Samstag, 9. April 2011

Milchwald

"Milchwald" ist ein Film von Christoph Hochhäusler aus dem Jahr 2003 und ist zugleich sein Spielfilmdebüt. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit Benjamin Heisenberg.

Die beiden Geschwister Lea und Konstantin sind zusammen mit ihrer Stiefmutter Silvia (Judith Engel) im Auto unterwegs. Die Fahrt geht über die Grenze nach Polen, zum Einkaufen, jedenfalls war es so geplant. Die Kinder, ganz besonders Lea, haben aber eigentlich keine Lust und lassen keine Gelegenheit aus, Silvia zu nerven, bis diese, schon jenseits der Grenze, die Nerven endgültig verliert und die Kinder auf die Straße setzt. Nachdem sie kurz weitergefahren ist und in Ruhe eine Zigarette geraucht hat, will Silvia die Kinder wieder aufsammeln, doch die sind bereits verschwunden und nicht mehr auffindbar.

Wieder zu Hause angekommen, in dem noch nicht ganz fertig gestellten Neubau irgendwo in der Pampa, wartet Silvia auf die Heimkehr ihres Mannes Josef (Horst-Günter Marx), aber sie bringt es nicht fertig, ihm von den Kindern zu berichten. Auch als Josef von einer Lehrerin erfährt, dass beide nicht zum Turnunterricht erschienen sind, schweigt Silvia. Josef macht sich auf die Suche und Silvia bleibt zurück, sie weiß, dass er sie nicht finden wird.

Lea und Konstantin irren derweilen umher, es ist bereits dunkel geworden und sie haben Hunger. Im Wald treffen sie auf den Polen Kuba (Miroslaw Baka) der sich ihrer annimmt und ihnen etwas zu Essen gibt. Er versorgt Gaststätten mit Hygieneartikeln und will die Kinder in der nächsten Stadt der Polizei übergeben. Am nächsten Tag geraten sie in der Stadt mitten hinein in eine katholische Prozession und Kuba lässt die Kinder dort. Später erfährt er in den Nachrichten, dass eine Belohnung für das Auffinden der beiden ausgesetzt wurde und er macht sich auf, die Kinder wieder zu finden. Diese sind jedoch inzwischen auf eigene Faust unterwegs und haben sich gegenseitig verloren. Während Lea wieder in der Kirche landet, irrt Konstantin ziellos umher.

Kuba hat währenddessen Kontakt mit Josef aufgenommen, dessen Telefonnummer ihm die Kinder gegeben haben. Er vereinbart einen Treffpunkt mit ihm und verlangt die Belohnung, muss aber weiterhin nach den Kindern suchen. In der gemeinsamen Sorge um Lea und Konstantin kommen sich Silvia und Josef seit langem wieder näher, aber Silvia weiß, dass dieses Glück brüchig ist und nicht anhalten wird. Was wird passieren, wenn die Kinder wieder da sind und ihre Lüge auffliegt?

Eines ist sicher, ein gutes Ende wird diese Geschichte nicht haben. Auch wenn der Film natürlich an das Märchen von "Hänsel und Gretel" erinnert, kommt er in seiner Kompromisslosigkeit doch schon fast an die Filme von Michael Haneke heran. Die bei Haneke so oft erwähnte emotionale Vergletscherung der Gefühle in der Wohlstandsgesellschaft zeigt auch Christoph Hochhäuser hier sehr deutlich. Am eindruckvollsten wird das an dem neu erbauten Haus gezeigt, das zwar einer Familie ein Zuhause geben soll, aber nur eisige Kälte ausstrahlt. Platz für Gefühle und Liebe? Fehlanzeige.

Zugegeben, es könnte auch alles noch einmal gut ausgehen, aber so einfach macht es der Regisseur sich und den Zuschauern nicht. Am Ende gibt es nur Verlierer, traurig aber konsequent. Dass Märchen immer gut ausgehen müssen, ist nur eine Illusion und findet in der Realität nicht statt.

Insgesamt gesehen ist das ein sehr berührender und wagemutiger Film, der unbedingt sehenswert ist. Vielen Zuschauern wird er sicher zu sperrig sein, aber mich hat er doch durchgehend begeistert. Von den Schauspielern möchte ich besonders Judith Engel erwähnen, die einfach fantastisch ist. Als Extra gibt es noch ein Statement von Christoph Hochhäusler zu seinem Film, das ich ebenfalls sehr empfehlen kann.

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