Freitag, 13. August 2010

71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls

"71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls" ist ein Film von Michael Haneke (Regie und Drehbuch) aus dem Jahr 1994 und der letzte Teil seiner Trilogie über die "Vergletscherung der Gefühle".


Der Film handelt vom Amoklauf eines 19-jährigen Studenten am Tag vor Heiligabend 1993 in Wien, als dieser in eine Bankfiliale stürmt, dort wild um sich schießt, mehrere Menschen tötet und sich anschließend selbst erschießt. Haneke zeigt in scheinbar zusammenhanglosen Bildern Ausschnitte aus dem Leben der dort anwesenden Menschen in den Wochen vor dem Unglück. Unterbrochen wird das immer wieder durch Nachrichtensendungen, die von den Krisenherden auf der ganzen Welt berichten.

Das Leben der Personen, die hier gezeigt werden, beinhaltet aber bei jedem Einzelnen ein ganz persönliches Drama, eben ein privater Kriegsschauplatz, anders als auf den ständig flimmernden Fernsehbildschirmen, aber nicht weniger tragisch. Die fehlende oder mangelnde Kommunikation der Menschen ist auch hier wieder das Übel, das aufgezeigt werden muss. Denn manchmal ist es eben nur eine Kleinigkeit, die eine Katastrophe auslöst.

Die handelnden Personen sind alle gefangen in ihrer Sprachlosigkeit, sei es der rumänische Waisenjunge, der die Sprache nicht beherrscht, der Rentner, der mit seiner Tochter telefoniert und sich dabei nur mit ihr streitet, das kinderlose Ehepaar, das unbedingt ein Kind adoptieren will, der Geldtransportfahrer, der seiner Frau beim Abendessen unvermittelt "Ich liebe Dich" sagt, woraufhin sie ihn beschimpft und er sie schlägt und eben der Sportstudent, der sich aus welchen Gründen auch immer, eine Waffe besorgt. Diese Geschichten werden miteinander verwoben, bis sie schließlich alle in der Bankfiliale aufeinandertreffen.

Auch dieser Film ist sehr sehenswert und die Bilder wirken auch noch lange nach. Zum schnellen Konsumieren nebenbei eignen sich Hanekes Filme sowieso nicht. Wie auch bei den beiden anderen Teilen der Trilogie gibt es im Anschluss an den Film ein sehr interessantes Interview mit Michael Haneke, auf das ich noch besonders hinweisen möchte. Nebenbei bemerkt finde ich Hanekes Art überhaupt nicht "Oberlehrerhaft", wie oft zu lesen ist, im Gegenteil. Er erweist sich in den Interviews als sehr humorvoller und wortgewandter Erzähler. Sehr empfehlenswert.

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