Sonntag, 6. Februar 2011

Johan - Mein Sommer '75

"Johan - Mein Sommer '75" ist ein Film von Philippe Vallois aus dem Jahr 1976 und spielt in Paris.

Der Regisseur Philippe Vallois möchte einen Film drehen über seine Liebe zu Johan, seinem damaligen Freund. Dummerweise sitzt Johan gerade wegen Scheckbetrugs im Gefängnis und die Filmcrew kann nicht auf seine Entlassung warten. Also beginnt Vallois mit den Filmaufnahmen und ist gleichzeitig auf der Suche nach einem Ersatz für Johan. Dazu gibt es Aufnahmen vom Cruising in den Tuilerien und an anderen Orten, die zu der Zeit angesagt waren.

Es gibt immer wieder wechselnde Darsteller und auch ständigen Wechsel zwischen gespielten und echten Szenen. Diese Film-im-Film-Szenen funktionieren sehr gut, manchmal weiß man zwar nicht so genau, was gerade echt ist und was nicht, aber das schadet der Handlung überhaupt nicht, ist es doch sowieso ein sehr persönlicher Film von Philippe Vallois. Er castet mehrere Darsteller, die die Rolle des Johan übernehmen sollen, erfindet für sie kleine Geschichten, wie die des Zwillingsbruders, der ein Narziss ist und angeblich nur mit seinem eigenen Zwilling Sex hat.

Philippe und Johan schreiben sich Briefe, die in dem Film vorgelesen werden. Darin beschreiben beide ihre Beziehung zueinander und ihre Wünsche für eine gemeinsame Zukunft. Nun, die Geschichte war nach Johans Entlassung dann ziemlich schnell vorbei, da dieser sich bald schon neuen Zielen zugewandt hat.

Der fertige Film wurde damals wegen der Sex-Szenen auf den Index gesetzt und musste stark geschnitten werden. Nach dreißig Jahren wurde er nun auf DVD veröffentlicht und beinhaltet auch einige der damals entfernten Szenen, die nur mit Glück wiedergefunden wurden, unter anderem einige Erektionen und eine Fisting-Szene.

Insgesamt gesehen ist das ein tolles Zeitdokument, ähnlich wie Frank Ripplohs "Taxi zum Klo", und sehr sehenswert, unterlegt mit der stimmungsvollen Musik von Anton Bruckner. Es ist eine kleine Low-Budget-Produktion, der man ihr Alter durchaus ansieht, teils in Farbe und teils in Schwarzweiß, sehr experimentell, aber unbedingt empfehlenswert. Es gibt haufenweise hübsche junge Männer zu sehen, beispielsweise den schönen Schwarzen Walther, der nach dem Sex in die Küche geht und tanzend einen Schokoladenkuchen zubereitet. Das hat schon was.

Besonders erwähnenswert ist noch ein ca. 30-Minuten langes Extra, das 2006 entstanden ist und in dem Philippe Vallois die Entstehung des Films und seine eigene Geschichte, angefangen mit seiner Ankunft Ende der sechziger Jahre in Paris, erzählt. Schwules Leben gab es damals im französischen Kino überhaupt nicht und Vallois wollte das ändern, was ihm auch gelungen ist. Kleine Anmerkung noch am Rande, Kameramann bei "Johan" war Francois About, der einen jungen Assistenten mitbrachte, Thierry Arbogast. Der hat inzwischen eine steile Karriere hingelegt und mit so bedeutenden Regisseuren wie z. B. Luc Besson oder auch Brian De Palma gearbeitet und ist auch mehrfach ausgezeichnet worden.

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