Montag, 4. April 2011

Rückenwind

"Rückenwind" ist ein Film von Jan Krüger (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 2009.

Johann (Sebastian Schlecht) und Robin (Eric Golub), ein junges Paar, das erst seit ein paar Wochen zusammen ist, unternehmen eine Radtour durch Brandenburg. Dieser Ausflug ist gleichzeitig auch ein Test für ihre noch frische Beziehung, in der sich beide erst noch finden müssen. Erste kleine Spannungen deuten sich an, als die Zeltstangen nicht aufzufinden sind und das Zelt dementsprechend nicht aufgebaut werden kann, sondern nur als Decke und Schutz gegen den Regen dient. Bald darauf kommen die Räder abhanden und die Reise geht zu Fuß weiter.

Die beiden landen auf dem abgelegenen Bauernhof von Grit (Iris Minich) und ihrem Sohn Henri (Denis Alevi), wo sie für ein paar Tage Unterschlupf und Verpflegung bekommen. Als Johann bei einem Ausflug einige unbekannte Beeren nascht, bekommt er Halluzinationen und sieht Robin mit Henri und auch mit Grit flirten. Oder bildet er sich das alles nur ein? Ist das was er sieht oder auch nur glaubt zu sehen wirklich real oder entspringt es nur seiner Fantasie? Hat Johann nur Angst Robin zu verlieren oder fühlt er sich in der Beziehung schon gefangen und sucht nach einem Weg sich zu befreien?

Es sind viele Fragen, die hier aufgeworfen werden und der Film beantwortet keine einzige davon. Das ist Jan Krüger in vielen Rezensionen vorgeworfen wurden, aber das ist nun mal seine künstlerische Freiheit. Dieser Film lässt sich nicht entschlüsseln, nicht einmal ansatzweise, aber muss denn immer alles zu Tode erklärt werden? Nein, eben nicht. Der Film funktioniert ganz einfach so, wie er ist und er ist einfach schön, nicht mehr und auch nicht weniger.

Es gibt viele wunderschöne Bilder, herrliche Landschaftsaufnahmen und eine außergewöhnlich gut gelungene Musikuntermalung, neben moderner Musik auch ein Stück von Händel, das hier sensationell eingesetzt wird, alle Achtung. Die Trägheit des Sommers ist beinahe greifbar und die vier Darsteller sind perfekt besetzt und sehr authentisch. Da hat Jan Krüger ganz viel richtig gemacht und ein gutes Händchen bewiesen.

Die Produktion entstand mit nur einem minimalen Budget von ca. € 40.000, was natürlich in der Branche lachhaft ist, aber billig wirkt hier nichts. Im Gegenteil, die Drehorte sind gut gewählt und alles ist sehr natürlich und glaubhaft. Man möchte quasi sofort seine Koffer packen und dorthin reisen, um der hektischen Welt für ein paar Tage zu entkommen.

Ich muss zugeben, dass ich lange überlegt habe, ob ich mir diesen Film anschaue oder nicht. Gewöhnlich haben es deutsche Filme bei mir ein bisschen schwer, weil sie mir oft zu verkopft und bedeutungsschwanger sind und auch Jan Krügers "Unterwegs" flog bei mir nach zwanzig Minuten aus dem Player, weil ich mich nicht damit anfreunden konnte, aber nun bin ich doch froh, mir "Rückenwind" angeschaut zu haben.

Insgesamt gesehen ein sehr stiller und unaufgeregter Film, auf den man sich einlassen muss, aber der sehr viel bietet und zum Nachdenken anregt. Je länger ich darüber nachdenke, umso besser gefällt er mir und die Bilder habe ich immer noch im Kopf. Wenn einem Film das gelingt, dann kann er so verkehrt nicht sein. Von mir gibt es deshalb eine klare Empfehlung für diese kleine Filmperle, die so weit weg vom Mainstream ist, wie man es sich nur vorstellen und wünschen kann. Ganz große Klasse!

Keine Kommentare: