"Chinesisches Roulette" ist ein Film von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1976.
Ein wohlhabendes Ehepaar (Margit Carstensen und Alexander Allerson) verabschiedet sich getrennt ins Wochenende. Er will angeblich nach Oslo und sie nach Mailand. Tatsächlich treffen sich beide mit ihren jeweiligen Geliebten (Ulli Lommel und Anna Karina) und haben zufällig das gleiche Ziel, das abgelegene Familienschloss. Dort leben die Haushälterin (Brigitte Mira) und ihr Sohn (Volker Spengler), ein verkappter Schriftsteller. Das etwas peinliche Aufeinandertreffen der Paare wird durch hysterisches Gelächter überspielt. Am Abend erscheint dann noch die Tochter (Andrea Schober) des Ehepaares, die an Kinderlähmung leidet und an Krücken geht, sowie ihre stumme Erzieherin (Macha Méril). Es stellt sich heraus, dass die Tochter dieses Treffen arrangiert hat, um die Verlogenheit ihrer Eltern anzuprangern.
Nach einem schweigsamen und ungemütlichen Abendessen, an dem alle acht Personen teilgenommen haben, schlägt die Tochter ein Gesellschaftsspiel vor, zu dem zwar keiner Lust hat, aber niemand sich traut, dem Kind zu widersprechen. Dieses Spiel, das "Chinesische Roulette", ist ein perfides Frage- und Antwortspiel, in dem jeder der Beteiligten indirekt etwas über eine andere Person sagen muss. Es herrscht eine kühle Atmosphäre und die Nerven der Anwesenden sind bis zum Äußersten angespannt. Der Plan der Tochter geht auf, Lügen und Heucheleien werden gnadenlos bloßgelegt und am Ende fällt ein Schuss...
Kameramann Michael Ballhaus fängt die Situation auf dem Schloss hervorragend in wunderbaren Bildern ein. Es gibt jede Menge Glas und Spiegel, die Figuren umkreisen einander, das ist sehr gelungen. Man kann diesen Film durchaus als Fassbinders Kritik an Ehe und Familie ansehen, jenen Institutionen, denen er immer skeptisch gegenüber stand. Meiner Meinung nach schwächelt der Film lediglich im letzten Drittel ein kleines bisschen, aber das ist durchaus zu verschmerzen. Trotzdem absolut sehenswert und auch heute noch hochaktuell.
Von den Schauspielern, die alle großartig sind, möchte ich besonders Margit Carstensen erwähnen, die in ihrer maskenhaften Schönheit wirklich Eiseskälte verströmt, sowie Brigitte Mira, die hier so herrlich fies und intrigant ist.
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