"Angel" ist ein Film von Francois Ozon (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2007 und basiert auf dem Roman der britischen Schriftstellerin Elizabeth Taylor.
Die junge Angel Deverell (Romola Garai) wächst in eher ärmlichen Verhältnissen auf, aber sie hat den großen Traum, einmal eine erfolgreiche und berühmte Schriftstellerin zu werden. Tatsächlich hat das junge Mädchen eine überbordende Fantasie und die Fähigkeit, kitschige Geschichten zu schreiben. Auch wenn sie selbst kaum Lebenserfahrung hat, die Geschichten entspringen alle ihrer Fantasie. Angel brennt innerlich, sie lebt für ihre Träume und sie lebt in ihren Träumen, auch wenn ihr das den Blick für die Wirklichkeit versperrt, sie bemerkt es nicht, denn für sie ist die Welt so, wie sie es sich erträumt. Sie ist trotzig und eigenwillig, aber ebenso zielstrebig.
Als sie einen Roman geschrieben hat, findet sich in London sogar ein Verleger, der diesen veröffentlichen will. Theo (Sam Neill) glaubt an Angel, auch wenn seine Frau Hermione (Charlotte Rampling) der jungen Frau skeptisch gegenüber steht.
Angel hat Erfolg mit ihren Büchern, das Publikum lechzt nach ihren Geschichten und sie wird tatsächlich reich und berühmt. Sie kauft sich ein großes Anwesen, "Paradise", das sie schon in ihrer Kindheit immer bewohnen wollte. In ihren Romanen entwirft sie Traumwelten mit großen Gefühlen, wunderschönen Heldinnen und der alles erfüllenden Liebe. Ihre eigene große Liebe wird der erfolglose und undurchschaubare Maler Esmé (Michael Fassbender), dessen Schwester Nora (Lucy Russell) Angel in treuer Verehrung zur Seite steht. Esmés Gemälde sind eher düster und ohne grelle Farben, ganz im Gegensatz zu Angels Welt, in der alles schön, bunt und prachtvoll ist. Die beiden heiraten, obwohl sie doch so verschieden sind und man als Zuschauer schon ahnt, das geht nicht gut.
Nach einer kurzen Zeit des Glücks bricht der erste Weltkrieg aus und alles ändert sich. Esmé meldet sich freiwillig und Angel macht ihm deswegen eine große Szene. In ihrer Gegenwart darf der Krieg nicht erwähnt werden, sie weigert sich einfach, den Traum von ihrem bisherigen Leben aufzugeben. Sogar die Leser laufen ihr weg, ihr Stil ist nicht mehr gefragt. Schließlich kommt Esmé als Invalide und gebrochener Mann wieder zurück nach "Paradise", aber das Leben hat sich für alle geändert. Der Traum ist vorbei, die Farben sind verblasst.
"Angel" wurde von den Kritikern und vom Publikum größtenteils abgelehnt, viele Zuschauer konnten nur wenig damit anfangen. Bei genauerer Betrachtung erkennt man hier jedoch die Verehrung von Francois Ozon für die Werke von Douglas Sirk und Rainer Werner Fassbinder und ihre gemeinsame Vorliebe für das Melodram. Ozon bedient sich hier sämtlicher Hilfsmittel, um das am Leben zu halten. Die Kutschfahrten durch London vor einer gemalten Kulisse, die ergreifende Musik im Hintergrund, die prachtvolle Ausstattung, die wunderbaren Kostüme, den Regenbogen beim Heiratsantrag, er lässt nichts aus und alles passt genau.
Die Darsteller sind genial ausgewählt. Die für ihre Rolle zu Unrecht gescholtene Romola Garai spielt grandios. Ob als junges Mädchen mit großen Träumen oder dann am Ende als verwirrte Frau, die nur noch einsam und verlassen mit ihren Tieren zu Hause ist und langsam den Verstand verliert, sie ist hervorragend. Ebenso Michael Fassbender, ein Name den man sich merken muss, er verkörpert seine Rolle so, dass man ihn gleichzeitig lieben und hassen kann.
Charlotte Rampling und Sam Neill sind wie üblich großartig, wobei ich besonders auf das erste Zusammentreffen von Angel und Hermione aufmerksam machen möchte, das ist köstlich.
Insgesamt gesehen ein Film, den man sich durchaus in Ruhe anschauen sollte, denn er bietet viel mehr, als allgemein gesagt wird. Von mir gibt es eine ganz große Empfehlung.
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