhin in das Zimmer von Vera eindringt und sie vergewaltigt. Robert kehrt inzwischen nach Hause zurück, sieht was vorgefallen ist und erschießt Zeca.

Während Robert die Leiche entsorgt, erzählt Marilia Vera die Geschichte von Gal, Roberts Frau. Gal wollte zehn Jahre zuvor ihren Mann verlassen, als sie zusammen mit Zeca einen schweren Autounfall hatte und schlimmste Verbrennungen am ganzen Körper erlitt. Zwar konnte sie dank Roberts Hilfe überleben, aber kurze Zeit später nahm sie sich das Leben, was ihre Tochter Norma mit ansehen musste.

Ein paar Jahre später schien Norma sich wieder gefangen zu haben, als sie auf einer Party von dem jungen Vicente (Jan Cornet) vergewaltigt wurde. Dieses neue Trauma kann Norma allerdings nicht verkraften und bringt sich kurz darauf um. Robert will sich unbedingt für ihren Tod rächen und plötzlich verschwindet Vicente spurlos von der Bildfläche. Das alles ist inzwischen sechs Jahre her und aus Vicente ist im Laufe dieser Zeit Vera geworden, Roberts Meisterstück. Ich verrate hier wirklich nicht zu viel, denn wer sich nur ein bisschen mit diesem Film beschäftigt hat, der kennt den finalen Plot.

In unzähligen operativen Eingriffen hat Robert nicht nur eine Frau erschaffen, die Gals Gesicht hat, sondern ihr gleichzeitig eine neue und künstliche Haut verpasst. Immer mehr verfällt Robert der schönen Vera, die er pausenlos auf den riesigen Monitoren verfolgt und die seine Liebe schließlich auch scheinbar erwidert. Doch kann er ihr wirklich vertrauen oder wird sich Vera/Vicente für seine Taten rächen?

Almodóvars Robert ist ein moderner Dr. Frankenstein, der keine Skrupel hat und keine Grenzen kennt. Seine Kreatur ist perfekt gelungen, aber eben auch unberechenbar, das hat Robert in seinem Forscherwahn nicht einkalkuliert. Der Film selbst ist eine gelungene Mischung aus Horrorfilm, Thriller, Melodram und Liebesgeschichte und funktioniert ausgezeichnet. Mit fast zwei Stunden Laufzeit ist er keine Minute zu lang, sondern durchgehend fesselnd und emotional. Im Gegenteil, das Ende wirft den Zuschauer eher unsanft aus dem Geschehen, ich hätte noch stundenlang zuschauen können.

Die Ausstattung ist ein Traum. Das wunderbare Haus und die exquisite Einrichtung laden zum Schwärmen ein. Die Bilder von Kameramann José Luis Alcaine sind einfach nur schön und überwältigend. Gleiches gilt für die Kostüme, sei es nun der hautfarbene Ganzkörperanzug von Vera oder auch das Tigerkostüm von Zeca, einfach hinreißend.

Nach über zwanzig Jahren Pause hat Almodóvar erneut mit Antonio Banderas zusammengearbeitet, dem er in den Achtziger Jahren seine ersten und besten Rollen gegeben hat. Nach vielen Jahren in Hollywood und einigen eher mäßigen Filmen, kann Banderas hier endlich wieder zeigen, dass er tatsächlich ein guter Schauspieler ist. Die Rolle des Robert ist ihm auf den Leib geschrieben und er verkörpert sie schlicht und ergreifend perfekt.

Die fast schon überirdisch schöne Elena Anaya als Vera ist ebenfalls ein echter Treffer, genau wie die fabelhafte Marisa Paredes. Mit dieser Besetzung konnte der Film nur gut werden, mehr geht nicht.

Ganz große Empfehlung von mir für dieses grandiose Werk, das nur von einem so genialen Regisseur wie Pedro Almodóvar stammen kann. Bitte nicht verpassen.